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Branche kompakt | Ungarn | Medizintechnik

Gesundheit wird für viele Ungarn zur Privatsache

Ungarns staatliches Gesundheitswesen gerät zunehmend unter Druck. Die Nachfrage nach privaten Gesundheitsdienstleistungen steigt. Medizintourismus liegt im Trend.

Von Kirsten Grieß | Budapest

Ausblick für Medizintechnik in Ungarn

Bewertung:

  • Der öffentliche Gesundheitssektor ist notorisch unterfinanziert, eine Krankenhausreform und weitere Umstrukturierungen sind in Planung.
  • Der private Gesundheitssektor wächst, der Einsatz digitaler Gesundheitsanwendungen steckt noch in den Kinderschuhen.
  • Ungarn ist eine beliebte Destination für Medizintourismus, der ungarische Staat fördert die Entwicklung des Segments.

Anmerkung: Einschätzung der Autorin für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: August 2024

  • Markttrends

    Behandlungskapazitäten im öffentlichen Gesundheitswesen werden abgebaut. Immer mehr Ungarn vertrauen auf kommerzielle Leistungserbringer, der private Gesundheitsmarkt wächst. 

    Um die Gesundheit der Ungarn ist es vergleichsweise schlecht bestellt: 2022 betrug die durchschnittliche Lebenserwartung laut OECD-Daten 76,2 Jahre. Das ist der fünftletzte Platz innerhalb der EU. Ungarns Bevölkerung wird immer älter und ist häufiger krank. Beim Anteil vermeidbarer Todesursachen belegte Ungarn 2022 im EU-Vergleich den 3. Platz.

    Umso erstaunlicher ist es, dass die Gesundheitsausgaben nur sehr moderat wachsen und der Anteil der Ausgaben am ungarischen Bruttoinlandsprodukt seit Jahren schrumpft. Zuletzt lagen sie 2022 bei 6,7 Prozent. Ungarn ist damit eines der Schlusslichter innerhalb der EU.

    6,7 %

    betrug 2022 der Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP.

    Öffentliche Einrichtungen sind schlecht ausgestattet 

    Die öffentlichen Krankenhäuser sind seit Jahren in Zahlungsnot und häufen hohe Schulden an. Bis zu zweimal im Jahr werden diese durch Sonderzahlungen aus dem laufenden Staatshaushalt beglichen. Dabei wächst die jährliche Schuldenlast kontinuierlich und erreichte im März 2024 umgerechnet bereits 300 Millionen Euro. Schon vor Jahresmitte sah sich die Regierung zu einem Ausgleich gezwungen. 

    Hersteller und Lieferanten klagen über verspätete Zahlungen öffentlicher Gesundheitseinrichtungen. Werden die Rechnungen endlich beglichen, dann meist ohne Aufschläge oder Verzugszinsen. Marktteilnehmer tragen durch die Verschuldung der Krankenhäuser höhere Kosten und Risiken. Aufgeschoben werden von den Einrichtungen auch Investitionen in medizintechnische Ausrüstung. Nicht selten kommt es zu Schließungen ganzer Stationen. Mehr als jede zehnte Schließung ist laut Ärzteverband auf mangelhafte Ausstattung zurückzuführen. 

    Der Gerätebestand der Krankenhäuser ist in keinem guten Zustand. Die jüngste Branchenanalyse von BMI verortet in Ungarn die EU-weit geringste Anzahl an Magnetresonanztomografen (MRT) pro Einwohner, viele der eingesetzten Geräte sind älter als von Regulierungsbehörden empfohlen. Ähnliches gilt für Computertomografen (CT) und Röntgenapparate. 

    Hälfte der Ungarn zahlt für Gesundheitsleistungen zu

    Den öffentlichen Krankenhäusern fehlen zunehmend Kapazitäten, um eine flächendeckende Gesundheitsversorgung zu gewährleisten. Für Facharzttermine, spezielle Diagnoseverfahren und operative Eingriffe gibt es lange Wartezeiten. Das führt zu einer steigenden Nachfrage nach privaten Leistungen mit entsprechenden Zuzahlungen. Laut Branchenkennern sind es nicht mehr nur Top-Verdiener, sondern rund 50 Prozent der Ungarn, die heute Gesundheitsleistungen aus eigener Tasche zahlen. Am gefragtesten sind Labortests, bildgebende Diagnoseverfahren, Dentalleistungen sowie fachärztliche Konsultationen und Eingriffe. 

    Das generiert Wachstum im privaten Sektor. Nach Berechnungen des Wirtschaftsmagazins Portfolio ist der private Gesundheitsmarkt in Ungarn zwischen 2020 und 2023 um 2,5 Prozent angewachsen. Der Umsatz der 30 größten privaten Gesundheitsdienstleister lag 2023 bei umgerechnet 430 Millionen Euro. Für Aufsehen sorgte unlängst, dass inzwischen auch stiftungsbetriebene Universitätskliniken private Abteilungen einrichten. Die Preise für die Gesundheitsleistungen variieren unter den Anbietern stark, werden aber in der Regel transparent auf den jeweiligen Internetseiten kommuniziert. 

    Zahnärzte spezialisieren sich auf Medizintouristen

    In einzelnen Fachgebieten wird Ungarn als Destination für Medizintouristen immer beliebter. Der Standort punktet mit wettbewerbsfähigen Preisen. Medizintouristen kombinieren Wellnessangebote etwa in den Budapester Thermalbädern häufig mit weiteren medizinischen Behandlungen, die in aller Regel von privaten Anbietern erbracht werden. Für den Zahntourismus zählt Ungarn schon lange als Top-Reiseziel. Die Zahnarztdichte ist hoch, viele Praxen haben sich auf die Behandlung ausländischer Patienten spezialisiert. Die ungarische Regierung fördert das Segment, indem sie Studienkosten von Zahnmedizinern bezuschusst. Kosmetische und orthopädische Behandlungen werden ebenfalls stark nachgefragt. Bis 2030 rechnen Analysten der Infinium Research Group mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum des Medizintourismusmarktes von knapp 15 Prozent.

    Die Digitalisierung schreitet nur langsam voran

    Ungarns Universitätskliniken und private Gesundheitseinrichtungen verfügen über einige Vorzeigeprojekte bei der Anwendung digitaler Gesundheitslösungen und KI-basierter Systeme. An einzelnen Einrichtungen wird mit robotergestützten Chirurgiesystemen experimentiert. Das erste Zentrum für orthopädische Roboterchirurgie wird Ende August 2024 im Emineo Private Hospital eröffnen. Dort kommt der vom US-Unternehmen Zimmer Biomet entwickelte Operationsroboter ROSA zum Einsatz. Der Direktor des ungarischen Medizintechnikverbands (ETOSZ), Tamas Rádai, sieht darin aber noch keinen Trend. Im Vergleich zu anderen Ländern stehe Ungarn bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems noch ganz am Anfang. 

    Was den Erfolg telemedizinischer Dienste angeht, ist der Verbandschef ebenfalls skeptisch. Während der Coronapandemie schuf die ungarische Regierung 2020 zwar einen festen rechtlichen Rahmen für Telemedizin. Dazu gehört auch, dass entsprechende Leistungen erstattungsfähig sind. Die Akzeptanz bei Patienten sei jedoch deutlich geringer als zunächst erwartet. Rádai schätzt, dass nach wie vor etwa 90 Prozent der Arztkonsultationen in Präsenz stattfinden. Aktuell existiert nur ein überschaubarer Markt für kostenpflichtige Teleleistungen. Seit 2006 ist der US-amerikanische Anbieter Teladoc in Ungarn aktiv. Gemeinsam mit Teladoc lancierte die ungarische Telekom-Tochter Ende Juli 2024 einen Telekom Healthcare Service. 

    EU fördert Digitalisierungsprojekte 

    Der ungarische Plan für den EU-Wiederaufbaufonds sieht rund 480 Millionen Euro für Maßnahmen zur Digitalisierung des Gesundheitswesens und digitale Unterstützung in der Pflege vor. Schwerpunkte setzt die Regierung im Bereich Datenverarbeitung und Datensicherheit, beim Ausbau der Telemedizin und bei innovativen E-Health-Diensten. Kürzlich veröffentlicht wurde eine Ausschreibung über 330 Millionen Euro zum Ausbau digitaler Angebote für Krankenhäuser und Rettungsdienste.

    Von Kirsten Grieß | Budapest

  • Branchenstruktur

    Ein Großteil der Medizintechnik wird importiert. Gleichzeitig wächst die Produktion im Land. Der Herstellermarkt wird von ausländischen Unternehmen dominiert.

    Ungarns Wirtschaft erlebte 2023 eine Rezession und erholt sich langsamer als erwartet. Der Staatshaushalt ist angespannt und auch die Verschuldung ist hoch. Das zwingt die Regierung zu einem radikalen Sparkurs, was in besonderem Maße öffentlichen Gesundheitsausgaben und damit verbundene Investitionen betrifft. Zwar ist der Anteil staatlicher Mittel an den Gesamtausgaben laut Eurostat über die Jahre sukzessive gewachsen – mit 72,4 Prozent im Jahr 2022 liegt der Wert aber nach wie vor unter EU-Durchschnitt. 

    Öffentliche Gesundheitsdienste sind kostenlos

    Die öffentlichen Gesundheitsausgaben werden vorwiegend über den nationalen Gesundheitsversicherungsfonds NEAK abgewickelt. Das ist eine einheitliche Pflichtversicherung. Jeder ungarische Staatsbürger hat damit Anspruch auf kostenlose, öffentliche Gesundheitsleistungen. Für Arzneimittel und Zahnbehandlungen sind Zuzahlungen erforderlich. Leistungen privater Gesundheitsdienste sind nicht durch NEAK abgedeckt. Ausgenommen sind spezielle private Dienstleistungen, die von staatlichen Einrichtungen nicht oder nicht ausreichend angeboten werden. Dazu zählen Dialysebehandlungen, Laboruntersuchungen sowie MRT- und CT-Screenings. Der Anteil privater Zusatzversicherungen an den Gesundheitsausgaben ist gering und lag 2022 bei weniger als 2 Prozent. Experten erwarten, dass der Markt für private Versicherungen bald deutlich wachsen wird. 

    Zu viele Krankenhäuser, zu wenige Hausärzte

    Die Zahl der Krankenhäuser und Krankenhausbetten ist für Ungarns Größe überdurchschnittlich hoch, die Hospitalisierungsrate und -dauer ebenfalls. Das erzeugt Kosten, die für die Anschaffung technischer Ausstattung und innovativer Medizinprodukte fehlen. Ungarns Regierung bemüht sich seit Jahren, die Bettenzahl und die Zahl der Einrichtungen zu reduzieren. Seit 2006 wurden die damals knapp 80.000 Betten um fast 20 Prozent auf aktuell rund 63.500 abgebaut. Auch die Zahl der Hausärzte ist seit Jahren rückläufig. Im Jahr 2023 waren laut Statistikamt etwas mehr als 6.400 Hausarztpraxen registriert, davon sollen aktuell knapp 15 Prozent vakant sein. 

    Nach offiziellen Daten der nationalen Gesundheitskasse gab es 2023 in Ungarn 158 Krankenhäuser. Knapp die Hälfte wurde zentral durch den ungarischen Staat verwaltet, weitere 15 Kliniken standen unter kommunaler Verwaltung. Daneben operierten einige größere Universitätskrankenhäuser und stiftungsbetriebene Einrichtungen oder Häuser unter kirchlicher Trägerschaft, deren Leistungen ebenfalls kostenlos sind. Im privaten Sektor lag die Zahl der Kliniken bei 25. Die Kommunen unterhalten außerdem sogenannte Polikliniken zur ambulanten Gesundheitsversorgung. Im Privatbereich gibt es ebenfalls einige größere ambulante Gesundheitszentren. Der überwiegende Teil aller stationärer Behandlungen wird von öffentlichen Krankenhäusern erbracht.

     

    Wichtige Private Gesundheitsdienstleister in Ungarn

    Unternehmen

    Beschäftigte 

    Schwerpunkte

    SYNLAB

    918

    Labor
    Medicover

    772

    Privatklinik, Diagnose, Labor
    TritonLife Csoport

    650

    Privatklinik, Dialyse, Diagnostik
    Affidea Diagnosztika

    419

    Diagnostik, Privatklinik
    Budai Egészségközpont

    k. A.

    Privatklinik, Schwerpunkt Wirbelsäule
    Doktor 24 Csoport

    318

    Privatklinik 
    Dr. Rose Magánkórház

    128

    Privatklinik, Plastische Chirurgie
    Swiss Medical Services

    79

    Privatklinik
    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

    Stärkstes Wachstum im Markt für Dentalprodukte 

    Der ungarische Medizintechnikmarkt hatte 2023 ein Volumen von umgerechnet rund 1,3 Milliarden Euro. Das Analysehaus BMI prognostiziert für die kommenden fünf Jahre ein durchschnittliches jährliches Marktwachstum von 3 Prozent. Größte Teilmärkte sind die Segmente Verbrauchsgüter, diagnostische Bildgebung und andere Medizinprodukte. Das stärkste Wachstum erwarten BMI-Analysten in den kommenden Jahren für Dentalprodukte. Basierend auf einem starken Medizintourismus soll der Markt bis 2028 um jährlich 7 Prozent wachsen. Gleich dahinter liegen mit einem prognostizierten Plus von jährlich 5,3 Prozent Orthopädieprodukte. Hier kommen Nachholeffekte verschobener Eingriffe in der Corona-Pandemie zum Tragen. 

    Deutschland ist führendes Lieferland

    Der ungarische Medizintechnikmarkt ist in hohem Maß von Importen abhängig. Rund 80 Prozent der Inlandsnachfrage wurde 2023 von ausländischen Herstellern bedient. In den letzten zehn Jahren sind die Medizintechnikimporte um jährlich durchschnittlich 13,5 Prozent gewachsen. Lediglich 2017 und nach der Coronapandemie 2022 gab es Ausreißer nach unten. 

    Deutschland ist das mit Abstand wichtigste Lieferland (2023: 19 Prozent), es folgen Österreich (12 Prozent) und China (11 Prozent). Mit Blick auf die einzelnen Segmente ergibt sich ein etwas differenzierteres Bild. Deutsche Hersteller führen bei Dentalprodukten, Ultraschallgeräten, therapeutischen Beatmungsgeräten, augenoptischen Instrumenten, Dialyse- und Transfusionsapparaten. Österreich ist wichtigster Lieferant von Verbrauchsmaterialien, während China bei Hilfsmittel dominiert. Niederländische Unternehmen bedienen den Markt ebenfalls und führen bei orthopädischen Produkten und bildgebender Diagnostik. 

    Importe ausgewählter Medizinprodukte nach Ungarn und Anteil aus Deutschland 2023In Millionen Euro, Anteil in Prozent
    SITC Import

    Anteil Import aus 

    Deutschland

    774.1Elektrodiagnoseapparate und -geräte

    78,3

    15,3

    774.2Röntgenapparate etc.

    k.A.

    k.A.

    741.83Sterilisierapparate

    2,8

    17,9

    872.1Zahnmedizinische Instrumente; a.n.g.

    13,6

    29,5

    872.21Spritzen, Nadeln, Katheter, Kanülen etc.

    294,1

    16,1

    872.25Ophthalmologische Instrumente

    13,3

    19,3

    872.29Andere Instrumente, Apparate und Geräte

    147,0

    26,1

    872.3Therapiegeräte, Atmungsgeräte etc.

    78,9

    30,0

    872.4Medizinmöbel etc.

    28,9

    14,3

    899.6Orthopädietechnik, Prothesen etc.

    111,1

    27,6

    Quelle: Eurostat 2024

    Die Produktion im Land brummt

    Ungarn verfügt über eine eher kleine inländische Medizintechnikbranche, zwischen 150 bis 160 kleine und mittlere Unternehmen produzieren im eigenen Land. Dominiert wird der Markt durch große internationale Konzerne. Das nationale Statistikamt beziffert die Beschäftigten der Branche auf 13.000. Der Produktionswert erreichte 2022 nach Eurostat 564 Millionen Euro und verzeichnete damit auf Jahresbasis ein Wachstum von immerhin 22 Prozent. Auch in den Vorjahren waren die Zuwachsraten stark. Die Daten sind allerdings nicht vollständig, da sie aus Vertraulichkeitsgründen nicht für alle Produktgruppen gemeldet werden.

     

    Wichtige Branchenunternehmen in UngarnUmsatz in Millionen Euro

    Unternehmen

    Sparte

    Umsatz (2023)

    ColoplastProdukte zur Stoma-, Wund- und Kontinenzversorgung

    627,9 

    Becton DickinsonSpritzen, Nadelschutz, Einweg-Pen-Injektoren

    236,2

    GE HealthcareBildverarbeitungssoftware mit Schwerpunkt auf Gefäß- und Tumorerkrankungen

    141,3 ¹)

    B. Braun MedicalEinwegprodukte, Transfusions- und Infusionssets, Katheder etc. 

    138,9 

    SanatmetalProdukte für die Traumatologie, Orthopädie, Wirbelsäulenchirurgie und Zahnimplantate 

    19,2

    InnomedEKG-Geräte, Defibrillatoren, Patientenmonitore, Röntgensysteme

    8,1 

    MeditechBlutdruckmessgeräte, Schlafüberwachungsgeräte, EKG-Monitore

    2,6 ²)

    LabtechEKG-Geräte

    1,9 

    1 Umsatz für das Jahr 2022; 2 Umsatz für das Jahr 2021.Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

    Bei den im Land produzierten Medizintechnikprodukten handelt es sich vor allem um elektro-medizinische Geräte, Beatmungsgeräte, Blutdruckmesser, Labor-Diagnose Ausstattung, kardiologische und radiologische Geräte, Dentalbedarf, Röntgen-, CT- und In-vitro-Diagnostik-Ausrüstungen. Der überwiegende Teil der Produktion geht in den Export. Zuletzt erreichten die Medizintechnikexporte 2023 den Wert von umgerechnet 2,1 Milliarden Euro. Auf Jahresbasis wuchsen die Exporte seit 2018 um durchschnittlich 8 Prozent. Deutschland ist auch wichtigstes Exportziel für in Ungarn hergestellte Medizintechnik (2023: 21 Prozent).

    Rahmendaten zum Gesundheitssystem in Ungarn

    Indikator

    Wert

    Einwohnerzahl (2024 in Mio.)

    9,6

    Bevölkerungswachstum (2023 in % p.a.)

    -3,6

    Altersstruktur der Bevölkerung (2024)

     

      Anteil der unter 14-Jährigen (in %)

    14,5

      Anteil der über 65-Jährigen (in %)

    20,7

    Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (2023 in Jahren)

    76,5

    Durchschnittseinkommen (2023 in Euro)

    1.496

    Gesundheitsausgaben pro Kopf (2022 in Euro)

    1.190

    Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (2022 in %)

    6,7

    Ärzte/100.000 Einwohner (2023)

    439

    Zahnärzte/100.000 Einwohner (2020)

    67,5

    Krankenhausbetten/100.000 Einwohner (2023), davon

    662

      privat (2023 Anteil in %)

    2,4

      öffentlich (2023 Anteil in %)

    93,7

      sonstige (Kirchen, Stiftungen 2023 Anteil in %)

    3,9

    Quelle: Ungarisches Statistikamt (KSH) 2024, Nationale Kasse für Gesundheitsversicherung (NEAK) 2024, Eurostat 2024

    Von Kirsten Grieß | Budapest

  • Rahmenbedingungen

    Das öffentliche Gesundheitswesen soll neu aufgestellt werden. Fehlende finanzielle Mittel könnten die Reformen ausbremsen.

    Ungarn ist seit 2004 Mitglied der EU und profitiert vom gemeinsamen Binnenmarkt. Im Land gelten die europäischen Vorgaben für Produktregistrierung und Zulassung. Die Zuständigkeit für das Gesundheitswesen liegt beim ungarischen Innenministerium. Für November 2024 kündigte Gesundheitsstaatssekretär Péter Takács eine umfassende Reform des Gesundheitswesens an. Ziel ist es, das System weiter zu zentralisieren, die ambulante Behandlung zu stärken und den Apparat insgesamt effizienter zu machen. Brancheninsider bezweifeln, ob das angesichts knapper Kassen und mangelnder Fachkräfte ohne Einschnitte bei den Leistungen gelingt. 

    Hohe Summen an EU-Geldern sind blockiert

    Ungarns Gesundheitssystem fehlen hohe Summen aus EU-Fördertöpfen, die von der EU-Kommission Ende 2022 aufgrund von Verstößen gegen Rechtsstaatsprinzipien und europäische Grundwerte blockiert wurden. Allein aus dem EU-Wiederaufbaufonds (ARF) waren ursprünglich rund 1,3 Milliarden Euro für Investitionen in das Gesundheitswesen vorgesehen. Selbst bei einer zeitnahen Freigabe der Mittel ist fraglich, ob die Gelder voll ausgeschöpft werden können, da alle ARF-finanzierten Projekte bis Ende 2026 abgeschlossen sein müssen.  

    Steigende Arbeitskosten belasten Hersteller 

    Die Arbeitskosten Ungarns gehören zu den niedrigsten in der EU. Das machte das Land lange als Produktionsstandort attraktiv. Doch das ändert sich gerade: Mit einem Plus von 17 Prozent sind die Lohnkosten 2023 deutlich gestiegen. Auch für 2024 werden Lohnzuwächse im zweistelligen Bereich erwartet. Steigende Kosten und die immer aufwändigere Suche nach Arbeitskräften stellen für Medizintechnikproduzenten im Land eine wachsende Herausforderung dar. Das hat auch erste Folgen: Coloplast aus Dänemark verkündete Ende 2023, Teile der Produktion nach Portugal zu verlegen. 

    Erfahrene Vertriebspartner sind gefragt

    Die Ausstattung öffentlicher Gesundheitseinrichtungen wird zentral gesteuert. Für die Beschaffung von Medizinprodukten ist das Hauptdirektorat der Krankenhäuser (OKFŐ) zuständig. Ausnahme sind Verbrauchsgüter, die über den Versicherungsfonds NEAK eingekauft werden. In der Regel erfolgt das für beide Stellen über öffentliche Ausschreibungen, die im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden. Private Einrichtungen regeln ihren Einkauf unabhängig. Alle importierten Produkte müssen über einen lokalen Händler vertrieben werden. Dieser sollte idealerweise bei der staatlichen Stelle für Zertifizierung und Konformitätsbewertung NEOEMKI LLC zugelassen sein. Aktuell ist die Auswahl an Vertriebshändlern groß. Marktkenner raten zu etablierten Partnern, die langjährige Erfahrung mitbringen.

    Die Erstattung von Medizinprodukten wird über die nationale Krankenversicherungskasse verwaltet. Der Katalog der erstattungsfähigen Medizinprodukte wird gesetzlich im Jahresturnus neu bewertet. Ungarn verfügt über eine nationale Organisation für die Bewertung von Gesundheitstechnologien (HTA). Die Ergebnisse müssen bei Entscheidungen berücksichtigt werden. Bereits in den 1990er Jahren hat Ungarn DRG-Abrechnungssysteme eingeführt.

    Im innergemeinschaftlichen Warenverkehr der Europäischen Union (EU) sind die Regelungen des Umsatzsteuerkontrollverfahrens in der EU zu beachten. Informationen hierzu finden sich auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern. Hinsichtlich der Normierung gelten die einschlägigen EU-Richtlinien (siehe etwa die Website des Deutschen Instituts für Normung e.V.).

    Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Kirsten Grieß | Budapest

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Ungarn

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Exportinitiative GesundheitswirtschaftDie Exportinitiative bündelt Unterstützungsangebote für die Internationalisierung der Gesundheitswirtschaft

    Innenministerium

    Für Gesundheitswesen zuständiges Ressort
    Nemzeti Egészségbiztosítási Alapkezelő (NEAK)

    Nationale Kasse für Gesundheitsversicherung und zentrale Behörde für die Verwaltung der Krankenversicherungsfonds,

    Einkauf und Erstattung von medizinischen Hilfsmitteln

    Országos Kórházi Főigazgatóság (OKFŐ)

    Landeshauptdirektorat der Krankenhäuser

    Aufrechthaltung und Leitung von staatlichen Gesundheitseinrichtungen, zuständig für Budget, Fördermittel, Planung der Kapazitäten, Umgestaltung,  Digitalisierung und öffentliche Beschaffungen

    Egészségügyi Technológiai és Orvostechnikai Szállítók Egyesülete (ETOSZ)

    Fachverband für Gesundheitstechnologie und Medizintechnische Zulieferer
    Orvostechnikai SzövetségVerband der Medizintechnikproduzenten
    Magyar Orvosi KamaraÄrzteverband
    PRIMUS Magánegészségügyi Szolgáltatók EgyesületeVerband der Privatgesundheitsdienstleister
    Magyar Fogorvosok EgyesületeVerband der Zahnärzte

    medicalonline

    Nachrichtenportal für Gesundheitswesen

     

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