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Branche kompakt | Brasilien | Ernährungswirtschaft

Branchenstruktur

Brasiliens Nahrungsmittelindustrie wächst kontinuierlich. Die Investitionen stiegen 2023 um über die Hälfte. Im Fokus stehen das Premiumsegment und die Produktion für den Export.

Von Gloria Rose | São Paulo

Brasiliens Nahrungsmittelindustrie profitiert von dem starken Agrarsektor. Doch im laufenden Jahr stehen Einbußen bevor. Die Flutkatastrophe in Rio Grande do Sul im Mai 2024 wird nicht ohne Folgen bleiben. Schließlich trägt der Bundesstaat 12,6 Prozent zur Bruttowertschöpfung der Agrarwirtschaft bei. Rund 20 Prozent des Schweine- und 11 Prozent des Hähnchenfleischs stammten 2023 aus der Region. Besonders stark betroffen sind Reis (70 Prozent der landesweiten Produktion), Weintrauben und Wein (85 Prozent) sowie Oliven und Olivenöl (75 Prozent). Allerdings steht das gesamte Ausmaß der Zerstörung noch nicht fest.

Wichtigste Branche der verarbeitenden Industrie

Vor der Flutkatastrophe erwartete der Nahrungsmittelverband ABIA für 2024 ein Wachstum des Outputs von 2 bis 2,5 Prozent. Im Vorjahr konnte die Branche ihren Absatz im In- und Ausland um 3,4 Prozent ausbauen. Als einer der wenigen Sektoren des verarbeitenden Gewerbes steigert Brasiliens Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie die Produktion von Jahr zu Jahr. Der Umsatz legte 2023 um 7,2 Prozent und die Produktionsmenge um 5,1 Prozent zu.

Die Branche trägt über 20 Prozent zur Bruttowertschöpfung der verarbeitenden Industrie und fast 11 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt Brasiliens bei. Mit 2 Millionen Beschäftigten ist der Sektor der bedeutendste Arbeitgeber der verarbeitenden Industrie. Insgesamt zählt der Branchenverband ABIA 40.900 Unternehmen, zu fast 94 Prozent kleine Hersteller mit weniger als 50 Mitarbeitern.

Umsatz mit verarbeiteten Nahrungsmitteln in BrasilienIn Milliarden US-Dollar

Sparte

Umsatz 2024 *)

Umsatzveränderung 2024/2023 *)

Fleisch

37,1

5,6

Brot und Getreideprodukte 

26,4

13,1

Milchprodukte und Eier

26,0

11,9

Gemüse

20,5

12,9

Süßwaren und Snacks

17,8

5,6

Fisch und Meeresfrüchte

12,6

12,2

Obst und Nüsse 

12,4

6,8

Öle und Fette

9,2

13,6

Convenience Food

7,8

4,6

Heimtiernahrung

6,9

9,4

Aufstriche und Süßungsmittel

2,7

4,7

Saucen und Gewürze

2,4

5,2

Babynahrung

2,0

4,3

Insgesamt

183,6

9,3

* Prognosen.Quelle: Statista Market Insights, März 2024

Von der Kornkammer zum Supermarkt der Welt

Brasilien beliefert heute 190 Länder mit verarbeiteten Nahrungsmitteln und Getränken. Der Exportwert stieg 2023 um 5 Prozent auf rund 62 Milliarden US$. Bezüglich des Handelsvolumens überholte Brasilien die USA und ist mittlerweile der weltweit größte Exporteur von verarbeiteten Nahrungsmitteln. In Bezug auf den Ausfuhrwert liegt Brasilien auf Rang 5. Fast die Hälfte der brasilianischen Exporte geht nach Asien. Bedeutende Absatzmärkte sind auch der Nahe Osten und die Europäische Union. 

Als Weltmarktführer für zahlreiche Agrarrohstoffe ist Brasilien darauf bedacht, die Wertschöpfung im Land zu steigern und hochwertigere Nahrungsmittel zu exportieren. Beispielsweise investieren die Hersteller von löslichem Kaffee und steigern den Export von Jahr zu Jahr. Neue Impulse setzt der Trend zu Nachhaltigkeit entlang der gesamten Lieferkette. 

Im Jahr 2023 verarbeitete Brasilien 60,9 Prozent seiner Agrarproduktion. Bei den Exporten liegt der Anteil verarbeiteter Agrargüter niedriger. Er ist zuletzt auch gesunken (2020: 47,6 Prozent; 2023: 44,2 Prozent), da die Exporte der Agrarwirtschaft deutlich stärker gewachsen sind als die der Nahrungsmittelindustrie. Andererseits bleibt somit immer noch sehr viel Raum für Wachstum. 

Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie investiert 

Laut Branchenverband ABIA investierten die Hersteller 2023 etwa 7,2 Milliarden US$. Das ist 52,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Besonders hohe Aufwendungen fließen in die Produktion für Export- und Premiummärkte.

Brasiliens Fleischwirtschaft baut die Produktionskapazitäten kontinuierlich aus. Im März 2024 zertifizierten chinesische Behörden 38 zusätzliche Schlachthöfe. Damit sind nun 144 Betriebe für den Export nach China zugelassen. Unmittelbar darauf kündigte Großkonzern JBS an, die Kapazität im neu zugelassenen Betrieb in Campo Grande (Mato Grosso do Sul) zu verdoppeln. Anfang April 2024 prognostizierte die brasilianische Versorgungsbehörde Conab für 2024 einen Anstieg der Fleischproduktion um 4 Prozent auf 30,9 Millionen Tonnen.

Ambev hielt seinen Anteil am wachsenden Biermarkt Brasiliens 2023 bei 61,3 Prozent. Heineken steigerte seinen Marktanteil auf 31,1 Prozent, während Petrópolis auf 7,5 Prozent zurückfiel. Bei Bier setzen die Produzenten in Brasilien überdurchschnittlich hohe Preissteigerungen durch. Entsprechend positiv blickt die niederländische Gruppe auf den weltweit größten Markt für die Marken Heineken und Amstel.

Auswahl großer Lebensmittelkonzerne in BrasilienUmsatz in Millionen US-Dollar; Veränderung in Prozent
Name Geschäftsfeld

Umsatz 2022 1)

Veränderung 2022/21 2)

JBSRindfleisch, Schweinefleisch, Geflügel und Leder (Marken: Swift und Seara); Inlandsmarkt und Export

72.646

6,9

MarfrigRindfleisch; Inlandsmarkt und Export

25.316

53,0

Ambev (Tochter von AB InBev, Belgien)Bier und Erfrischungsgetränke

15.447

9,4

BRF (Brasilien/USA)Rind- und Schweinefleisch sowie Geflügel (Marken: Sadia und Perdigão); Inlandsmarkt und Export

10.427

11,3

Minerva FoodsRindfleisch; Inlandsmarkt und Export

6.003

14,9

AuroraFleisch- und Molkereiprodukte, Tiefkühlkost

3.955

13,3

Nestlé (Schweiz)Cerealien, Kaffee, Speiseeis, Süßwaren

3.940

17,8

Coca-Cola Femsa Brasil (Mexiko)Erfrischungsgetränke

3.182

4,5

CamilReis und Bohnen

1.978

13,2

M. Dias BrancoNudeln und Kekse

1.963

29,6

1 Umrechnung zum Jahresdurchschnittskurs 2022: 1 US$ = 5,16 R$; 2 bezogen auf den Umsatz in brasilianischen Reais (R$).Quelle: Ranking "Valor 1000" 2024

Für den brasilianischen Markt produzieren bedeutende US-amerikanische Hersteller vor Ort darunter Pepsico, Kellogg's, General Mills, Heinz und Mondelēz International sowie europäische Firmen wie Nestlé, Unilever und Gomes da Costa (Tochter der spanischen Gruppe Calvo). Oft treten multinationale Hersteller über M&A-Transaktionen, Joint Ventures oder auch Vertriebskooperationen in den brasilianischen Markt ein.

Weitere große brasilianische Nahrungsmittelhersteller sind Copacol, Grupo 3corações, Prima Foods (vormals: Mataboi Alimentos), Frimesa, FriGol und Pandurata Alimentos (Marken: Bauducco, Visconti und Tommy) sowie der Getränkekonzern Solar Bebidas.

Bedeutende Branchenfirmen sind auch die multinationalen Agrartrader ADM, Bunge, Cofco und Louis Dreyfus sowie der brasilianische Konzern Amaggi. Diese halten sich jedoch bezüglich der Wertschöpfung in Brasilien zurück und konzentrieren sich auf den Export von Agrarrohstoffen.

Konsolidierung in der Milchwirtschaft schreitet weiter voran

Lactalis baut die Führung in der Milchindustrie aus. Die französische Unternehmensgruppe stieg erst 2014 in den brasilianischen Markt ein, betreibt heute aber bereits 21 Produktionsanlagen und verarbeitet pro Jahr etwa 2,5 Milliarden Liter Milch. Ende 2023 genehmigte die Wettbewerbsaufsicht Lactalis den Kauf des Unternehmens DPA Brasil (Dairy Partners America; Joint Venture von Nestlé und Fonterra). Mit der Integration der beiden Fabriken von DPA will Lactalis die Verarbeitung künftig auf rund 3,5 Milliarden Liter im Jahr steigern.

Knappe Margen zwingen die Branche zu einer Konsolidierung. Laut Erhebung des Branchenverbands Abraleite steigerten 17 der größten Molkereien Brasiliens die Verarbeitung 2023 um 5 Prozent auf über 9 Milliarden Liter. Dagegen schrumpft die Zahl der Milchbauern. Billigimporte aus Argentinien und Uruguay sorgen für zusätzlichen Druck auf den Sektor, der 2024 nicht mit einer Erholung rechnet.

Auswahl großer Molkereien in Brasilien 2023 *)In Millionen Litern, Veränderung in Prozent

Molkerei (Marken)

Verarbeitete Milch 2023

Veränderung 2023/2022

Laticínios Bela Vista (Piracanjuba)

1.775,1

13,3

Unium (Frisia, Castrolanda und Capal)

1.486,2

14,1

Nestlé

1.048,2

0,0

CCPR - Cooperativa Central dos Produtores Rurais

897,9

-3,9

Aurora

504,4

-4,9

CCGL

502,4

7,4

Laticínios Porto Alegre

388,9

13,9

Jussara

376,1

0,2

Cooperativa Santa Clara

310,2

8,0

Tirolez

273,2

-6,3

* Lactalis, Italac, Alvoar, Tirol, Vigor und DPA beteiligten sich nicht an dem Ranking von Abraleite.Quelle: Verband Abraleite 2024

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