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E-Mobility

Die Verkaufszahlen von Elektroautos steigen weiter. Branchenvertreter plädieren dafür, Subventionen auszuweiten. Neue Förderprogramme nehmen den Lkw-Verkehr ins Visier.

Von Christopher Fuß | Warschau

Die Elektromobilität bleibt in Polen auf Wachstumskurs. Die Neuzulassungen von Pkw mit reinem Batterieantrieb lagen zwischen Januar und Februar 2024 um 14,3 Prozent über dem Wert des Vorjahreszeitraums. Gleichzeitig gingen laut Angaben des Branchenverbandes PZPM (Polski Związek Przemysłu Motoryzacyjnego) in den ersten zwei Monaten 2024 fast 30 Prozent mehr Ladesäulen ans Netz als zum Jahresauftakt 2023.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Das Wachstum verliert an Dynamik, denn im Gesamtjahr 2023 stiegen die Zulassungszahlen für elektrisch betriebene Pkw noch um 51,3 Prozent. Außerdem kam der Anteil von Elektroautos an allen Fahrzeuganmeldungen im Jahr 2023 nicht über 3,6 Prozent hinaus. Das ist knapp ein Drittel des EU-Durchschnittswertes. Kleiner Lichtblick: Der Verband für alternative Kraftstoffe PSPA (Polskie Stowarzyszenie Paliw Alternatywnych) prognostiziert für das Jahr 2024 in Polen einen Marktanteil an allen Neuzulassungen von 7 Prozent.

Tesla bleibt die beliebteste Marke für Elektro-Pkw. Der amerikanische Hersteller kann seinen Vorsprung auf den zweitplatzierten Volkswagen sogar noch ausbauen. Im Jahr 2023 war mehr als jedes vierte neu zugelassene Elektroauto in Polen ein Tesla. 

Hersteller von Transportfahrzeugen und elektrisch betriebenen Lkw müssen zum Jahresauftakt Abstriche hinnehmen. Nach einem sehr starken Jahr 2023 liegen die Neuzulassungen im Januar und im Februar 2024 deutlich unter dem Vorjahreswert. 

Dafür befindet sich ein anderes Fahrzeugsegment weiter im Aufwind. Die Rede ist von Elektrobussen. Jeder fünfte neu zugelassene Bus in Polen war 2023 ein Modell mit reinem Batterie-Antrieb. Wasserstofffahrzeuge spielen bei den Anmeldungen nur eine Nischenrolle.

Zuschüsse und Steuervorteile

Polen unterstützt die Mobilitätswende mit verschiedenen Instrumenten. Der staatliche Umweltfonds NFOŚiGW (Narodowy Fundusz Ochrony Środowiska i Gospodarki Wodnej) bietet Kaufprämien für Elektrofahrzeuge an. Bei Pkw beträgt der Zuschuss bis zu 6.200 Euro. Mehr Geld gibt es für Lieferfahrzeuge unter 3,5 Tonnen. Die Förderung greift nicht bei Plug-In-Hybriden. Auch Ladepunkte in Privathaushalten müssen ohne Unterstützung auskommen. Der PSPA bemängelt die fehlenden Subventionen. Kritik gibt es auch für den Umstand, dass förderfähige Elektro-Pkw nicht mehr kosten dürfen als 52.300 Euro. Bei Lieferwagen gilt diese Obergrenze nicht.

Steuerliche Anreize für emissionsarme und emissionsfreie Pkw

Antriebsart

Benzin und Diesel

Mild- und Full-Hybrid

Plug-in Hybrid

BEV und Wasserstoff

Verbrauchssteuer 1 2

3,1 - 18,6

1,55 - 18,6

0 - 18,6

0

Steuer-abzugsfähiger Höchstbetrag 3

34.900

34.900

34.900

52.300

1) Angaben in Prozent, 2) Höhe des Steuersatzes ist abhängig vom Hubraum, 3) Angaben in EUR. Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

Der Staatssekretär im Klimaministerium Krzysztof Bolesta verteidigte die Obergrenze gegenüber der Tageszeitung Rzeczpospolita mit den Worten: "Die Preisgrenze soll die Hersteller dazu bewegen, ein Auto innerhalb dieser Grenzen zu bauen". Höhere Obergrenzen würden die Nachfrage nach teuren Firmenwagen ankurbeln. Das Klimaministerium will hier lieber einen anderen Weg gehen. Verbrennerfahrzeuge fließen aktuell mit maximal 34.800 Euro in die Steuerbemessungsgrundlage von Gewerbetreibenden ein. Diese Zahl soll auf 23.200 Euro sinken. Das wäre ein deutlicher Nachteil gegenüber Elektroautos, bei denen der Wert heute 52.300 Euro beträgt.

Fahrzeugquoten und bauliche Vorgaben

Neben den Zuschüssen gibt es in Polen auch Quoten. Ab Januar 2025 muss der Fuhrpark von Städten ab 50.000 Einwohnern zu mindestens 30 Prozent aus Elektrofahrzeugen bestehen. Während Gdańsk diese Vorgabe bereits heute erfüllt, will die Stadtverwaltung Krakau lieber ihre Dieselflotte reduzieren, um die Zielmarke zu erreichen.

Ab 2028 müssen 30 Prozent aller Busse im öffentlichen Personennahverkehr einen emissionsfreien Antrieb haben. Das Problem: Elektrobusse sind doppelt so teuer wie Dieselfahrzeuge. Der Umstieg soll unter anderem dank neuer Gelder gelingen, welche die Europäische Kommission im Februar 2024 freigegeben hat. Erste Busprogramme gibt es bereits. Die zuständige Vergabestelle CUPT gab im März 2024 die Ergebnisse einer Ausschreibung bekannt. Rund 66,5 Millionen Euro gehen an insgesamt 23 Gemeinden für den Kauf von Überlandbussen.

Rechtliche Vorgaben betreffen auch die Eigentümer von Nicht-Wohngebäuden. In diese Kategorie fallen zum Beispiel Geschäfte oder Industrieparks. Gibt es mehr als 10 Parkplätze, muss eine neue Immobilie ab dem Jahr 2025 über mindestens eine Ladestation verfügen. Außerdem muss an 20 Prozent aller Parkplätze ein Kabelkanal liegen. Bei neuen Wohngebäuden mit mehr als 10 Parkplätzen gilt ab 2025: An jedem Parkplatz muss ein Kabelkanal liegen. Ausnahmen existieren für denkmalgeschützte Gebäude und für mittelständische Betriebe.

Die Ladesäulenquoten nehmen große Einzelhändler in die Pflicht, denn vor diesen Geschäften gibt es viele Parkplätze. Polens führender Lebensmitteldiscounter Biedronka kooperiert bereits mit dem Betreiber Powerdot. Der Ladesäulen-Verwalter verfügt über 250 Ladepunkte in Polen. Diese Zahl soll auf 1.500 Punkte anwachsen. Wettbewerber wie Greenway, Orlen oder Budimex Mobility verfolgen ähnlich ambitionierte Pläne.

Elektrifizierung des Straßen-Güterverkehrs

Investoren müssen lange auf einen Netzanschluss warten, klagt PSPA. Das betreffe insbesondere Schnellladestationen entlang der Autobahnen. Hier fehlt laut PSPA die entsprechende Strom-Infrastruktur, um leistungsfähige Lademöglichkeiten zu bauen. 

Dabei geht es nicht nur um Säulen für Elektro-Pkw. Anfang 2024 existierte in Polen kein öffentlich zugänglicher Ladestandort für Lkw mit Elektroantrieb. Das könnte sich rächen, denn laut der neuen europäischen AFIR-Verordnung muss ab 2030 entlang der Kernstrecken des sogenannten TEN-T Netzwerkes alle 60 Kilometer ein Ladestandort für schwere Nutzfahrzeuge existieren. 

Der staatliche Umweltfonds hat darum ein Zuschussprogramm im Umfang von knapp 470 Millionen Euro angekündigt. Investoren erhalten Prämien, wenn sie Gleichstromladestation mit mindestens zwei 350 Kilowatt-Ladepunkten bauen. Darüber hinaus stellt der Umweltfonds weitere 230 Millionen Euro an Zuschüssen für emissionsfreie Lkw bereit. Kleine Unternehmen könne sich bis zu 80 Prozent des Einkaufspreises erstatten lassen. Bei großen Spediteuren sinkt der Wert auf 30 Prozent.

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