E-Autos aus China drängen auf den Markt und steigern den Kfz-Import. Hohe Neuwagenpreise und neue Lösungen für die Mobilität verändern Nachfrage und Handel.
Chinesische Autohersteller sind in Brasilien auf dem Vormarsch. Im Dezember 2023 stieg BYD zum zehntgrößten Anbieter auf dem Pkw-Markt auf. Zusammen mit Great Wall Motors (GWM), JAC Motors und Chery (in Joint Venture mit dem brasilianischen Unternehmen Caoa) sorgte BYD 2023 für eine Verdreifachung der Kfz-Importe aus China. Damit überholte die Volksrepublik Mexiko und Deutschland und ist nach Argentinien das zweitwichtigste Kfz-Lieferland Brasiliens.
Ende 2023 verabschiedete die Regierung zwei Maßnahmen, die den Import von Elektromobilen künftig bremsen können:
- schrittweise Aufhebung der Vergünstigungen für E-Autos und Hybrid-Kfz bei der Importsteuer bis 2026 (nähere Informationen siehe Kapitel "E-Mobility")
- Verabschiedung des neuen Förderprogramms "Mover" mit verschiedenen Anreizen für die Produktion und Montage vor Ort (siehe "Branchenstruktur")
Doch den Vormarsch chinesischer Modelle dürften diese Maßnahmen kaum stoppen. Denn BYD und GWM investieren bereits in eigene Werke in Brasilien.
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größter Kfz-Markt weltweit ist Brasilien – nach China, den USA, Indien, Japan und Deutschland
Gute Absatzaussichten für 2024
Sinkende Zinsen und die Stabilisierung der Preise versprechen gute Aussichten für den Kfz-Markt 2024. So erwartet der Verband der Kfz-Händler Fenabrave , dass 12 Prozent mehr Pkw und leichte Nutzfahrzeuge verkauft werden als 2023. Der Verkauf von Lkw soll um 10 Prozent steigen. Ein noch höheres Wachstum prognostiziert der Verband beim Absatz von Bussen: Um 20 Prozent könnten die Verkäufe zulegen, denn aufgrund der hohen Flugpreise steigen die Brasilianer wieder auf Langstreckenbusse um. Der Herstellerverband Anfavea ist zurückhaltender und erwartet für 2024 ein Wachstum des Kfz-Markts von 6,1 Prozent.
Im Jahr 2023 entwickelte sich der Absatz von Kfz deutlich besser als erwartet. Trotz hoher Zinsen und des weiter hohen Preisniveaus für Kfz stiegen die Neuzulassungen um 9,7 Prozent. Dabei hatte Fenabrave ursprünglich mit einer Stagnation gerechnet. Von der Coronakrise hat sich der Markt noch nicht erholt. Mit 2,3 Millionen Neufahrzeugen lag der Kfz-Absatz 2023 rund 17 Prozent unter dem Niveau des Jahres 2019.
Die einzelnen Segmente entwickelten sich 2023 unterschiedlich. Während die Verkäufe von Pkw um 9,1 Prozent und die von leichten Nutzfahrzeugen um 20,4 Prozent stiegen, brach der Absatz von Lkw um 16,4 Prozent ein. Grund hierfür sind die Einführung der Abgasnorm Euro 6 Anfang 2023 und drastische Preissteigerungen.
Geländewagen dominieren
Sport Utility Vehicles (SUV) sind seit 2020 die beliebteste Fahrzeugklasse und beherrschen selbst das Luxussegment. Im Jahr 2023 kamen Geländewagen auf einen Marktanteil von 45 Prozent, gefolgt von kleinen Kombilimousinen mit Schrägheck (Hatchback) mit 28 Prozent. Das meistverkaufte Auto war erneut der Pickup Fiat Strada, vor dem VW Polo, GM Onix und Hyundai HB20.
Auf das Luxussegment entfallen in Brasilien weniger als 2 Prozent der Neuzulassungen von Pkw. Marktführer war 2023 erneut BMW – vor Volvo, Audi und Porsche. Mercedes-Benz musste Rückschläge hinnehmen und fiel hinter Landrover zurück auf den 6. Platz.
Die Neuzulassungen von Lkw entfielen 2023 jeweils zu 24 Prozent auf Mercedes-Benz do Brasil (Daimler Truck AG) und Volkswagen Caminhões e Ônibus (Traton Group), zu 20 Prozent auf Volvo und zu 16 Prozent auf Scania. Bei Bussen beherrscht Mercedes-Benz mit einem Anteil von zwei Dritteln den Markt.
Der Motorradmarkt boomt ungebrochen. Für 2023 registrierte Fenabrave einen Zuwachs um 16 Prozent auf circa 1,5 Millionen Neuzulassungen. Honda ist klarer Marktführer mit einem Anteil von über 72 Prozent, gefolgt von Yamaha mit 18 Prozent.
Neuzulassungen von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen nach Herstellern in Brasilien (Stückzahl; Marktanteil und Veränderung in Prozent)Hersteller | Absatz 2023 | Veränderung 2023/2022 | Marktanteil 2023 |
---|
Fiat | 475.517 | 10,5 | 21,8 |
Volkswagen | 344.995 | 28,2 | 15,8 |
General Motors | 328.020 | 12,6 | 15,1 |
Toyota | 192.276 | 0,5 | 8,8 |
Hyundai | 186.235 | -0,8 | 8,6 |
Jeep | 126.957 | -7,7 | 5,8 |
Renault | 126.269 | -0,4 | 5,8 |
Nissan | 72.548 | 35,2 | 3,3 |
Quelle: Fenabrave 2024
Brasilianer sind digitalaffin. Vernetzte Mobilität liegt im Trend. Über die Plattform OnStar sind etwa eine halbe Million Fahrzeuge vernetzt, so Marktführer Chevrolet. Bis 2030 dürfte sich die Zahl vernetzter Autos alljährlich verdoppeln, erwartet Stellantis. Die wichtigsten Trends sind Internetzugang per integriertem WLAN, Sicherheitstechnologien, Fahrzeugdiagnose-Funktionen und Notfallsysteme. Der Zugang zu verlässlichen Daten dürfte den Markt für Versicherungen beleben, der bislang nur 30 Prozent der Kfz schützt.
Im Bergbau und in der Landwirtschaft werden erste autonome Nutzfahrzeuge eingesetzt. Den Straßenverkehr in Brasilien dürfte autonomes Fahren jedoch erst in ferner Zukunft erreichen.
Gebrauchtwagen boomen
Hohe Neufahrzeugpreise, lange Lieferzeiten und der steuerlich begünstigte Direktverkauf stimulierten seit Ausbruch der Coronapandemie den Gebrauchtwagenhandel. Hinzu kommen die seit 2021 stark gestiegenen Zinsen, die die Kreditfinanzierung erheblich erschweren. Im Jahr 2023 wurden 14,4 Millionen gebrauchte Pkw und leichte Nutzfahrzeuge gehandelt. Besonders beliebt sind Kleinwagen wie VW Gol und Fiat Uno. Seit dem Jahr 2021 sinken die Gebrauchtwagenpreise wieder. Dennoch verlieren Fahrzeuge in Brasilien deutlich langsamer an Wert als in entwickelten Märkten.
Neue Mobilitätslösungen verändern den Kfz-Markt
In den Metropolen leisten sich immer weniger Haushalte ein eigenes Auto. Für den Fahrdienstvermittler Uber ist Brasilien der zweitgrößte Markt weltweit, nach den USA. Uber konkurriert mit der App 99 des chinesischen Anbieters Didi und der lokalen MobizapSP um die wachsende Nachfrage. Bei Langstrecken steht seit Ende 2021 das deutsche Start-up Flixbus im Wettbewerb mit den brasilianischen Plattformen Buser, Wemobi, ClickBus und Quero Passagem.
Die neuen Geschäftsmodelle stärken den Kfz-Verleih. Die Zahl der Mietautos stieg 2023 auf 1,56 Millionen. Localiza, Unidas, Movida und kleinere der etwa 17.000 Autovermietungen verhandeln Preisabschläge und erwerben Kfz direkt von den Herstellern. Das lohnt sich, zumal beim Direktkauf Steuervorteile bestehen. Mittlerweile erfolgt die Hälfte des Kfz-Vertriebs in Brasilien über den Direktverkauf. Mit den rückläufigen Preisen am Gebrauchtwagenmarkt stabilisiert sich der Trend allmählich. Dafür kommen nun Abo-Modelle auf. Der Kfz-Verleih abonniert bereits 10 Prozent seines Fuhrparks.
Von Gloria Rose
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São Paulo