Wirtschaftsumfeld | Israel | Außenhandel
Der Krieg beeinflusst Israels Außenhandel kaum
Für die kommenden Jahre spricht vieles dafür, dass vor allem die Nachfrage nach Investitionsgütern in Israel steigen wird. Davon dürften auch deutsche Exporteure profitieren.
10.02.2025
Von Wladimir Struminski | Jerusalem
Der Außenhandel Israels entwickelte sich im Jahr 2024 trotz des Krieges und der damit verbundenen Risiken stabil. Die Warenimporte gingen im Vergleich zum Vorjahr nur um 0,1 Prozent zurück. Die Exporte sanken um 4,5 Prozent auf 60,5 Milliarden US-Dollar. Insgesamt nahm der Außenhandel damit um 1,9 Prozent ab.
Einfuhr von Konsumgütern steigt
Allerdings gab es bei den Warenströmen deutliche Veränderungen. Auf der einen Seite setzte sich 2024 der Rückgang der Treibstoffimporte fort. Sie werden zunehmend durch einheimisches Erdgas und Energie aus Fotovoltaik ersetzt. Auf der anderen Seite stieg die Einfuhr von Konsumgütern um 11,8 Prozent und konnte den Vorjahresrückgang vollständig ausgleichen. Grund dafür war nicht zuletzt die kriegsbedingt stark zurückgegangene Zahl der Auslandsreisen von Israelis. Dadurch konzentrierte sich ein höherer Anteil der Konsumnachfrage auf das Einkaufen im Inland.
Die Einfuhr von Investitionsgütern gab 2024 um 2,8 Prozent nach und damit gemäßigter als im Vorjahr. Die Importe von Rohstoffen konnten sich mit einem Plus von 1,4 nur in geringem Maß vom Vorjahresrückgang erholen.
Für 2025 und 2026 erwarten Analysten eine positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung, was die Aussichten für ausländische Exporteure verbessert. Die Bank von Israel (Zentralbank) geht für 2025 und 2026 von einem realen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 4 beziehungsweise 4,5 Prozent aus. Diese Prognose beruht auf der Annahme, dass die direkten Auswirkungen des Krieges auf die Wirtschaft nur bis Ende des 1. Quartals 2025 anhalten. Seit dem 19. Januar 2025 ist eine Waffenruhe in Kraft.
Deutschland bleibt drittwichtigster Lieferant
Die drei führenden Lieferländer Israels blieben 2024 China, die USA und Deutschland. China konnte seinen Vorsprung vor den USA ausbauen und einen Marktanteil von 14,7 Prozent gegenüber 12,3 Prozent im Vorjahr erzielen. Der deutsche Marktanteil blieb bei etwa 7 Prozent relativ konstant.
Land | Einfuhr | Veränderung zum Vorjahr |
---|---|---|
China | 13,5 | 19,8 |
USA | 9,2 | 1,6 |
Deutschland | 6,4 | -1,8 |
Schweiz | 4,6 | -7,1 |
Niederlande | 3,8 | -19,2 |
Der starke Anstieg der Warenbezüge aus China ging auf kräftiges Wachstum der Lieferungen von Maschinen und Ausrüstungen, Textilerzeugnissen, Kfz und Kunststoffprodukten zurück. Somit dürfte China von dem veränderten Kaufverhalten, teilweise aber auch von gesunkenen Lieferungen aus der Türkei profitiert haben.
Denn eine bedeutende Änderung in den Außenhandelsbeziehungen Israels war der Einbruch des Handels zwischen Israel und der Türkei. Letztere verkündete Anfang Mai 2024 aus Protest gegen das israelische Vorgehen in Gaza ein Handelsembargo. Im Gesamtjahresergebnis gingen die israelischen Importe aus der Türkei laut der israelischen Außenhandelsstatistik 2024 um 56,2 Prozent auf 2 Milliarden US$ zurück. Die Ausfuhr Israels in die Türkei brach um 61,5 Prozent auf 599 Millionen US$ ein. Etwa ein Drittel der Lieferungen aus der Türkei entfiel auf Metallwaren. Weitere wichtige Positionen waren Maschinen und Ausrüstungen sowie Kunststofferzeugnisse. Im Januar 2025 erklärte Nail Olpak, Präsident des türkischen Rats für Außenwirtschaftsbeziehungen (DEİK), die Türkei könnte den Handel mit Israel wieder aufnehmen, wenn der Waffenstillstand im Gazastreifen sich als dauerhaft erweise.
Zentralbank erwartet deutlich steigende Investitionen
Die israelischen Bezüge deutscher Waren lagen 2024 um 1,8 Prozent unter dem Vorjahresstand. Besonders stark betroffen waren die Importe deutscher Maschinen und Ausrüstungen, nicht zuletzt wegen eines ausgeprägten Rückgangs der israelischen Bruttoanlageinvestitionen. Die Importe deutscher Beförderungsmittel gingen ebenfalls leicht zurück. Der Trend zur Elektromobilität stärkt die Marktposition chinesischer Automarken auch in Israel. Gestiegen ist dagegen die Einfuhr von Chemieprodukten aus Deutschland.
Warenkategorie | 2024 | 2024/2023 in % | Deutscher Marktanteil 2024 in % |
---|---|---|---|
Gesamteinfuhr aus Deutschland | 6.399 | -1,8 | 7,0 |
Maschinenbau, Elektroindustrie und Aufzeichnungsgeräte | 2.060 | -9,9 | 9,3 |
Beförderungsmittel | 1.430 | -2,6 | 13,5 |
Erzeugnisse der Chemieindustrie | 870 | 6,4 | 9,5 |
Optik, Mess- und Regel-, Medizintechnik | 597 | 13,4 | 15,3 |
Kunststoff- und Kautschukprodukte | 380 | 4,7 | 10,1 |
Für Deutschland, das in großem Umfang Investitionsgüter nach Israel liefert, wäre die erwartete Expansion der Bruttoanlageinvestitionen von besonderer Bedeutung. Diese, so die die Prognose der Zentralbank vom Januar 2025, werden 2025 um 8 Prozent und 2026 um 15 Prozent wachsen. Der Privatverbrauch soll laut der Prognose in diesen beiden Jahren mit 7,5 Prozent beziehungsweise 5,5 Prozent ebenfalls deutlich steigen.
Importreform bringt neue Impulse für deutsche Unternehmen
Die Deutsch-Israelische Industrie- und Handelskammer (AHK Israel) erwartet, dass die Anbahnung von Geschäftskontakten deutscher Firmen mit israelischen Partnern neue Impulse erhält. Nach Feststellung von Kammergeschäftsführer Michel Weinberg haben zahlreiche deutsche Firmen ihr grundsätzliches Interesse am israelischen Markt während des Krieges nicht in die Tat umgesetzt. Das habe an der durch den Konflikt verursachten Unsicherheit gelegen, die auch in der Reisewarnung des Auswärtigen Amtes ihren Ausdruck gefunden habe.
"Viele Unternehmen", so Weinberg gegenüber Germany Trade and Invest, "haben uns gegenüber erklärt, bei Wegfall der Reisewarnung nach Israel zu kommen." Nach Einschätzung der Kammer macht auch die Anfang 2025 in Kraft getretene Importreform den israelischen Markt für viele deutsche Exporteure, die bisher nicht im Land präsent sind, attraktiv. Im Rahmen der Reform übernimmt Israel eine Reihe von EU-Direktiven für die Marktzulassung von Produkten. Dadurch entfällt für die betroffenen Waren die Notwendigkeit, die Konformität mit israelischen Normen nachzuweisen.
Für die Marktzulassung genügt es in diesen Fällen, wenn die Produkte den relevanten EU-Regelungen entsprechen. Dadurch, so Weinberg, dürfte die Zahl deutscher Unternehmen, die den Eintritt in den israelischen Markt prüfen, steigen. Ebenso werde die Palette deutscher Produkte, die nach Israel exportiert werden, voraussichtlich breiter.
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