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Branche kompakt | Brasilien | Ernährungswirtschaft

Rückschlag für die brasilianische Nahrungsmittelindustrie

Die Flutkatastrophe in Südbrasilien führt 2024 zu Einbußen im Agrar- und Nahrungsmittelsektor. Doch mittelfristig bleibt viel Raum für Wachstum – auf dem Binnenmarkt und im Export.

Von Gloria Rose | São Paulo

Ausblick der Nahrungsmittelindustrie in Brasilien 

Bewertung:

  • Überschwemmungen im wichtigen Agrarbundesstaat Rio Grande do Sul schmälern das Wachstum. 
  • Vor der Katastrophe erwartete der Sektor für 2024 ein Wachstum des Outputs von 2 bis 2,5 Prozent.
  • Trotz hoher Zinsen erhöht der Sektor die Investitionen, 2023 um über 50 Prozent.

Anmerkung: Einschätzung der Autorin für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: Mai 2024

  • Markttrends

    Brasiliens Nahrungsmittelbranche wächst von Jahr zu Jahr, passt sich an Verbrauchertrends an und investiert. Der Markt lockt auch deutsche Investoren an.

    Brasiliens Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie nutzt Chancen, die sich aus dem hochproduktiven und stetig wachsenden Agrobusiness ergeben. Viele Investitionen zielen auf den Export ab. Fast 27 Prozent des Umsatzes erwirtschaftete der Sektor 2023 im Ausland. Im Jahr 2023 löste Brasilien die USA dabei als weltgrößten Exporteur verarbeiteter Nahrungsmittel ab. Doch Impulse für die Branche kommen auch vom großen Binnenmarkt.

    60,9 %

    seiner Agrarproduktion verarbeitete Brasilien im Jahr 2023 selbst.

    Nahrungsmittelpreise ziehen 2024 wieder an

    Wochenlanger Starkregen führte im Mai 2024 zu flächendeckenden Überschwemmungen in Rio Grande do Sul, Brasiliens südlichstem Bundesstaat. Bereits vor der Katastrophe in der wichtigen Agrarregion rechneten Analysten für 2024 mit einer Verknappung des landwirtschaftlichen Angebots infolge des Klimaphänomens El Niño und mit entsprechenden Teuerungen. Nach den drastischen Steigerungen der Vorjahre gingen die Verbraucherpreise 2023 leicht zurück. Laut dem brasilianischen Statistikinstitut zahlten die Haushalte für den Nahrungsmitteleinkauf im Durchschnitt 0,5 Prozent weniger als 2022.

    Mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 103 Kilogramm pro Jahr gehört Brasilien zu den Top-10-Ländern mit dem höchsten Fleischkonsum weltweit. Doch das Konsumverhalten hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Wegen Kaufkrafteinbußen und höheren Rindfleischpreisen wichen die Haushalte auf Hähnchen- und Schweinefleisch aus und steigerten die Nachfrage nach Eiern. Auch Fisch essen die Brasilianer mehr. Dennoch liegt der Pro-Kopf-Verbrauch von Fisch nur halb so hoch wie im weltweiten Durchschnitt.

    Während die breite Bevölkerung auf eine möglichst preisgünstige Versorgung achtet, setzt sich in den höheren Einkommensklassen die Nachfrage nach hochwertigen Produkten fort. Eine Ausnahme ist der Markt für Bier. Hier steigt der Konsum besonders stark im Premiumsegment. Marktführer Ambev registrierte 2023 ein Wachstum des Segments um 10 Prozent, während der Bierabsatz insgesamt um 3,6 Prozent zulegte.

    Fertiggerichte werden beliebter

    Laut dem Marktforschungsinstitut Kantar Worldpanel greifen bereits 61 Prozent der brasilianischen Haushalte auf Tiefkühlprodukte zurück. Das sind fast doppelt so viele wie im lateinamerikanischen Durchschnitt. Das Angebot an Fertiggerichten wächst. Bislang geben die Haushalte aber nur 3,9 Prozent ihrer Nahrungsmittelausgaben für Tiefkühlkost aus. Homeoffice und der Trend zur Bequemlichkeit dürften das Wachstum in diesem Segment weiter beleben. 

    Brasiliens Gastronomie hat sich noch nicht von dem Einbruch in der Coronakrise erholt. Im Jahr 2023 entfielen 27,6 Prozent des Inlandsabsatzes der Nahrungsmittelindustrie auf die Sparte Food Services. Vor der Krise hatte der Wert noch bei etwa 33 Prozent gelegen.

    Gesunde Ernährung und Nachhaltigkeit zählen

    Für Fast Food-Ketten ist Brasilien ein Wachstumsmarkt. Andererseits achtet ein großer Teil der Bevölkerung auf gesunde Ernährung und treibt den Konsum von Sportnahrung und funktionellen Lebensmitteln an. Zudem verschärft Brasiliens Gesundheitsaufsicht Anvisa die Auflagen zunehmend. Transfettsäuren etwa sind seit dem vergangenen Jahr verboten.

    Ein zweites Trendthema ist Nachhaltigkeit. Große Fleischkonzerne wie BRF erfassen bereits die Emissionen entlang ihrer Lieferketten. Gestützt wird der Trend zu gesunden und nachhaltigen Produkten durch ein dynamisches Start-up-Ökosystem. Mit dem Fokus auf Gesundheit und Nachhaltigkeit mischen Jungunternehmen wie Liv Up, Raízs, Foodz, Nude, Pratí, Beleaf, BeGreen und 100 Foods den Nahrungsmittelsektor in den Metropolregionen auf.

    Ob Laborfleisch oder pflanzenbasierte Ernährung Brasilien ist dabei

    Auch wenn die konkrete Regulierung für den brasilianischen Markt noch aussteht, wächst das Segment Fleisch- und Milchersatz aus pflanzlichem Eiweiß. Laut dem Marktforschungsinstitut Euromonitor legte der Umsatz in dem Bereich 2023 um 38 Prozent auf 220 Millionen US-Dollar (US$) zu. Auf den Zukunftsmarkt setzen sowohl die gigantischen Fleischkonzerne JBS, Marfrig und BRF als auch FoodTechs wie Fazenda Futuro. 

    Am 16. März 2024 trat die Resolution RDC Nr. 839 in Kraft. Im Rahmen dieser Bestimmung vereinfacht Anvisa die Zulassung innovativer Nahrungsmittel und Inhaltsstoffe, unabhängig davon, ob sie über Zellkulturen oder Fermentierung erzeugt wurden. The Good Food Institute (GFI) sieht die Resolution als Startschuss für höhere Investitionen in Innovation und hofft auf eine schnelle Regulierung von In-Vitro-Fleisch.

    Vielfältige Chancen für deutsche Unternehmen

    Für deutsche Zulieferer von Maschinen und Ausrüstung sowie von Vorprodukten wie Malz bleibt Brasilien ein wichtiger Wachstumsmarkt. Chancen bieten sich auch für Getränke- und Nahrungsmittelhersteller. Bekannte heimische Marken mit eigener Produktion vor Ort sind Melitta, Dr. Oetker und Haribo. 

    Die Ehrmann AG schloss 2022 die Übernahme des Molkereiunternehmens Trevo Lácteos ab. Im Jahr 2024 will Trevo 20 Millionen US$ investieren und die Kapazitäten in Sete Lagoas (Minas Gerais) verdoppeln. Der weltführende Gelatinehersteller Gelita AG betreibt in Brasilien drei Werke. Das Unternehmen VOSSKO aus Ostbevern im Münsterland erzeugt Tiefkühlkost in Lages (Santa Catarina).

    Der Duft- und Geschmackstoffhersteller Symrise AG nahm 2023 sein zweites Werk in Brasilien in Betrieb. In Chapecó (Santa Catarina) stellt Symrise Heimtiernahrung her. Die Ireks GmbH aus dem fränkischen Kulmbach schloss bereits 2004 eine Partnerschaft mit der Agrargenossenschaft Agrária in Guarapuava (Paraná). Jetzt investierten die Partner in Brasiliens erste Mälzerei für Spezialmalze.

    Deutsche Schokolade und Gebäck sowie Bier und Wein gehören zu den Gourmetprodukten für Haushalte der mittleren und oberen Einkommensklasse. In der Coronakrise ging der Import stark zurück. Mittlerweile finden sich wieder mehr deutsche Spezialitäten in den Regalen der brasilianischen Supermärkte.

    Ausgewählte Projekte der Lebensmittel- und Getränkeindustrie in Brasilien
    Projekt

    Investitionssumme in Mio. US$ *) 

    StandProjektträger
    Neue Produktionslinien für Schokolade und Gebäck in Caçapava und Marília (São Paulo) sowie Vila Velha (Espírito Santo) für 540 Mio. US$, Ausbau der Premiumkaffeeproduktion für 200 Mio. US$, eine neue Tiernahrungsfabrik in Vargeão (Santa Catarina) sowie Investitionen in Industrie-4.0-Lösungen

    1.200

    Ankündigung 2023; Umsetzung bis Ende 2025Nestlé (Schweiz)
    Betrieb zur Schlachtung und Fleischverarbeitung in Londrina (Paraná)

    200

    Ankündigung Ende 2023Gruppe Hinasou (Saudi-Arabien)
    Fabrik für Instantnudelgerichte in Ponta Grossa (Paraná)

    200

    Baubeginn im Juni 2024, angekündigt im Dezember 2023Nissin (Japan)
    Ausbau der Produktionskapazität der Getränkefabrik in Suape (Pernambuco) um 50 Prozent

    140

    Ankündigung Januar 2024, Umsetzung bis 2029Solar Bebidas
    Mälzerei für Spezialmalze in Guarapuava (Paraná)

    100

    Baubeginn 1. Quartal 2024; Inbetriebnahme 2026Genossenschaft Agrária und die IREKS-Gruppe (Deutschland)
    Bau einer Milchpulverfabrik in Castro (Paraná)

    90

    Ankündigung im Mai 2024Gruppe Unium (Agrargenossenschaften Castrolanda, Frísia und Capal)
    * umgerechnet zum durchschnittlichen Wechselkurs 2023: 1 US$ = 5,00 R$.Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest, Mai 2024

    Stand: Mai 2024

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Branchenstruktur

    Brasiliens Nahrungsmittelindustrie wächst kontinuierlich. Die Investitionen stiegen 2023 um über die Hälfte. Im Fokus stehen das Premiumsegment und die Produktion für den Export.

    Brasiliens Nahrungsmittelindustrie profitiert von dem starken Agrarsektor. Doch im laufenden Jahr stehen Einbußen bevor. Die Flutkatastrophe in Rio Grande do Sul im Mai 2024 wird nicht ohne Folgen bleiben. Schließlich trägt der Bundesstaat 12,6 Prozent zur Bruttowertschöpfung der Agrarwirtschaft bei. Rund 20 Prozent des Schweine- und 11 Prozent des Hähnchenfleischs stammten 2023 aus der Region. Besonders stark betroffen sind Reis (70 Prozent der landesweiten Produktion), Weintrauben und Wein (85 Prozent) sowie Oliven und Olivenöl (75 Prozent). Allerdings steht das gesamte Ausmaß der Zerstörung noch nicht fest.

    Wichtigste Branche der verarbeitenden Industrie

    Vor der Flutkatastrophe erwartete der Nahrungsmittelverband ABIA für 2024 ein Wachstum des Outputs von 2 bis 2,5 Prozent. Im Vorjahr konnte die Branche ihren Absatz im In- und Ausland um 3,4 Prozent ausbauen. Als einer der wenigen Sektoren des verarbeitenden Gewerbes steigert Brasiliens Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie die Produktion von Jahr zu Jahr. Der Umsatz legte 2023 um 7,2 Prozent und die Produktionsmenge um 5,1 Prozent zu.

    Die Branche trägt über 20 Prozent zur Bruttowertschöpfung der verarbeitenden Industrie und fast 11 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt Brasiliens bei. Mit 2 Millionen Beschäftigten ist der Sektor der bedeutendste Arbeitgeber der verarbeitenden Industrie. Insgesamt zählt der Branchenverband ABIA 40.900 Unternehmen, zu fast 94 Prozent kleine Hersteller mit weniger als 50 Mitarbeitern.

    Umsatz mit verarbeiteten Nahrungsmitteln in BrasilienIn Milliarden US-Dollar

    Sparte

    Umsatz 2024 *)

    Umsatzveränderung 2024/2023 *)

    Fleisch

    37,1

    5,6

    Brot und Getreideprodukte 

    26,4

    13,1

    Milchprodukte und Eier

    26,0

    11,9

    Gemüse

    20,5

    12,9

    Süßwaren und Snacks

    17,8

    5,6

    Fisch und Meeresfrüchte

    12,6

    12,2

    Obst und Nüsse 

    12,4

    6,8

    Öle und Fette

    9,2

    13,6

    Convenience Food

    7,8

    4,6

    Heimtiernahrung

    6,9

    9,4

    Aufstriche und Süßungsmittel

    2,7

    4,7

    Saucen und Gewürze

    2,4

    5,2

    Babynahrung

    2,0

    4,3

    Insgesamt

    183,6

    9,3

    * Prognosen.Quelle: Statista Market Insights, März 2024

    Von der Kornkammer zum Supermarkt der Welt

    Brasilien beliefert heute 190 Länder mit verarbeiteten Nahrungsmitteln und Getränken. Der Exportwert stieg 2023 um 5 Prozent auf rund 62 Milliarden US$. Bezüglich des Handelsvolumens überholte Brasilien die USA und ist mittlerweile der weltweit größte Exporteur von verarbeiteten Nahrungsmitteln. In Bezug auf den Ausfuhrwert liegt Brasilien auf Rang 5. Fast die Hälfte der brasilianischen Exporte geht nach Asien. Bedeutende Absatzmärkte sind auch der Nahe Osten und die Europäische Union. 

    Als Weltmarktführer für zahlreiche Agrarrohstoffe ist Brasilien darauf bedacht, die Wertschöpfung im Land zu steigern und hochwertigere Nahrungsmittel zu exportieren. Beispielsweise investieren die Hersteller von löslichem Kaffee und steigern den Export von Jahr zu Jahr. Neue Impulse setzt der Trend zu Nachhaltigkeit entlang der gesamten Lieferkette. 

    Im Jahr 2023 verarbeitete Brasilien 60,9 Prozent seiner Agrarproduktion. Bei den Exporten liegt der Anteil verarbeiteter Agrargüter niedriger. Er ist zuletzt auch gesunken (2020: 47,6 Prozent; 2023: 44,2 Prozent), da die Exporte der Agrarwirtschaft deutlich stärker gewachsen sind als die der Nahrungsmittelindustrie. Andererseits bleibt somit immer noch sehr viel Raum für Wachstum. 

    Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie investiert 

    Laut Branchenverband ABIA investierten die Hersteller 2023 etwa 7,2 Milliarden US$. Das ist 52,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Besonders hohe Aufwendungen fließen in die Produktion für Export- und Premiummärkte.

    Brasiliens Fleischwirtschaft baut die Produktionskapazitäten kontinuierlich aus. Im März 2024 zertifizierten chinesische Behörden 38 zusätzliche Schlachthöfe. Damit sind nun 144 Betriebe für den Export nach China zugelassen. Unmittelbar darauf kündigte Großkonzern JBS an, die Kapazität im neu zugelassenen Betrieb in Campo Grande (Mato Grosso do Sul) zu verdoppeln. Anfang April 2024 prognostizierte die brasilianische Versorgungsbehörde Conab für 2024 einen Anstieg der Fleischproduktion um 4 Prozent auf 30,9 Millionen Tonnen.

    Ambev hielt seinen Anteil am wachsenden Biermarkt Brasiliens 2023 bei 61,3 Prozent. Heineken steigerte seinen Marktanteil auf 31,1 Prozent, während Petrópolis auf 7,5 Prozent zurückfiel. Bei Bier setzen die Produzenten in Brasilien überdurchschnittlich hohe Preissteigerungen durch. Entsprechend positiv blickt die niederländische Gruppe auf den weltweit größten Markt für die Marken Heineken und Amstel.

    Auswahl großer Lebensmittelkonzerne in BrasilienUmsatz in Millionen US-Dollar; Veränderung in Prozent
    Name Geschäftsfeld

    Umsatz 2022 1)

    Veränderung 2022/21 2)

    JBSRindfleisch, Schweinefleisch, Geflügel und Leder (Marken: Swift und Seara); Inlandsmarkt und Export

    72.646

    6,9

    MarfrigRindfleisch; Inlandsmarkt und Export

    25.316

    53,0

    Ambev (Tochter von AB InBev, Belgien)Bier und Erfrischungsgetränke

    15.447

    9,4

    BRF (Brasilien/USA)Rind- und Schweinefleisch sowie Geflügel (Marken: Sadia und Perdigão); Inlandsmarkt und Export

    10.427

    11,3

    Minerva FoodsRindfleisch; Inlandsmarkt und Export

    6.003

    14,9

    AuroraFleisch- und Molkereiprodukte, Tiefkühlkost

    3.955

    13,3

    Nestlé (Schweiz)Cerealien, Kaffee, Speiseeis, Süßwaren

    3.940

    17,8

    Coca-Cola Femsa Brasil (Mexiko)Erfrischungsgetränke

    3.182

    4,5

    CamilReis und Bohnen

    1.978

    13,2

    M. Dias BrancoNudeln und Kekse

    1.963

    29,6

    1 Umrechnung zum Jahresdurchschnittskurs 2022: 1 US$ = 5,16 R$; 2 bezogen auf den Umsatz in brasilianischen Reais (R$).Quelle: Ranking "Valor 1000" 2024

    Für den brasilianischen Markt produzieren bedeutende US-amerikanische Hersteller vor Ort darunter Pepsico, Kellogg's, General Mills, Heinz und Mondelēz International sowie europäische Firmen wie Nestlé, Unilever und Gomes da Costa (Tochter der spanischen Gruppe Calvo). Oft treten multinationale Hersteller über M&A-Transaktionen, Joint Ventures oder auch Vertriebskooperationen in den brasilianischen Markt ein.

    Weitere große brasilianische Nahrungsmittelhersteller sind Copacol, Grupo 3corações, Prima Foods (vormals: Mataboi Alimentos), Frimesa, FriGol und Pandurata Alimentos (Marken: Bauducco, Visconti und Tommy) sowie der Getränkekonzern Solar Bebidas.

    Bedeutende Branchenfirmen sind auch die multinationalen Agrartrader ADM, Bunge, Cofco und Louis Dreyfus sowie der brasilianische Konzern Amaggi. Diese halten sich jedoch bezüglich der Wertschöpfung in Brasilien zurück und konzentrieren sich auf den Export von Agrarrohstoffen.

    Konsolidierung in der Milchwirtschaft schreitet weiter voran

    Lactalis baut die Führung in der Milchindustrie aus. Die französische Unternehmensgruppe stieg erst 2014 in den brasilianischen Markt ein, betreibt heute aber bereits 21 Produktionsanlagen und verarbeitet pro Jahr etwa 2,5 Milliarden Liter Milch. Ende 2023 genehmigte die Wettbewerbsaufsicht Lactalis den Kauf des Unternehmens DPA Brasil (Dairy Partners America; Joint Venture von Nestlé und Fonterra). Mit der Integration der beiden Fabriken von DPA will Lactalis die Verarbeitung künftig auf rund 3,5 Milliarden Liter im Jahr steigern.

    Knappe Margen zwingen die Branche zu einer Konsolidierung. Laut Erhebung des Branchenverbands Abraleite steigerten 17 der größten Molkereien Brasiliens die Verarbeitung 2023 um 5 Prozent auf über 9 Milliarden Liter. Dagegen schrumpft die Zahl der Milchbauern. Billigimporte aus Argentinien und Uruguay sorgen für zusätzlichen Druck auf den Sektor, der 2024 nicht mit einer Erholung rechnet.

    Auswahl großer Molkereien in Brasilien 2023 *)In Millionen Litern, Veränderung in Prozent

    Molkerei (Marken)

    Verarbeitete Milch 2023

    Veränderung 2023/2022

    Laticínios Bela Vista (Piracanjuba)

    1.775,1

    13,3

    Unium (Frisia, Castrolanda und Capal)

    1.486,2

    14,1

    Nestlé

    1.048,2

    0,0

    CCPR - Cooperativa Central dos Produtores Rurais

    897,9

    -3,9

    Aurora

    504,4

    -4,9

    CCGL

    502,4

    7,4

    Laticínios Porto Alegre

    388,9

    13,9

    Jussara

    376,1

    0,2

    Cooperativa Santa Clara

    310,2

    8,0

    Tirolez

    273,2

    -6,3

    * Lactalis, Italac, Alvoar, Tirol, Vigor und DPA beteiligten sich nicht an dem Ranking von Abraleite.Quelle: Verband Abraleite 2024

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Rahmenbedingungen

    Brasiliens Steuerreform kommt der Ernährungswirtschaft zugute. Außerdem vereinfacht das Land die Verfahren im Außenhandel und beschleunigt die Zollabfertigung.

    Die Flutkatastrophe im Bundesstaat Rio Grande do Sul hat große Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion im Jahr 2024. Beispielsweise stammen 70 Prozent des brasilianischen Reisanbaus aus der Region. Durch die Überschwemmungen bestand die Gefahr, dass sich das Grundnahrungsmittel drastisch verteuert. Daher senkte die Regierung die Importsteuer auf Reis bis Ende 2024 auf Null. Daneben hat sie eine Reihe weiterer Maßnahmen zur Soforthilfe und zum Wiederaufbau beschlossen.

    Steuerreform begünstigt die Nahrungsmittelindustrie

    Brasilien reformiert sein Steuersystem. Die Umstellung erfolgt über einen Zeitraum von zehn Jahren. Detaillierte Regulierungen stehen noch aus. Fest steht, dass das neue System die Industrieproduktion und insbesondere den Export verarbeiteter Güter weniger stark belastet. Laut einer Studie der Bank Santander gehören die Landwirtschaft sowie die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie zu den Sektoren, die am meisten von der Reform profitieren. Dagegen werden auf alkoholische und zuckerhaltige Getränke in dem neuen System künftig Sondersteuern erhoben. Der Tarif Imposto Seletivo (IS) soll Produkte, die für die Gesundheit oder für die Umwelt schädlich sind, verteuern.

    Erleichterung von Verfahren

    Im Jahr 2018 vereinfachte und beschleunigte die Regierung das Verfahren für die Zollabfertigung. Nun steht eine weitere Reform an: Ab Oktober 2024 wird das alte System Siscomex nach und nach eingestellt. Die importierenden Unternehmen registrieren sich auf der Außenhandelsplattform Portal Único, über die zentral alle Schritte abgewickelt werden. Dadurch wird die Einfuhrzollabfertigung im Durchschnitt von bislang neun auf fünf Tage verkürzt. 

    Nahrungsmittelstandards und -zulassungen für den brasilianischen Markt obliegen der Gesundheitsaufsichtsbehörde Anvisa. Anvisa verschärfte die Regeln zur Auszeichnung von Nahrungsmitteln und Getränken. Ab 2023 gelten diese auch für Importe.

    Für den Import tierischer Produkte bedarf es einer Zulassung durch das Departamento de Inspeção de Produtos de Origem Animal des Landwirtschaftsministeriums MAPA. Dank der Digitalisierung des Verfahrens können die Einfuhrgenehmigungen schnell erteilt werden. Die Bearbeitung dauert durchschnittlich vier Tage. Aktuell sind 415 deutsche Hersteller für den Export tierischer Produkte nach Brasilien akkreditiert. 

    Zollsenkungen für Maschinen verlängert

    Für Kapitalgüter, die nicht in Brasilien hergestellt werden, können über das Sonderregime Ex-Tarifário vorübergehende Senkungen der Importzölle genehmigt werden. Anfang Mai 2023 verlängerte die Regierung die Herabsetzung der Importzölle auf 564 Maschinen bis Ende 2025.

    Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Brasilien

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen in São Paulo, Rio de Janeiro und Porto Alegre

    Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA)Ministerium für Land-, Viehwirtschaft und Versorgung
    Agência Nacional de Vigilância Sanitária (Anvisa)Gesundheitsaufsichtsbehörde

    Associação Brasileira da Indústria de Alimentos (ABIA)

    Verband der Nahrungsmittelindustrie
    Associação Brasileira da Indústria de Chocolates, Amendoim e Balas (ABICAB)Verband der Süßwarenindustrie
    Associação Brasileira das Indústrias de Refrigerantes e de Bebidas não Alcoólicas (ABIR)Verband der Hersteller von Erfrischungsgetränken und nicht-alkoholischen Getränken
    Associação Brasileira dos Produtores de Leite (ABRALEITE)Verband der Milchindustrie

    Revista Alimentos & Bebidas

    Fachzeitschrift und Portal der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie

    ANUGA Select Brazil

    Internationale Messe, 8. bis 10.4.2025, Distrito Anhembi in São Paulo
    Fispal TecnologiaTechnologiemesse der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie, São Paulo Expo

    Portal Alimentos Online

    Informationsportal zu Normen und Verfahren
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