Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | USA | Elektromobilität

US-Kunden fragen mehr Hybridautos nach

Die Nachfrage nach E-Autos in den USA stockt. Die Autobauer stellen sich auf das geänderte Kaufverhalten ein. Die Emissions- und Verbrauchsvorgaben für Neuwagen wurden gesenkt.

Von Emilio Brahmst | Bonn

Der Verkauf von Elektrofahrzeugen in den USA wächst nicht so schnell wie erhofft. Im 1. Quartal 2024 lag der Marktanteil von rein elektrischen Neufahrzeugen (Battery Electric Vehicle, BEV) nur bei 7,3 Prozent, genau so hoch wie noch vor einem Jahr. Auch in absoluten Zahlen haben sich die Verkäufe von Elektrofahrzeugen in den vergangenen zwölf Monaten kaum geändert.

Stattdessen verzeichnen Hybrid- (Hybrid Electric Vehicle, HEV) und Plug-in-Hybridfahrzeuge (PHEV) die höchsten Wachstumsraten mit 37 beziehungsweise 13 Prozent.

Marktchancen für Hybridantriebe

Die Industrie stellt sich auf die steigende Nachfrage nach Hybridfahrzeugen ein. So erklärte VW-Chef Oliver Blume jüngst auf einer Pressekonferenz, sein Unternehmen sei flexibel genug, um auf Veränderungen in verschiedenen Märkten zu reagieren. Das bedeutet, dass zukünftig auch Hybride in den USA gefertigt werden könnten, wie etwa der kürzlich in Europa eingeführte Tiguan Plug-in-Hybrid. Bislang bietet Volkswagen in den USA keine Autos mit Hybridantrieben an.

Ford ist da schon weiter. Nach einem deutlichen Nachfrageanstieg nach der Hybridversion des Kompakt-SUV Maverick wurde in der Produktion eine dritte Schicht hinzugefügt. Mittlerweile verkauft der US-Autobauer dieses Modell zu 50 Prozent als Hybridfahrzeug - und es könnten, nach Aussagen der Händler, sogar noch mehr abgesetzt werden. Motiviert durch diese Entwicklung erwartet Ford auch einen erhöhten Bedarf an Hybridversionen großer Pickups und SUVs. Selbst für das marktführende Modell F-150 wird der Anteil der hybriden Version demnächst auf 20 Prozent verdoppelt.

Von dieser Entwicklung profitieren auch deutsche Zulieferer. Gemäß dem US-Sender CNBC plant Continental den Bau eines neuen Werks in Dover, Ohio, um Fords Pläne zu unterstützen. Auch Schaeffler stellt sich darauf ein, mehr Komponenten für Hybridfahrzeuge im Heavy Duty-Bereich zu produzieren.

Was die Kunden bewegt

Mit der wachsenden Beliebtheit von Fahrzeugen mit Hybridantrieb gerät das Ziel der Regierung in Washington in Gefahr, dass ab 2030 die Hälfte der verkauften Fahrzeuge "emissionsfrei" sein sollen. Analysten betonen, dass die Kunden immer noch verschiedene Nachteile in der Elektromobilität sehen. Hierzu zählen der hohe Preis von E-Autos, unzureichende Ladeinfrastruktur und geringere Reichweiten. Mittelfristig ist aber davon auszugehen, dass sich diese Aspekte verbessern.

Hinzu kommt, dass 40 Prozent der Käufer von Elektrofahrzeugen sagen, dass sie sich künftig für ein konventionelles Fahrzeug entscheiden würden. Das hat eine Studie von McKinsey im Juni 2024 ergeben. Die Sorge der Autobauer ist, dass das Interesse der Kunden an reinen Elektrofahrzeugen nachlässt, während sie viel Geld in den Aufbau der Infrastruktur investieren.

Aktivitäten zur Verkaufsförderung

Die Preise für neue Elektrofahrzeuge sinken bereits. Im April 2024 kostete ein E-Auto im Schnitt circa 55.200 US-Dollar (US$), melden die Marktforscher von Kelley Blue Book. Das ist 21 Prozent weniger als noch vor einem Jahr. Die Kostenparität zwischen Verbrenner und E-Auto rückt damit immer näher. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Transaktionspreis für alle Fahrzeuge lag im April 2024 bei etwa 48.500 US$.

Gleichzeitig gelten seit Anfang 2024 neue Kaufanreize. Maximal 7.500 US$ Rabatt erhalten Käufer von Elektrofahrzeugen. Das gilt derzeit aber nur für zwölf Modelle, dürfte jedoch bald deutlich steigen, sobald mehr Autos den für die Förderung notwendigen Anteil an "local content" erfüllen. Zu beachten ist jedoch, dass es auch künftig Unterschiede in der Funktionalität geben wird und dass Elektrofahrzeuge noch nicht in allen Preissegmenten in gleicher Vielfalt verfügbar sind.

Um die sogenannte "Reichweitenangst" (range anxiety) zu mindern, versuchen Hersteller, die Batterien zu optimieren. Dieser Prozess schreitet aber derzeit relativ langsam voran. So hat sich die mittlere Reichweite von Elektrofahrzeugen in den vergangenen zwei Jahren nur um 15 Prozent erhöht.

Gleichzeitig kommt der Ausbau der Ladeinfrastruktur voran. Hierzu trägt der 2022 verabschiedete Inflation Reduction Act bei. Dieser sieht einen Ausbau der Zahl der Ladesäulen auf 500.000 bis 2030 vor – eine deutliche Steigerung gegenüber der Ausgangszahl von 175.000. Positiv ist auch, dass sich zuletzt einige Konkurrenten mit Tesla geeinigt haben, ihren Kunden Zugang zum Tesla-Netzwerk zu ermöglichen. Damit erhalten diese auf einen Schlag deutlich mehr Ladeoptionen, denn Tesla ist der Anbieter mit den mit Abstand meisten Schnellladestationen im Land.

Die Regularien werden angepasst

Die Regierung in Washington ist sich bewusst, dass die E-Mobilität langsamer vorankommt als ursprünglich gedacht. Die von der Umweltschutzbehörde EPA im März 2024 veröffentlichten Emissionsrichtlinien für leichte Neufahrzeuge der Modelljahre 2027-32 beinhalten deshalb niedrigere Zielwerte als zuvor vorgeschlagen. Der Grund hierfür dürfte an dem Einfluss der Industrie und der politischen Situation im Wahljahr liegen. Insgesamt sollen die durchschnittlichen CO2-Emissionen innerhalb dieses Zeitraums um 50 Prozent auf 85 Gramm pro Meile (53 Gramm pro Kilometer) reduziert werden. Durch welche Antriebe oder Technologien dies erreicht wird, bleibt den Automobilfirmen überlassen.

Zuletzt hatte die US-Bundesbehörde für Straßen- und Fahrzeugsicherheit auch finale Richtlinien für den durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch für Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge der Modelljahre 2027-31 veröffentlicht. Demnach müssen die im Jahr 2031 verkauften Fahrzeuge eines Herstellers im Durchschnitt eine Fahrstrecke von mindestens 50,4 Meilen pro Gallone (circa 4,7 Liter pro 100 Kilometer) erreichen. Das ist ein geringerer Wert, als noch im Juli 2023 vorgeschlagen.

Die Branche geht davon aus, dass die genannten Ziele der Behörden und Regierung miteinander kongruent sind. Ob sie aber auch erreichbar sind, hängt von vielen Faktoren ab. Nicht zuletzt die Kunden werden mitentscheiden, wie schnell sich die angestrebten Lösungen durchsetzen.

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.