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Wirtschaftsausblick | Kenia

Kenia leidet unter der Steuerlast

Hohe Staatsschulden bremsen Kenias Konjunktur und sorgen für hohe Belastungen. Das geplante Haushaltspaket wird nicht verabschiedet.  

Von Carsten Ehlers | Nairobi

Top Thema: Das geplante Budget 2024/25 wird erst einmal nicht verabschiedet

Das umstrittene Haushaltspaket der kenianischen Regierung für das Haushaltsjahr 2024/25 wird aufgrund der jüngsten heftigen Proteste von Präsident William Ruto nicht verabschiedet. Beobachter rechnen mit einem neuen niedrigeren Paket, indem auch umstrittene Steuern nicht eingeführt werden sollen.  

In dem bisherigen Budget wurden weitere Steuern und Steuererhöhungen angekündigt, unter anderem für Brot, Mobilfunkguthaben und Autos. Diese Pläne führten letztlich zu den heftigen Protesten mit mehreren Todesfällen am 25. Juni 2024. Ruto versucht auch auf Druck des IWF, die Staatseinnahmen zu erhöhen, um die hohe Staatsverschuldung zu reduzieren.  

Die Schulden wurden größtenteils unter der Vorgängerregierung angehäuft, als unter anderem hochverzinsliche Kredite aus China für größere Infrastrukturprojekte aufgenommen wurden. Anfang des Jahres 2024 kamen Befürchtungen einer Illiquidität des Landes auf, weil im Juni 2024 ein zwei Milliarden teurer Eurobond fällig wurde. Zeit erkaufte sich die Regierung im Februar 2024 durch die Ausgabe eines neuen Eurobonds über 1,5 Milliarden US-Dollar (US$). Auch der IWF stellte Gelder in Höhe von etwa 970 Millionen US-Dollar in Aussicht, die jedoch an Reformen gebunden sind. Die Liquidität Kenias ist damit vorerst gesichert.

Wirtschaftsentwicklung bleibt durchwachsen

Die Weltbank prognostiziert für Kenia im Jahr 2024 ein reales Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 5,2 Prozent. Economist Intelligence Unit (EIU) rechnet mit einem Plus von 5 Prozent und die kenianische Regierung mit 5,5 Prozent. Diese Prognosen sind für ein Land mit einer überwiegend armen Bevölkerung sowie hohem Bevölkerungswachstum als mäßig einzustufen.

Positiv dürften sich die ausgiebigen Regenfälle vpm 1. Halbjahr 2024 auswirken, die für eine gute Ernte sorgen sollten. Der Agrarsektor macht etwa ein Viertel der kenianischen Wirtschaftskraft aus. Andererseits führten die Regenfälle auch zu Überflutungen und richteten in den Städten große Schäden an.

Belastend für die privaten Haushalte sind die weiterhin hohe Abgabenlast an den Staat sowie die hohen Lebenshaltungskosten. Weil in den letzten Jahren die realen Löhne kaum gestiegen sind, bleibt für die arbeitende Bevölkerung immer weniger übrig. Immerhin kann die Zentralbank die Inflation unter Kontrolle halten. Sie lag letzten Daten zufolge im Mai 2024 bei 5,1 Prozent. 

Die erneute Erhöhung des Leitzinses auf 13 Prozent im Februar 2024 dürfte dazu beigetragen haben, verteuert aber auch die Kredite. Laut Pressemeldungen ist die private Kreditaufnahme so gering wie seit Jahren nicht mehr. Unternehmen tendieren dazu, Investitionen zu verschieben.

Auslandsinvestoren verhalten sich aufgrund des schwierigen Umfelds seit Jahren zurückhaltend. Trotz des großen Wachstumspotenzials in vielen Branchen dürfte die Zurückhaltung weiter anhalten. Im Jahr 2023 erreichten die ausländischen Direktinvestitionen nach Angaben des UNCTAD World Investment Reports 2024 rund 1,5 Milliarden US$. Kenia liegt damit hinter Äthiopien und Uganda nur auf Platz 3 in Ostafrika.

Mit Erleichterung hat der Finanzmarkt auf die Aufnahme des neuen Eurobonds im Februar 2024 reagiert. Diesen flankieren die finanzielle Unterstützung des IWF und der Weltbank. Seitdem hat der Kenianische Schilling (KES) zum Euro um etwa 20 Prozent aufgewertet, nachdem er im Vorjahr rund 30 Prozent seines Wertes eingebüßt hatte. Der stärkere KES führt zu günstigeren Importen.

Die Aufwertung verteuert dagegen Kenias Exporte, sodass unter anderem der Absatz von Schnittblumen, Kaffee und Tee darunter leiden dürfte. Auch wird Kenia als Tourismusziel deutlich teurer. Hinzu kommen steigende Gebühren für den Eintritt in die Nationalparks. Die Touristenzahlen sind seit der Pandemie deutlich gestiegen, die Einnahmen stellen eine wichtige Devisenquelle dar. Gleichwohl sehen Branchenkenner inzwischen ein Kostenniveau für Reisen nach Kenia erreicht, das die Kundschaft abschrecken könnte.

Die Unsicherheit im Roten Meer belastet den Warenhandel weiterhin. Aufgrund der dortigen Attacken auf Schiffe der aus Jemen operierenden Huthi-Miliz meiden die meisten Frachtlinien weiterhin den Suezkanal und nehmen stattdessen den Umweg vorbei an Südafrika. Die Frachtkosten bleiben daher hoch. Für Lieferungen aus Deutschland nach Mombasa muss darüber hinaus deutlich mehr Zeit eingeplant werden.

GTAI-Informationen zu Kenia

Deutsche Perspektive: Asiatische Billigkonkurrenz limitiert den Markt

Die deutschen Exporte erreichten im Jahr 2023 laut dem Statistischen Bundesamt etwa 289,1 Millionen Euro. Damit war das ostafrikanische Land innerhalb Subsahara-Afrikas erneut einer der wichtigsten Absatzmärkte für deutsche Unternehmen. Gleichwohl stagnieren die Lieferungen wertmäßig seit Jahren.  

Deutsche Zulieferer müssen sich in Kenia aufgrund der Dominanz asiatischer Billigprodukte auf die zahlungskräftige Nische konzentrieren. Das sind zum Beispiel Multinationals in der Nahrungsmittelindustrie (Nahrungsmittelmaschinen, Chemikalien), Exportfarmen von Blumen (Agrochemie, Saatgut, Dünger), von westlichen Gebern finanzierte Infrastrukturprojekte (Ingenieurconsulting, Baumaschinen, Baustoffe etc.) oder Privatkliniken (Medizintechnik, Pharmazeutika). Der restliche Markt birgt durchaus Potenzial, bedarf aber einer intensiven und zeitaufwändigen Marktbearbeitung.

Standortvorteil für Exporteure ist Kenias Funktion als regionaler Hub. Viele deutsche Unternehmen betreiben in Nairobi Ostafrika-Vertriebsniederlassungen, von denen aus der Verkauf in der Region gesteuert wird. Besonders in Tansania, aber auch in Uganda und im kleinen Ruanda nimmt das Geschäft aktuell zu.

Die deutschen Unternehmen sehen weiterhin das große Potenzial des Marktes. Allerdings sind die Bedingungen derzeit schwierig, auch weil der Staat die Abgaben zuletzt drastisch erhöht hat und das teilweise unerwartet und kurzfristig. Irgendwann kommt für die Unternehmen der Punkt, an dem sich das Geschäft nicht mehr lohnt und sie sich nach anderen Optionen umschauen.

Maren Diale-Schellschmidt Delegierte der Deutschen Wirtschaft für Ostafrika

GTAI-Wirtschaftsausblick zu Ostafrika

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