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Nahrungsmittel: In Lateinamerika sind Frischwaren beliebt
Lateinamerika versorgt die Welt mit Obst, Fleisch und Getreide. Deutsche Anbieter von Maschinen für den Nahrungsmittel- und Getränkesektor eröffnen neue Niederlassungen vor Ort. (Stand: 18.10.2024)
Von Edwin Schuh, Gloria Rose | Mexiko-Stadt, São Paulo
Mit rund 670 Millionen Einwohnern und einer wachsenden Mittelschicht ist Lateinamerika ein wichtiger Markt für Nahrungsmittel. Neben der Versorgung der lokalen Bevölkerung spielt der Export von Lebensmitteln eine bedeutende Rolle. So ist Mexiko inzwischen der größte Bierexporteur weltweit – die Marke Modelo Especial schaffte es 2023 sogar, Bud Light als meistverkauftes Bier der USA zu entthronen.
Märkte sind unterschiedlich weit entwickelt
Lateinamerikaner konsumieren weniger industrielle Lebensmittel als US-Amerikaner oder Europäer. Frisch zubereitete Mahlzeiten genießen einen hohen Stellenwert. Den höchsten Anteil an hochverarbeiteten Nahrungsmitteln nehmen Menschen im US-amerikanisch geprägten Mexiko und im vergleichsweise wohlhabenden Chile zu sich.
Verpackungslösungen für frische Nahrungsmittel zeigen den unterschiedlichen Entwicklungsstand der Märkte. Chilenen und Mexikaner nutzen ausgiebig portionierte Frischhalteverpackungen. Argentinien verfügt über viele Qualitätsprodukte von Wurst und Käse. Dafür ist Kolumbien bei Fisch weiter. Im gigantischen Inlandsmarkt Brasiliens überwiegen günstige Massenwaren in Großverpackungen. Außerhalb der großen Metropolen wird Fleisch oft noch an der Fleischtheke im örtlichen Supermarkt geschnitten und nicht in portionierten Verpackungen verkauft.
Internationale Konzerne investieren
Multinationale Firmen wie Kraft Heinz, PepsiCo, Nestlé, Unilever, General Mill's und Danone dominieren in Lateinamerika die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie. Diese kapitalstarken Konzerne treiben die Automatisierung und Digitalisierung ihrer Produktion an. Lokale Hersteller machen den Konzernen teilweise Konkurrenz, gerade in den größeren Märkten der Region. Dazu gehören etwa die Hersteller von Molkereiprodukten Grupo Lala (Mexiko), Alpina (Kolumbien) oder Leche Gloria (Peru).
Der Schweizer Nestlé-Konzern investiert derzeit rund 1,2 Milliarden US-Dollar (US$) in Brasilien. Das Vorhaben umfasst neue Produktionslinien für Schokolade und Gebäck in den Bundesstaaten São Paulo und Espírito Santo, eine Steigerung der Produktion von Premiumkaffee, eine neue Fabrik für Tiernahrung (Santa Catarina) sowie allgemeine Investitionen in Industrie-4.0-Lösungen.
In Mexiko investieren aktuell vor allem die Bier- und Tequilaproduzenten, angetrieben von einer starken Nachfrage aus den USA. Constellation Brands gibt 1,3 Milliarden US$ für den Bau einer neuen Brauerei in der südöstlichen Hafenstadt Veracruz aus. Ab Ende 2025 soll die Brauerei die Ostküste der USA per Schiff mit Bier der Marken Modelo und Corona versorgen.
Auch Heineken investiert im Süden Mexikos: Ende 2023 kündigte das Unternehmen den Bau einer Brauerei im Bundesstaat Yucatán für umgerechnet 520 Millionen US$ an. Der britische Spirituosenhersteller Diageo gibt derzeit 500 Millionen US$ für den Ausbau der Tequila-Produktion im Bundesstaat Jalisco aus.
Deutsche Maschinenbauer expandieren in der Region
Mexiko gehört zu den zehn größten Exportmärkten weltweit für deutsche Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen mit Lieferungen im Wert von 247,5 Millionen US$ im Jahr 2023. Das größere Brasilien steht im regionalen Vergleich an zweiter Stelle (137 Millionen US$). Ein Grund dafür ist die stärkere Abschottung des brasilianischen Inlandsmarktes, weshalb Maschinenbauer wie Optima, Multivac oder Krones lokal produzieren. Aufgrund hoher Logistikkosten und der geringen Wettbewerbsfähigkeit der brasilianischen Industrie lohnen sich Lieferungen an die Nachbarländer aber kaum.
Anfang 2024 eröffnete der deutsche Weltmarktführer für Maschinen zur Geflügelverarbeitung BAADER eine Vertriebsniederlassung im zentralmexikanischen Querétaro. Von dort aus soll die gesamte Region Lateinamerika ohne Brasilien abgedeckt und auch mit Ersatzteilen beliefert werden, so das Unternehmen. Der Anbieter von Kontrollwaagen für die industrielle Produktion von Lebensmitteln Wipotec ließ sich kürzlich ebenfalls in Mexiko nieder.
Die Unternehmen Handtmann und Weber Food Technology eröffneten zuletzt Niederlassungen in Kolumbien. "Die neue Filiale in Kolumbien ist ein weiterer Schritt unserer Expansion in Lateinamerika, neben bereits existierenden Standorten in Mexiko und Chile", so Daniel Frank, Vertriebsleiter von Weber in einer Pressemitteilung.
Unternehmen | Geschäftsfeld | Umsatz 2022 |
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JBS (Brasilien) | Rindfleisch, Schweinefleisch, Geflügel und Leder | 72,6 |
Marfrig (Brasilien) | Rindfleisch | 25,3 |
Grupo Bimbo (Mexiko) | Backwaren | 19,8 |
Ambev (Brasilien; Tochter von AB InBev) | Bier und Erfrischungsgetränke | 15,4 |
Coca-Cola FEMSA (Mexiko) | Erfrischungsgetränke | 11,3 |
BRF (Brasilien) | Verarbeitete Lebensmittel, insbesondere Fleisch, Wurst, Fertiggerichte | 10,4 |
Arca Continental (Mexiko) | Getränke und Snacks | 10,3 |
Sigma Alimentos (Mexiko) | Gekühlte Lebensmittel | 7,4 |
Leche Gloria (Peru) | Milchprodukte | 5,2 |
Grupo Nutresa (Kolumbien) | Verarbeitete Lebensmittel, insbesondere Kekse, Pralinen, Kaffee, Eiscreme, Teigwaren | 4,2 |
Alicorp (Peru) | Verarbeitete Lebensmittel, insbesondere Speiseöl, Kekse, Teigwaren | 4,1 |
Arcor (Argentinien) | Verarbeitete Lebensmittel, insbesondere Süßigkeiten, Schokolade, Kekse, Eiscreme | 3,5 |
Risiken in den Lieferketten müssen berücksichtigt werden
Ob Fleisch aus Brasilien, Kaffee aus Kolumbien oder Avocados aus Mexiko – Lateinamerika ist ein wichtiger Lieferant Deutschlands von Nahrungsmitteln. Bislang exportiert die Agrarwirtschaft hauptsächlich Rohwaren. Deutsche Abnehmer müssen im Zuge des neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) verstärkt menschenrechtliche Risiken berücksichtigen. Hier besteht in Lateinamerika das Risiko potenzieller Verstöße: Dazu gehören etwa unrechtmäßige Kinderarbeit in der mexikanischen Landwirtschaft, die Ausbeutung von Migranten bei der Kaffeeernte in Kolumbien oder eine hohe Informalität im brasilianischen Agrarsektor.
Absatzmarkt für deutsche Spezialitäten
Weniger als 1 Prozent der deutschen Branchenexporte werden nach Lateinamerika versandt – meist Schokolade, Süßwaren, Wurst- und Käsewaren, Bier und Müsli. In der Regel handelt es sich um hochwertige Produkte für Haushalte in oberen Einkommensschichten. Zur Erschließung der Märkte fertigen deutsche Hersteller vereinzelt auch vor Ort. Die Oetker-Gruppe produziert in Brasilien und Mexiko unter anderem Götterspeise. Auch Haribo, Ehrmann und Melitta verfügen über Werke in Brasilien.
In vielen Ländern der Region verschärfen die Gesundheitsbehörden die Richtlinien zum Gehalt von Zucker, Fetten und Natrium. Damit sollen die öffentlichen Gesundheitsausgaben geschont werden. Nach Mexiko überholten zuletzt Brasilien, Argentinien, Chile, Uruguay und Kolumbien die Vorgaben zur Etikettierung. Branchenexperten zufolge gewöhnen sich die Kunden jedoch schnell an die Kennzeichnung und der Konsum der betroffenen Lebensmittel sinkt kaum.
Kontaktadresse | Anmerkungen |
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Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft | |
Expo ANTAD & Alimentaria | Internationale Messe, März 2025 in Guadalajara (Mexiko) |
Internationale Messe, 08. bis 10.04.2025 in São Paulo (Brasilien) | |
Expoalimentaria | Internationale Messe, 25. bis 27.09.2024 in Lima (Peru) |
Verband der Nahrungsmittelindustrie in Brasilien | |
Chilealimentos | Verband der Nahrungsmittelindustrie in Chile |
Asociacion Nacional de Tiendas de Autoservicio y Departamentales (ANTAD) | Mexikanischer Einzelhandelsverband |
Cámara de la Industria de Alimentos | Verband der Nahrungsmittelindustrie in Kolumbien |
Asociación Nacional de Fabricantes de Alimentos y Bebidas (ANFAB) | Verband der Nahrungsmittelindustrie in Ecuador |