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Branchen | Taiwan | Labortechnik (ohne Medizin)

Forschung treibt Nachfrage nach Labor- und Analysentechnik an

Kurzfristig soll der Sektor leicht zurückgehen, mittelfristig aber wieder zulegen. Die Regierung subventioniert die Ansiedlung von Forschungszentren im Land. 

Von Alexander Hirschle | Taipei

Taiwans Produktion von Analysen-, Bio- und Labortechnik wächst seit acht Jahren kontinuierlich. Im Jahr 2022 erreichte die Branche einen Fertigungsrekord von 5,8 Milliarden US-Dollar (US$). Das Wachstum auf Basis der Landeswährung New Taiwan Dollar (NT$) lag 2022 bei 2,6 Prozent. Zwar rechnen die Unternehmen für dieses Jahr konjunkturbedingt mit einem leichten Produktionsrückgang. Wachsende Forschungsaktivitäten, der Trend zum Nearshoring und zunehmende Automatisierung werden jedoch für eine anhaltend starke Nachfrage nach Labortechnik sorgen.

Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums (Ministry of Economic Affairs; MOEA) liegt ein wichtiger Fokus der Industrie auf der Herstellung von Satellitennavigations- und Radarsystemen, Halbleitertestausrüstungen sowie elektronischen, Präzisions- und wissenschaftlichen Messgeräten.

Automatisierungstrend kurbelt Nachfrage an

Zahlreiche Hersteller in der verarbeitenden Industrie investierten während der Coronapandemie verstärkt in die Automatisierung ihrer Prozesse. Auch Taiwans Außenhandel im Bereich Analysen-, Bio- und Labortechnik profitiert von diesen Entwicklungen. Die Branchenausfuhren stiegen 2022 um 2,3 Prozent auf fast 1,8 Milliarden US$ an.

Dennoch verbuchte Taiwan in der Branche 2022 ein Handelsdefizit von mehr als 760 Millionen US$, was gute Lieferchancen für ausländische Firmen impliziert. Die Branchenimporte legten um mehr als 14 Prozent auf 2,5 Milliarden US$ zu. Am stärksten zog die Nachfrage nach Vakuumpumpen mit einem Anstieg von fast 30 Prozent an.

Lieferungen aus Deutschland stagnieren

Die USA sind der mit Abstand wichtigste Beschaffungsmarkt Taiwans für Analysen- und Labortechnik. Rund 30 Prozent der Branchenimporte entfielen im Jahr 2022 auf das nordamerikanische Land. Es folgten Japan mit knapp 17 Prozent, China mit 11 Prozent sowie Deutschland und Südkorea mit jeweils 7 Prozent. Besonders stark stiegen die Importe im Jahr 2022 aus Südkorea, Singapur sowie den USA und Japan. Die Bezüge aus China gingen um fast 5 Prozent zurück. Die Importe aus Deutschland entwickelten sich mit plus 0,2 Prozent zwar stabil. Aber "Made in Germany" verlor Marktanteile.

Vor allem die Importe von Navigations- und wissenschaftlichen Instrumenten aus Deutschland entwickeln sich positiv. Sie stiegen 2022 mit einem Plus von 128 Prozent deutlich – allerdings von einem niedrigen Niveau aus. Gut schnitten ebenso Diagnostik- und Laborreagenzien sowie Vakuumpumpen mit Zuwächsen von 11 und 9 Prozent ab. Taiwan exportierte 2022 Analysen-, Bio- und Labortechnik im Wert von knapp 52 Millionen US$ nach Deutschland. Das entspricht einem marginalen Anstieg von 0,5 Prozent. Aus deutscher Sicht ergibt das einen Handelsbilanzüberschuss von knapp 125 Millionen US$.

Kurzfristige Nachfragedelle erwartet

Im Jahr 2023 dürften breite Teile der taiwanischen Wirtschaft und damit auch der gesamte Sektor Einbußen erleiden. Im 1. Quartal brach die Produktion von Analysen- und Labortechnik wertmäßig im Vergleich mit derselben Vorjahresperiode um 15,7 Prozent ein. Die Gesamtexporte Taiwans gaben im Zuge der global abkühlenden Konjunktur im bisherigen Jahresverlauf zweistellig nach. Doch mittelfristig dürfte die weiter hohe Nachfrage nach Elektronikerzeugnissen auch wieder den Bedarf an Analysen- und Labortechnik auf der Insel nach oben treiben.

Taiwan setzt auf Forschung

Starke Impulse kommen auch aus der Forschung und Entwicklung (F&E). Im Pandemiejahr 2021 erreichten die gesamten F&E-Ausgaben Taiwans nach den jüngsten Daten des National Science and Technology Council ein Rekordniveau von 29,3 Milliarden US$. Diese Summe entsprach einem Anstieg von mehr als 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mit einem Anteil von 3,8 Prozent am Bruttoinlandsprodukt war dies der bislang höchste Wert. In Deutschland lag der Anteil 2021 bei 3,1 Prozent.

Die Privatwirtschaft trägt mit 84,9 Prozent den mit Abstand größten Teil der gesamten F&E-Aktivitäten. Diese sind im vergangenen Jahr um 16 Prozent gestiegen. Die F&E-Ausgaben der börsennotierten Firmen in Taiwan wuchsen im selben Jahr um fast 13 Prozent. Eine bedeutende Rolle spielen in Taiwan die sogenannten Wissenschaftsparks (Science Parks). Hier sind viele der großen Tech-Konzerne angesiedelt. Dort werden 45 Prozent der Forschungsausgaben privater Firmen getätigt. Die Science Parks haben 2022 ihre Umsätze um fast 15 Prozent auf ein Rekordniveau von 46,4 Milliarden US$ ausgebaut. 

Das halbstaatliche Institut Itri (Industrial Technology Research Institute) stellt eine weitere wichtige Komponente in der Forschungslandschaft dar. Es unterstützt wissenschaftliche Entwicklungen in Taiwans High-Tech-Sektor. Itri gilt als "Wiege der taiwanischen Industrie" und fungierte in der Vergangenheit als Inkubator für zahlreiche lokale Unternehmen wie TSMC. Im September des laufenden Jahres wurde das Itri-Budget für 2024 um mehr als 10 Prozent auf knapp 800 Millionen US$ angehoben.

Taiwans F&E-Ausgaben (in Milliarden US-Dollar; Veränderung in Landeswährung gegenüber Vorjahr in Prozent)
 

Wert

Veränderung 

2017

18,9

6,1

2018

20,4

7,2

2019

21,4

7,2

2020

24,3

8,8

2021

29,3

14,2

Quelle: National Science and Technology Council 2023

Internationale Firmen nutzen Taiwan als F&E-Hub

Die Insel zieht auch internationale Firmen mit F&E-Aktivitäten an. Offiziellen Angaben zufolge haben bis 2022 etwa 30 internationale Firmen F&E-Zentren in Taiwan aufgebaut, darunter auch US-Giganten wie Google oder Microsoft. Es flossen Investitionen im Gesamtwert von rund 2 Milliarden US$. Diese ausländischen Unternehmen generieren insgesamt einen jährlichen Umsatz von 11,1 Milliarden US$.

Auch deutsche Firmen nutzen die Insel für ihre F&E-Aktivitäten, vor allem im Bereich Halbleitervorprodukte, erneuerbare Energien und Automatisierung. Im März 2023 vereinbarte Deutschland im Rahmen des Besuchs von Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger eine stärkere bilaterale Zusammenarbeit. Im Vordergrund sollen die Bereiche Wasserstoff, Batterien und Halbleiter stehen. Im September 2023 eröffnete das Land Sachsen gemeinsam mit der Technischen Universität (TU) Dresden in den Räumen des Deutschen Wirtschaftsbüros (AHK Taiwan) ein Liaison Office in Taipei.

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