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Wirtschaftsausblick | Rumänien

Rumäniens Wachstum beruht auf Konsum und Investitionen

Staatliche und private Ausgaben regen 2024 das Wirtschaftswachstum in Rumänien an. Die Inflation und verschobene Reformen trüben die mittelfristigen Geschäftsaussichten.

Von Dominik Vorhölter | Bukarest

Top-Thema: Wirtschaftspolitik verunsichert Unternehmer

Rumänien setzt im Superwahljahr 2024 wichtige wirtschaftspolitische Entscheidungen um: Die Regierung erhöht die Renten und den Mindestlohn. Dies wird kurzfristig die Konjunktur beleben, könnte mittelfristig aber negative Auswirkungen auf das Investitionsklima haben. Denn die Pläne stehen im Widerspruch zu den Forderungen der EU, den strukturell hohen Schuldenstand abzubauen.

Konkret erwartet die EU, dass Rumänien Sparmaßnahmen und eine Steuerreform umsetzt. Die Steuerreform ist auch eine Voraussetzung, um EU-Fördermittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität zu erhalten. Dieses Geld ist unter anderem für Infrastruktur- und Energieprojekte gedacht. Sollten EU-Fördermittel nicht vollständig abgerufen werden können, würde dies das Investitionsklima beeinträchtigen und Unternehmer verunsichern.

Die jetzige Regierung fasst das Steuerthema im aktuellen Wahlkampf nicht an. Erst eine im Dezember 2024 neu gewählte Regierung wird die geforderte Steuerreform im Jahr 2025 umsetzen müssen. Der Internationale Währungsfonds schlägt eine progressive Einkommensbesteuerung vor und rät, ermäßigte Mehrwertsteuersätze abzuschaffen. Letztere gelten etwa für Solarpaneele, Wärmepumpen, Wohnungen oder Bio-Lebensmittel. 

Wirtschaftsentwicklung: Privater Verbrauch treibt Wachstum

Die rumänische Wirtschaft wird 2024 voraussichtlich um 3,3 Prozent zulegen, so die Prognose der Europäischen Kommission. Das Wachstum wird hauptsächlich durch den privaten Konsum getrieben, der auf steigenden Reallöhnen fußt. Auch die Ausgaben des Staates bleiben 2024 stabil aufgrund von höheren Sozialleistungen und großen Investitionsprojekten. 

Kleine Wachstumsschwächen offenbaren dagegen der Außenhandel und die Industrieproduktion. Der Export und das verarbeitende Gewerbe erholen sich 2024 noch von der Konjunkturschwäche in Westeuropa.

Kerninflation hält sich hartnäckig

Steigende Löhne, und voraussichtlich ab 2025 neue Steuerabgaben, halten aber den Inflationsdruck aufrecht. Denn die Firmen werden versuchen, gestiegene Kosten - etwa für Personal - an die Verbraucher weiterzugeben. Die Kerninflation, also die Verbraucherpreise ohne Energie und Lebensmittel, wird Ende 2024 voraussichtlich 5,3 Prozent betragen, schätzt die rumänische Zentralbank. 

Deswegen halten die Währungshüter an hohen Leitzinsen von 7 Prozent fest, was die Wachstumsdynamik leicht einhegen wird. So bleiben 2024 Hypothekenkredite für private Haushalte verhältnismäßig teuer. Dies kann bewirken, dass die gute Konsumlaune der rumänischen Verbraucher noch nicht richtig auf den privaten Wohnungsbau überschwappt. Positive Impulse erhält der Bausektor dagegen von Infrastrukturprojekten wie dem Ausbau der Autobahnen oder der Wasser- und Abwasserversorgung.

Außenhandel erholt sich 

Die Entwicklung der Exporte ist stark abhängig von der Konjunktur in Rumäniens größten Absatzmärkten Deutschland, Frankreich und Italien. Dort erholt sich die Wirtschaft. Daher rechnet die EU für 2025 mit einem langsamen Wachstum der rumänischen Exporte um 3,2 Prozent. Eine prognostizierte höhere Nachfrage im Inland nach Importen wird das Handelsdefizit vergrößern. 

Rumänien spielt wichtige geopolitische Rolle

Die EU braucht einen starken Partner an der NATO-Ostflanke und bei der Integration des rumänisch-sprachigen Nachbarlandes Republik Moldau. Entsprechend wird diese neue geopolitische Rolle Rumäniens bei künftigen Verhandlungen mit der EU ein größeres Gewicht haben. Dies wirkt sich positiv auf das Investitionsklima in strategischen Bereichen aus. In der Energiewirtschaft etwa erhalten deutsche Unternehmen Aufträge. Mittel- und langfristig bleibt Rumänien ein interessanter Standort für Nearshoring, insbesondere im Dienstleistungssektor. Besonders dynamisch entwickeln sich derzeit Investitionen in Logistikzentren sowie in IT- und Softwaredienstleistungen.

Deutsche Perspektive: Steigende Arbeitskosten trüben Wettbewerbsfähigkeit

Deutsche Unternehmen erwarten leicht eingetrübte Geschäftsaussichten für das Jahr 2024. Die größten Geschäftsrisiken sind steigende Arbeitskosten und der anhaltende Fachkräftemangel. Besonders hoch ist die Nachfrage nach gut ausgebildeten Fachkräften und Hochschulabsolventen. Insgesamt bewertet die aktuelle Konjunkturumfrage der AHK Rumänien die Aussichten der deutschen Unternehmen jedoch als stabil. 

Deutsche Wirtschaft hofft auf eine ausgewogene Wirtschaftspolitik

Dennoch befürchten deutsche Wirtschaftsvertreter in Rumänien, dass sich die steuerlichen Rahmenbedingungen künftig verschlechtern werden, weil die Regierung etwas gegen das strukturell hohe Haushaltsdefizit unternehmen muss.

Die deutsche Community hofft dabei auf eine ausgewogene Steuerpolitik: "Wir bleiben dabei, dass insbesondere Steuerhinterziehung effektiver bekämpft werden muss, bevor diejenigen, die bereits Steuern zahlen, mit höheren Abgaben belastet werden", erklärt Sebastian Metz, Geschäftsführendes Vorstandmitglied der AHK Rumänien. 

Deutsche Unternehmen sind in Rumänien die größten Investoren. Die meisten von ihnen sind in der Automobilbranche und der Elektroindustrie tätig. Rumänien gewinnt dabei als Standort für Forschung und Entwicklung und zunehmend als Beschaffungsmarkt an Bedeutung. Das Engagement der deutschen Unternehmen spiegelt sich auch im Außenhandel wider.

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