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E-Mobility
Polens staatlicher Umweltfonds unterstützt den Elektrofahrzeug-Markt mit Kauf-Prämien. Von strengen Quoten bei den Fahrzeugflotten nimmt das Klimaministerium hingegen Abstand.
14.03.2025
Von Christopher Fuß | Warschau
Elektro-Pkw erwiesen sich in Polen 2024 als Ladenhüter. Zum ersten Mal verkauften die Autohersteller weniger Fahrzeuge als im Vorjahr. Die Absatzzahlen lagen um 3 Prozent unter dem Vorjahreswert. Elektromobilität steckt in der Nische fest. Nur 3 Prozent aller neu verkauften Pkw hatten 2024 einen reinen Batterieantrieb. Der EU-Durchschnittswert liegt viermal so hoch.
Laut Umfragen der Marktforschungsagentur Arval schrecken die hohen Anschaffungskosten von E-Fahrzeugen viele Käufer ab. Zu dieser These passt, dass 2024 ein Prämienprogramm endete. Kunden erhielten einen Zuschuss beim Kauf von neuen Elektroautos. Unternehmen nutzten die Subvention, um Leasingverträge zu bezahlen.
Immerhin: Der staatliche Umweltfonds NFOŚiGW startete im Februar 2025 eine neue Prämie. Privatpersonen und Gewerbetreibende erhalten beim Kauf eines neuen Elektro-Pkw bis zu 9.500 Euro. Firmen gehen leer aus, denn für sie gilt die Förderung nicht. Mobilitätsverbände kritisieren diese Einschränkung. Unternehmen gelten schließlich als die größte Kundengruppe für Neuwagen.
Konkurrenz aus Fernost
Trotzdem könnte die neue Prämie ein Grund dafür sein, warum sich der E-Pkw-Markt zum Jahresauftakt erholt. Zwischen Januar und Februar 2025 stiegen die Neuanmeldungen von batteriebetriebenen Autos um 12,5 Prozent. Gleichzeitig drängen chinesische Hersteller in den Markt. Das Unternehmen BYD schaffte Anfang 2025 den Sprung in die Top 10 der beliebtesten E-Automarken Polens.
Ähnlich wie auf anderen europäischen Märkten muss der US-Hersteller Tesla ein deutliches Minus verkraften. Im Januar 2025 verkaufte das Unternehmen in Polen 48,8 Prozent weniger Autos als im Vorjahr.
Obwohl rein batteriebetriebene Pkw im Gesamtmarkt nur eine Nebenrolle spielen, hat die Mehrheit aller Neufahrzeuge in Polen zumindest einen alternativen Antrieb. Das liegt an der wachsenden Beliebtheit von Hybridfahrzeugen. Deutsche Automarken wie Audi, BMW und Mercedes-Benz gehören zu den meistgekauften Marken.
Antriebsart | Benzin und Diesel | Mild- und Full-Hybrid | Plug-in Hybrid | BEV und Wasserstoff |
---|---|---|---|---|
Verbrauchssteuer 1) 2) | 3,1 - 18,6 | 1,55 - 18,6 | 0 - 18,6 | 0 |
Steuer-abzugsfähiger Höchstbetrag 3) | 34.900 | 34.900 | 34.900 | 52.300 |
Milliardenschwere Förderung im Güterverkehr
Im Lkw-Segment dominiert hingegen der Diesel-Antrieb mit einem Marktanteil von fast 98 Prozent an allen Neuzulassungen. Das soll sich ändern. Polens Umweltfonds will ab dem 2. Quartal 2025 den Kauf von Elektro-Lkw bezuschussen. Logistiker können sich bis zu 174.000 Euro vom Kaufpreis zurückholen.
Bereits im März 2025 startete der Umweltfonds einen Zuschuss für Hochleistungs-Ladesäulen. Diese Stationen sind auf Elektro-Lkw ausgerichtet. Eine Investition muss entlang des europäischen Verkehrswegenetzes (TEN-T) stattfinden oder in der Nähe eines Logistikzentrums. Der Zuschuss deckt bis zu 100 Prozent der Kosten.
Ein weiteres Programm des Umweltfonds hilft den Betreibern des Stromnetzes dabei, ihre Leitungen auf den Anschluss von Hochleistungs-Ladesäulen vorzubereiten. Alle drei Programme haben ein Gesamtbudget von mehr als 1,4 Milliarden Euro. Die Gelder stammen aus dem europäischen Modernisierungsfonds.
Im Gegensatz zur Infrastruktur für Elektro-Lkw wachsen die Lademöglichkeiten für Pkw bereits heute mit rasantem Tempo. Ende 2024 gab es in Polen fast 50 Prozent mehr Ladesäulen für Elektroautos als im Vorjahr. Mitverantwortlich für diese Entwicklung sind rechtliche Vorgaben. Neue Wohnsiedlungen oder Gewerbehallen müssen je nach Größe über Ladesäulen verfügen. Die europäische Gebäuderichtlinie vom März 2024 verschärft die Anforderungen sogar noch weiter. Zu den größten Investoren gehören Einzelhändler. Die polnische Tochter der deutschen Discounter-Kette Lidl will bis Ende 2025 alle ihre Filialen mit Ladesäulen ausstatten.
Elektrobusse für viele Kommunen zu teuer
Gleichzeitig lockert Polens Klimaministerium einige Quoten für Städte und Gemeinden. Eigentlich hätten ab 2028 mindestens 30 Prozent aller Busse im öffentlichen Personennahverkehr einen emissionsfreien Antrieb haben sollen. Diese Anforderung gilt nicht mehr. In einem neuen Gesetz heißt es, dass Gemeinden ab 50.000 Einwohnern nur noch "teilweise" emissionsfreie Busse einsetzen müssen. Kleinere Ortschaften unter 50.000 Einwohnern kommen ganz ohne Vorgaben aus. Immerhin: Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern dürfen ab 2026 ausschließlich emissionsfreie Busse kaufen.
Das Klimaministerium verweist auf die gestiegenen Kosten. Viele Gemeinden seien überfordert. Die Quoten - die bereits 2018 festgelegt wurden - hätten darum geändert werden müssen.
Fördergelder sollen den Kommunen beim weiteren Umrüsten helfen. Das Ministerium verspricht, mindestens 800 Millionen Euro aus dem europäischen Wiederaufbaufonds für emissionsfreie Busse auszugeben. Die Ausschreibungen gehen nicht immer erfolgreich aus. Mehrere EU-geförderte Programme für emissionsfreie Überlandbusse stießen auf wenig Interesse. Viele Gelder wurden nicht abgerufen.
Vorreiter mit besonders umfangreichen Investitionsprogrammen bleiben Städte wie Warschau und Krakau oder die oberschlesische Metropolregion GZM. Im Februar 2025 bestellte die Stadtverwaltung Warschau 50 neue Elektrobusse beim polnisch-spanischen Hersteller Solaris. Anbieter aus China versuchen, Fuß zu fassen. Anfang 2025 kaufte die Stadt Katowice 30 Elektrobusse des Herstellers Yutong für rund 28 Millionen Euro. Bei der Finanzierung halfen EU-Gelder.
Geplantes polnisches Elektroauto vor dem Aus
Ein anderes Elektro-Projekt, das Polen mit Partnern aus China umsetzt, steckt hingegen in der Krise. Die staatliche Gesellschaft ElectroMobility Poland (EMP) sollte unter dem Markennamen Izera das erste Elektroauto eines polnischen Herstellers bauen. Ein Fabrik-Grundstück und eine Baugenehmigung gibt es bereits. Die Wahl des Technologiepartners fiel auf den chinesischen Hersteller und Volvo-Eigentümer Geely.
Im November 2024 erklärte das zuständige polnische Ministerium, es werde kein Elektroauto namens Izera geben. Man wolle lediglich eine Fabrik bauen. Welches Auto dort vom Band rollt, bleibt offen. Entlassungen von mehreren Dutzend Mitarbeitern bei EMP lassen vermuten, dass das Projekt keine politische Priorität genießt.