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Branchen | Taiwan | Energieeffizienz

Taiwan will Strom effizienter nutzen

In Taiwan steigt der Strombedarf schneller als erwartet. Daher will die Regierung das Energiesparen fördern. Deutsche Anbieter können mit ihrer Expertise punkten.

Von Jürgen Maurer | Taipei

In Taiwan wächst die Lücke zwischen Stromverbrauch und -angebot zusehends. Und dieser Trend wird sich noch verstärken, denn 2025 will die Regierung den letzten noch aktiven Atommeiler auf der Insel stilllegen. Zudem sollen bis 2027 einige konventionelle kohlebefeuerte Kraftwerkseinheiten ihren Betrieb einstellen. Dies wirkt sich negativ auf die Stromproduktion und vor allem auf die Grundlast aus. Um die wachsende Lücke zu schließen, plant das Wirtschaftsministerium verstärkt energieeffiziente Ausrüstungen einzusetzen. 

Dabei fördert die Regierung auch das Energiesparen. Der Einsatz des Energiemanagementstandards (ISO 50001) unterstützt Energie- und Kosteneinsparungen. Messinstrumente in Maschinen identifizieren verbrauchsintensive Abläufe und Defekte. Deutsche Firmen des Maschinen- und Anlagenbaus fokussieren sich aufgrund hoher Energiekosten bereits seit Jahren auf energiesparende Lösungen, was letztlich auch den Umwelt- und Ressourcenschutz voranbringt. Diesen Wettbewerbsvorteil können sie auch in Taiwan vermarkten. Verbrauchern hilft die Kennzeichnung von Haushaltsgeräten, stromsparende Geräte einzukaufen.

Regierung fördert Kauf energieeffizienter Ausrüstung

Das Wirtschaftsministerium hat ein Programm vorgelegt, das in den nächsten vier Jahren den Stromverbrauch um circa 20 Milliarden Kilowattstunden senken soll. Industriefirmen sollen alte und wenig energieeffiziente Ausrüstung ersetzen sowie Privathaushalte und Geschäfte energiesparende Geräte anschaffen. Laut Wirtschaftsministerium nutzen kleine und mittlere Unternehmen oft noch Ausrüstung, die 30 Jahre und älter ist. Um deren Ersatz zu erleichtern, sollen die Firmen günstige Kredite erhalten. Dieses Programm wird für die nächsten drei Jahre mit rund 152 Millionen US-Dollar (US$) budgetiert. 

Für private Haushalte gibt es seit 2023 bereits eine Unterstützung von 3.000 New Taiwan-Dollar (NT$; 94 US$) pro Einheit, wenn sie alte Kühlschränke und Klimageräte durch neue, energieeffiziente Modelle ersetzen. Diese Maßnahme, die bis Ende 2024 mit rund 375 Millionen US$ subventioniert ist, soll bis 2026 laufen. Das Wirtschaftsministerium erwartet, dadurch zwischen den Jahren 2023 und 2026 etwa 7,3 Millionen alte, stromfressende Geräte vom Netz zu nehmen.

Stromverbrauch legt zu

Die Insel ist dabei Opfer ihres Erfolges. Denn die gestiegene internationale Nachfrage nach Erzeugnissen aus Taiwan, insbesondere von Halbleitern, schiebt das Wirtschaftswachstum und damit den Strombedarf der Industrie an. Die Industrieproduktion Taiwans nahm laut Ministry of Economic Affairs in den ersten sechs Monaten 2024 um rund 10,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu. Zudem beabsichtigen Technologiefirmen wie Apple, Nvidia und AMD, Datenzentren zu bauen. 

Ausreichende Elektrizitätsversorgung ist eine der größten Herausforderungen für die Wirtschaft Taiwans. Der Ausbau der Chipproduktion und von Datenzentren sowie Anwendungen rund um künstliche Intelligenz und Elektromobilität werden den Strombedarf weiter stark ansteigen lassen. Der industrielle Sektor in Taiwan ist gegenwärtig für etwa 58 Prozent des Strombedarfs verantwortlich. Darunter hat 2023 der Verbrauch von Unternehmen aus den Branchen Computer und Optoelektronik sowie Halbleiter am stärksten zugenommen. 

Stromversorgung wird auf die Probe gestellt

Laut aktuellen Prognosen soll der gesamte Stromverbrauch der Insel bis 2030 um jährlich durchschnittlich mehr als 2 Prozent zunehmen und in absehbarer Zeit 300 Terawattstunden übersteigen. Zwischen 2003 und 2023 hat die Elektrizitätsproduktion im jährlichen Durchschnitt um 1,51 Prozent zugelegt, der Verbrauch ist gleichzeitig um 1,62 Prozent gestiegen, so die Angaben der Energy Administration. 

Taiwans Stromproduktion und -verbrauch
 

2003

2023

Stromproduktion (in Terawattstunden)

209,0

282,3

Stromverbrauch (in Terawattstunden)

200,5

276,5

Stromverbrauch pro Kopf (in Kilowattstunden)

8.885

11.846

Quelle: Energy Administration, Ministry of Economic Affairs 2024

Der Gesamtverbrauch von Elektrizität lag 2023 bei rund 277 Terawattstunden. Deutschlands Stromverbrauch erreichte im gleichen Jahr 457 Terawattstunden. Dabei hat Taiwan einen im Vergleich zu Industrieländern wie Deutschland und Japan hohen Stromverbrauch. In Taiwan lag der Pro-Kopf-Verbrauch bei gut 11.800 Kilowattstunden. Das ist mehr als das Doppelte des deutschen Werts. In Japan lag der Verbrauch zum Vergleich bei rund 7.300 Kilowattstunden.

In Taiwan wird intensiv diskutiert, wie sich der Elektrizitätssektor stärken lässt, wenn, wie vorgesehen, 2025 das letzte verbliebene Atomkraftwerk der Insel ganz abgeschaltet wird. Zwar werden die erneuerbaren Energien ausgebaut, aber neue Kapazitäten privater unabhängiger Elektrizitätsunternehmen kommen nur langsam ans Netz. Der Bau neuer konventioneller Kraftwerke, die hauptsächlich mit Flüssigerdgas betrieben werden, muss lange Genehmigungsprozesse durchlaufen. 

Strompreise haben angezogen

Dabei arbeitet der staatliche Stromversorger Taiwan Power Co. (Taipower) schon heute mit hohen Verlusten, nicht zuletzt aufgrund der stark gestiegenen Energierohstoffpreise. Diese konnte das Unternehmen nicht gleichermaßen in erhöhten Strompreisen an seine Kunden weitergeben. Veränderungen des Strompreises muss zudem das Electricity Rate Review Committee genehmigen. 

Das Stromkomitee hat zum 1. April 2024 eine Anhebung genehmigt. In der Folge steigt der Strompreis um durchschnittlich 11 Prozent. Bereits im Jahr 2023 hatten die Strompreise einen Sprung nach oben gemacht, nachdem sie zuvor über fünf Jahre vergleichsweise stabil geblieben waren. Gegenüber 2022 stiegen sie um knapp 13 Prozent auf 3,07 NT-Dollar pro Kilowattstunde. In den vergangenen 20 Jahren war dieses Preisniveau lediglich 2014 schon mal erreicht worden.  

Trotz des herausfordernden Umfeldes hat es Taipower geschafft, die Stromreservemarge in den letzten Jahren zu erhöhen. Im Jahr 2023 lag die Reservemarge laut Angabe von Taipower bei 14,7 Prozent. Diese Marge auch 2024 und 2025 zu halten, wird angesichts der Abschaltung von Atommeilern herausfordernd. Eine Reserve von über 10 Prozent wird dabei als ausreichend betrachtet. Wenn bestimmte Reservemarken unterschritten werden, rationiert die Regierung die Stromnutzung, um Blackouts zu vermeiden.  

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