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Wirtschaftsumfeld | Polen | Investitionsklima

Eine gute Infrastruktur zieht Investoren an

Polen kann internationale Hersteller auch dank der Nähe zu westeuropäischen Absatzmärkten für sich gewinnen. Das Investitionsklima hat sich jedoch etwas abgekühlt.

Von Christopher Fuß | Warschau

Niedrige Lohnkosten sind laut Investorenumfragen der internationalen Handelskammern nicht der entscheidende Standortvorteil Polens. An erster Stelle nennen die Firmen die EU-Mitgliedschaft des Landes, gefolgt vom Zustand der Infrastruktur. Darüber hinaus schätzen Unternehmen die Qualifikationen und das Engagement der Arbeitskräfte. Kritik üben die Investoren insbesondere am Steuersystem und an der mangelnden Vorhersehbarkeit der Wirtschaftspolitik Polens.

Dass niedrige Löhne nicht der ausschlaggebende Standortfaktor sind, hängt auch mit Gehaltszuwächsen in jüngster Vergangenheit zusammen. Die Arbeitskosten liegen in Polen laut Eurostat zwar nur bei einem Drittel des Niveaus von Deutschland, allerdings schrumpft der Abstand. Allein zwischen 2023 und 2024 erhöhte die polnische Regierung den allgemeinverbindlichen Mindestlohn um 19,4 Prozent auf knapp 1.000 Euro. Ab Anfang 2025 müssen Arbeitgeber einen weiteren Anstieg des Mindestlohns um 8,5 Prozent verkraften.

Die Lage entscheidet maßgeblich über den Immobilienpreis

Neue Industrieparks entstehen vor allem entlang der Autobahnen. Alte Bestandsgebäude erfüllen oft nicht die Anforderungen an eine moderne Produktion. Investoren ziehen daher in neue Immobilien. Laut der Verwaltungsgesellschaft CBRE schwankte die Miete pro Quadratmeter bei Industriehallen im 2. Quartal 2024 zwischen 3,90 bis 5,40 Euro. Unternehmen in der Hauptstadt Warschau zahlen sogar rund 7,50 Euro. Auch die Büromieten variieren. Laut CBRE verlangen Eigentümer abseits der großen Ballungszentren 11,50 Euro je Quadratmeter. Im Zentrum Warschaus kann der Preis auf bis zu 28 Euro steigen.

Ein neues Raumordnungsgesetz könnte den Bau von Gewerbeimmobilien bald verlangsamen. Weite Teile Polens haben keinen Bebauungsplan. Stattdessen vergeben die Kommunen sogenannte Bauvorbescheide an Investoren. Diese Einzelbeschlüsse sind weniger bürokratisch, sorgen aber laut Kritikern auch für planerischen Wildwuchs. Bis 2026 müssen die Gemeinden neue Flächennutzungspläne erstellen. Weitere Bauvorbescheide sind dann nur noch in speziell dafür ausgewiesenen Gebieten zulässig. Bislang gibt es solch eine Beschränkung nicht. Gleichzeitig sind die Kommunen damit überfordert, die neuen Flächennutzungspläne zu erstellen.

Neuansiedlungen sind seltener als Standorterweiterungen

Unternehmen aus Deutschland waren 2023 nach Angaben der Nationalbank NBP mit einem Bestand von 51,9 Milliarden Euro die zweitgrößten Direktinvestoren in Polen. Die Niederlande belegen den Spitzenplatz. Viele internationale Konzerne bauen von den Niederlanden aus ihr Europageschäft auf. Das verzerrt die Statistik. Deutlich gestiegen sind in den vergangenen Jahren die Kapitalzuflüsse aus Südkorea, Spanien und Skandinavien nach Polen.

Die Investitionsdynamik deutscher Firmen verliert nach einer mehrjährigen Wachstumsphase an Schwung, ebenso wie der weltweite Zufluss von Investitionen nach Polen. Der Konzern Intel hat den Bau von Chipfabriken in Deutschland und Polen vorerst gestoppt. Produzenten von Batterien und Wärmepumpen, die massiv in Polen investiert haben, kämpfen mit Absatzproblemen.

Trotz allem bleibt das Land insgesamt ein beliebter Standort für internationale Hersteller. Viele Unternehmen bauen ihre Niederlassungen in Polen aus. Laut NBP handelt es sich bei 60 Prozent aller Investitionen um reinvestierte lokale Gewinne. Wie Analysen der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer zeigen, unterhalten Unternehmen aus Deutschland in Polen vor allem Produktionsniederlassungen und Dienstleistungszentren. Auch der Einzelhandel bietet Wachstumspotenzial. Lebensmitteldiscounter Lidl und die Drogeriemarktkette dm eröffnen neue Filialen.

Der Süden und der Westen des Landes gehören für deutsche Firmen zu den besonders beliebten Investitionszielen. Hier sitzen Bosch, Mercedes und Volkswagen. Obwohl in den Regionen bereits ein harter Wettbewerb um Fachkräfte stattfindet, lassen sich weitere Firmen nieder. Unweit der Grenze mit Deutschland wächst vor allem der Logistiksektor. Eine Autostunde von Cottbus entfernt eröffnete die deutsche Otto Gruppe im polnischen Iłowa im Oktober 2024 ein neues Versandzentrum mit 1.900 Beschäftigten.

Darüber hinaus zieht es Firmen verstärkt in wirtschaftlich schwächere Regionen wie beispielsweise nach Südostpolen. Die bislang weniger erschlossenen Landesteile gewinnen dank neuer Autobahnen an Attraktivität.

Auswahl der größten deutschen Investoren in PolenStand: 2023

Unternehmen

Branche

Umsatz in Milliarde Euro

LidlEinzelhandel

8,1

Volkswagen PoznańAutomobilproduktion

 

4,7

mBankFinanzwirtschaft

3,8

RossmannEinzelhandel

2,8

Bosch-GruppeMaschinenbau

1,7

Quelle: Tageszeitung Rzeczpospolita (Lista 500) 2024

Investitionsförderung: Anpassung an die globale Mindeststeuer

Polens Wirtschaftsministerium unterstützt Investitionen mit Nachlässen auf die Körperschaftsteuer und mit Direktzuschüssen. Unternehmen müssen qualitative und quantitative Vorgaben erfüllen. Wie hoch die Steuergutschrift oder die Direktzuschüsse ausfallen können, hängt von mehreren Kriterien ab.

An erster Stelle steht der Investitionsstandort. Unterdurchschnittlich entwickelte Regionen mit einer hohen Arbeitslosigkeit bieten mehr Unterstützung an als etablierte Wirtschaftszentren. Das zweite Kriterium ist die Unternehmensgröße. Wollen große Firmen einen Anspruch auf Unterstützung erhalten, müssen sie mehr investieren als mittelständische Betriebe. Nur bestimmte Branchen kommen in den Genuss von Direktzuschüssen. Wichtig: Bei diesen Zahlungen liegt das letzte Wort beim Wirtschaftsminister, weshalb die Unterstützungsform deutlich politischer ist als die Steuernachlässe.

Im November 2024 hat Polen die EU-Richtline zur globalen Mindestbesteuerung in nationales Recht überführt. Sie legt fest, dass multinationale Konzerne mit einem weltweiten Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro einer Mindestkörperschaftsteuer von 15 Prozent unterliegen. Polens Wirtschaftsministerium kündigte als Reaktion darauf an, die Steuererleichterungen für Investoren in eine Art Zuschuss umzuwandeln. Details lagen Ende November 2024 noch nicht vor.

Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

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