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Äthiopiens Wasserwirtschaft sucht Geldgeber

Ein deutscher Marktführer in einem Technikmarkt in Afrika – das gibt es in Äthiopien. Die Wasserwirtschaft dort bietet große Projekte, hängt aber am Tropf der Entwicklungsbanken.

Von Ulrich Binkert | Bonn

Technikanbieter in Äthiopiens Wasserwirtschaft berichten von deutlich gesunkenen Umsätzen in den letzten fünf Jahren. Hauptgrund ist der immer größere Devisenmangel. Aber auch die Konflikte im Land bremsen. Nach dem Bürgerkrieg in der Nordprovinz Tigray machte zum Beispiel ein großer Anbieter 2023 in Amhara null Umsatz: Projekte sind gestoppt, Techniker und Verkäufer trauen sich nicht mehr in diese Provinz. Sehr gut lief hingegen sein Geschäft in Oromia, dem bevölkerungsreichsten Teilstaat Äthiopiens um die Hauptstadt Addis Abeba.

Geldgeber für Wasserversorgung und Abwasserentsorgung gesucht

Am meisten Technik verkauft die Branche in der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Dort ist viel nachzuholen: Im Land mit der zweitgrößten Bevölkerung Afrikas hat laut Weltbank die Hälfte der gut 120 Millionen Einwohner keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser. Nur 8 Prozent können sich mit Wasser und Seife die Hände waschen, und 112 Millionen verfügen über keine sanitäre Grundversorgung. 

Im noch wenig urbanisierten Äthiopien konzentrieren sich die Investitionen der Behörden auf Addis Abeba. Dort soll der laufende Ausbau der Wasserver- und Abwasserentsorgung 260 Millionen US-Dollar (US$) kosten. Etwa die gleiche Summe ist für ähnliche Projekte in 22 kleineren Städten vorgesehen. In der Hauptstadt kommt das von der Weltbank finanzierte "Second Ethiopia Urban Water Supply and Sanitation Project" sogar schneller voran als geplant. Anders sieht es in den Provinzstädten aus. 

Allerdings droht nun eine Durststrecke. Die internationalen Geber wie die Weltbank, die den überwiegenden Teil der Projekte finanzieren, halten sich mit weiteren Zusagen zurück: Das Kreditausfallrisiko ist hoch, nach einer weiteren Abstufung Äthiopiens im Dezember auf "Selected Default". Im Westen ist das Land zudem politisch in Kritik geraten. Der lange Zeit wichtige Geldgeber China wiederum vergibt kaum mehr große Kredite nach Afrika und hatte den Fokus ohnehin nie auf der Wasserversorgung. Die deutsche KfW ist in dem Bereich nicht nennenswert tätig.

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Bewässerung mit gemischtem Bild

Auch in der Bewässerung, dem wohl zweitgrößten Technikmarkt, erwarten Anbieter weniger Nachfrage. Dort spüre man ebenfalls die Zurückhaltung der Geber, die vieles finanzieren. Bewässerungsprojekte litten zudem besonders unter der Unsicherheit auf dem Land. Interesse gebe es von Seiten ausländischer Agrarinvestoren, die wegen der Krisen in Sudan und Südsudan auf Äthiopien auswichen. 

Fokus bei der Bewässerung ist und bleibt nach Markterwartungen der Weizen. Gefragt sind meist Pivotsysteme mit Zentralpumpe oder Kreisberegnungsbewässerung. Äthiopien, das lange viel Geld für ausländischen Weizen ausgab, exportiert das Getreide inzwischen. Investitionen für Zuckerrohr werden gebremst durch Strukturprobleme des Sektors. Die von niederländischen Firmen dominierten Blumenzucht nutzt üblicherweise Membran-Bewässerung. Äthiopien ist Afrikas zweitgrößter Blumenexporteur mit einer Anbaufläche von 1.700 Hektar (2021), davon 1.500 Hektar in Gewächshäusern. 

Hochbau mit verhaltener Dynamik

Addis Abeba wächst schnell, jedoch gibt es auch im Hochbau Bremsspuren. Dem Staat fehlt das Geld bei seinen großen Wohnbauprojekten mit einfachem Standard, und private Entwickler halten sich wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage zurück. Besser läuft es laut Branchenvertretern im Gewerbebau, also etwa beim Bau von Banken oder Krankenhäusern. 

Ein Sonderfall ist das neue Regierungsviertel, das derzeit in der Hauptstadt entsteht. Unglaubliche 10 Milliarden US$ sollen dafür nach unbestätigten Presseberichten fließen. Das ist mehr als doppelt so viel, wie Äthiopien im Jahr mit Warenexporten verdient. Das Mammutprojekt wird auch als "Palast" des Premierministers bezeichnet und soll vor allem aus den VAE finanziert sein. 

Industrie braucht eher wenig Wassertechnik

Die Industrie fragt in Äthiopien wenig Wassertechnik nach. Die Regierung hat den verarbeitenden Sektor in den letzten Jahren vor allem durch den Bau von großen Industrieparks forciert. Dabei bekamen einige Industrieparks, wie zum Beispiel das Textilzentrum Hawassa, eine zentrale Kläranlage. Der Ausbau der Parks ist indes ins Stocken geraten. 

Einheimische Industriebetriebe außerhalb der Parks investieren tendenziell wenig in ihre Wasserwirtschaft, sagen Technikanbieter. Sie achteten dabei zudem stark auf den Preis und beschafften überwiegend Technik aus China, manchmal aus der Türkei oder Italien. Internationale Multis dominieren zwar Äthiopiens Brauereisektor, produzieren aber ansonsten kaum im Land. Und wer da ist, entscheidet über Technikbeschaffungen meist im Ausland. Bei Unilever etwa ist es die Einkaufsabteilung in Südafrika, sagte ein leitender Manager des Konsumgütermultis bei einem Besuch in Addis Abeba 2022. Die - damals fünf – örtlichen Beschaffungsmanager könnten dabei nur begrenzt mitreden. 

Deutsche Technikanbieter teils mit hohem Marktanteil

Technik für Äthiopiens Wassersektor stammt praktisch komplett aus dem Ausland. Deshalb leidet der Sektor stark unter dem Devisenmangel. Die wenigsten westlichen Anbieter führen eine Niederlassung im Land, Tendenz weiter rückläufig. Hochpreisige Anbieter haben trotzdem Chancen, und das nicht nur in der Nische.

Der deutsche Pumpenhersteller Wilo schätzt seinen Marktanteil in Äthiopien auf erstaunliche 30 Prozent und sieht sich damit als Marktführer. Die Dortmunder sind seit 2014 mit einer eigenen Niederlassung in Addis Abeba vertreten. In der Bewässerung achteten die Behörden inzwischen auf Qualität. Sie hätten in den letzten Jahren schlechte Erfahrungen mit chinesischen Anbietern gemacht. Bei manchen Ausschreibungsrunden stammten die Bewerber nun fast ausschließlich aus Europa. 

In der öffentlichen Wasserversorgung besitzen Anbieter teurer Technik nach Branchenangaben vor allem dann Chancen, wenn sich bei Beschaffungen von Pumpen, Rührwerken & Co. die Projektconsultants Gehör verschaffen. Die großen Aufträge für die Bauleistungen allerdings gehen außer an einheimische Baufirmen meist an chinesische Anbieter. Diese Konzerne haben üblicherweise chinesische Technikausrüster im Schlepptau. Dies könnten auch deutsche Hersteller mit einer Produktion in China sein.

Projekte der Wasserwirtschaft in ÄthiopienInvestitionen in Millionen US$

Projekt

Investitionen 

Anmerkungen

Second Ethiopia Urban Water Supply and Sanitation Project

523

Dezember 2023: Verträge für 51 Mio. US$ abgewickelt, Verträge für 224 Mio. US$ sollen am 30.6.24 abgewickelt sein; Verträge für 2 Kläranlagen für insgesamt 146 Mio. US$ abgeschlossen

 Sanitation and water supply services improvement in select secondary cities

254

Finanzierung: Weltbank, Agence Française de Développement

 Sanitation and water supply services improvements in Addis Ababa

260

Finanzierung: Weltbank; Zuschlag zum Bau der Kläranlage für das Eastern Catchment ging im Januar 2024 an CGCOC (China), weitere Baufirmen: MCG, ASER (Äthiopien), Yueyang (China)

  South Akaki Sub-Catchment WWTP and Sewer Lines

75

Februar 2024: Ausschreibung für Consulting läuft, Bewerbungen eingegangen

Anger River Dam

 

230

Hauptauftragnehmer: Oromia Water Works Corporation; erste Arbeiten 2021, Stand unklar

Ajima Chacha Irrigation Dam Development in Amhara

125

im Bau u.a. durch CCEC (China), soll Ende 2024 fertig sein

Four Towns Water supply and sanitation Improvement Program (Adama, Adwa, Bichena, Gode

114

Finanzierung: African Development Bank (ADB, 76 Mio. US$); Stand November 2023: 50% des Budgets ausgegeben
Quelle: Weltbank; ADB; Presse, 2024

Im Vorteil sind teure Anbieter bei großen Projekten, wo es auf Leistung ankommt: Also eher bei der zentralen Großkläranlage für einen neuen Stadtteil als bei kleinen, containerbasierten Einheiten der Wasserreinigung. Solche dezentralen Lösungen für 5.000 Menschen sind in Äthiopien durchaus gängig, um weniger Abwasserrohre legen zu müssen. 

Dezentrale Kläranlagen sowie Wasserversorgungs- und Bewässerungssysteme brauchen oft eine eigene Elektrizitätsversorgung. Wenn die Anlagen nicht abseits der Netze liegen, fällt regelmäßig der Strom aus. Die Betreiber setzen zunehmend auf Photovoltaik, schon weil wegen der Devisenknappheit schwer an Diesel für Generatoren zu kommen ist. Nachfragewachstum erwarten Branchenvertreter auch bei Dichtungen und leistungsfähigen Armaturen in der Wasserversorgung. Keinen nennenswerten Markt für hochpreisige Anbieter sehen Experten bei Mess- und Regeltechnik. Hier achteten die Kunden vor allem auf den Preis. 

Kontaktadressen
Staatliche Institutionen

Ministry of Water and Energy

Ministerium für Wasser und Energie

Ministry of Irrigation and Lowlands

Ministerium für Bewässerung und Tiefebenen

 Agricultural Transformation AgencyAgentur für Transformation der Landwirtschaft

Addis Ababa Water & Sewage Authority (AAWSA)

Wasserversorger in Addis Abeba

Ethiopian Society of Civil Engineers

 

Verband der Ingenieure – gilt als wichtige Kontaktbörse

Addis Ababa Chamber of. Commerce Handelskammer
Bauunternehmen

Ethiopian Construction Works Corporation (staatlich)

äthiopische Baufirmen im Wassersektor (Auswahl)

TNT Constructionäthiopisches Bauunternehmen
Tilahun Abebe Constructionäthiopisches Bauunternehmen
FE Constructionäthiopisches Bauunternehmen
Aser Constructionäthiopisches Bauunternehmen, am Weltbankprojekt in Addis Abeba beteiligt
Noah Real EstateImmobilienentwickler
Pluto Real EstateImmobilienentwickler 
MS ConsultancyBranchenconsultants
ETG Designers and ConsultantsBranchenconsultants
Ethiopian Construction Design & Supervision Works CorporationStattliches Consultingbüro
Kontaktverzeichnisse
Ethio ConstructionBranchenverzeichnis
Ethiopia ConstructionBranchenverzeichnis
Quelle: Recherchen von GTAI 2024

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