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Reform bei Weltbank und Co.: Mehr Geld für Entwicklungsprojekte
Entwicklungsbanken setzen Maßnahmen zur Erhöhung ihrer Ausleihkapazitäten um und wollen ihre Aktivitäten besser koordinieren.
03.02.2025
Von Dorothea Netz | Bonn
Multilaterale Entwicklungsbanken MDBs (Multilateral Development Banks) finanzieren viele Entwicklungsprojekte in Entwicklungs- und Schwellenländern. Durch ihre besondere Organisations- und Finanzierungsstruktur können sie den ausleihenden Staaten gute Konditionen bieten und weitere Gelder hebeln. Während die globalen Herausforderungen zunehmen, ist die Ausleihkapazität der Banken jedoch begrenzt.
Vor diesem Hintergrund wird seit 2022 an einer Reform gefeilt, um die Entwicklungsbanken schlagkräftiger zu machen. Die Reform hat drei Kernelemente:
Die Banken sollen durch den Einsatz neuer Finanzinstrumente ihr Ausleihvolumen steigern,
enger zusammenarbeiten und ihre Prozesse harmonisieren und
ihr Mandat auf globale Themen ausweiten.
Der Reformprozess
Alles begann mit der Weltbank. Unter dem Motto "bigger, better and more effective" refomiert die Bank seit 2022 ihr Geschäftsmodell. Angetrieben von wichtigen Anteilseignern soll die Bank auf diese Weise fit für die aktuellen globalen Anforderungen werden.
Die Agenda wurde sukzessive auf weitere MDBs übertragen. Auf verschiedenen Foren wie den G20 Treffen, den Jahreskonferenzen der Banken sowie Treffen der MDB-Spitzen wurden die Pläne konkretisiert. Ende 2024 verabschiedeten die G20 in Brasilien einen entsprechenden Aktionsplan und die MDB-Spitzen ein Umsetzungsupdate.
Die Reform wurde federführend von der US-Administration unter Präsident Joe Biden angeschoben. Mittlerweile ist der Prozess fortgeschritten und in den Institutionen verankert. Wie sich die USA unter Präsident Donald Trump zur Ausrichtung der MDBs positionieren wird, bleibt abzuwarten.
Ausleihkapazitäten könnten sich verdreifachen
Allem voran steht die Idee, dass die Banken ihre Ausleihvolumina für Entwicklungsprojekte steigern können, ohne dass die Anteilseigner ihr Eigenkapital stark erhöhen oder das Rating der Banken schlechter wird. Auf der Basis von Empfehlungen einer Expertengruppe zum Kapitaladäquanzrahmen der MDBs, verabschiedeten die G20 eine Roadmap für eine effizientere Nutzung des vorhandenen Kapitals. Eine Verdreifachung des Ausleihvolumens ist nach Einschätzung der Experten so möglich. In den nächsten zehn Jahren kann laut eines Statements der MDBs voraussichtlich ein Kreditspielraum von insgesamt etwa 300 bis 400 Milliarden US-Dollar geschaffen werden.
Vorgesehen ist unter anderem der Einsatz neuer Finanzierungsinstrumente. Zudem arbeiten die Banken gemeinsam daran, mehr Klarheit über die Rolle ihres abrufbaren Kapitals zu schaffen und sich hierzu mit Ratingagenturen auszutauschen. Die Banken haben bereits erste Schritte umgesetzt. So hat die Weltbank zum Beispiel ihre Eigenkapitaldeckung von 20 auf 19 Prozent gesenkt und die Asiatische Entwicklungsbank hat eine Anpassung bei der Risikobemessung vorgenommen.
Durch die geplante Ausweitung der Ausleihkapazitäten könnten die Banken auch mehr beziehungsweise größere Entwicklungsprojekte finanzieren. Entsprechend erhöhen sich in diesem Fall voraussichtlich auch die Beschaffungszahlen und es werden mehr Aufträge an Unternehmen zur Umsetzung der Vorhaben vergeben.
Auch Schritte zur Förderung privatwirtschaftlicher Investitionen sind wichtiger Bestandteil der Reform. Die Banken wollen durch innovative Mechanismen, vor allem in den Bereichen Wechselkursabsicherung und Kreditvergabe in lokalen Währungen, mehr privates Kapital mobilisieren. Dank dieser Maßnahmen sollen Unternehmen ihre Risiken bei Investitionen in den Zielländern der Banken besser abfedern können. Dieses Ziel verfolgen auch verschiedene Garantieprogramme der MDBs.
Entwicklungsbanken intensivieren Zusammenarbeit auf Länderebene und vereinheitlichen Prozesse
"MDBs als System" ist ein Motto des Reformprozesses. Auch wenn die Banken sich von der Arbeitsweise und Struktur ähneln, hat jede Organisation eine andere Struktur der Anteilseigner und eigene Verfahren, um Strategien festzulegen und Projekte umzusetzen. Dies führt teils zu Effizienzverlusten. Ein weiteres Ziel der aktuellen Reform ist daher, dass die Banken ihre Kräfte bündeln und enger mit den Empfängerländern zusammenarbeiten. Ansätze für eine bessere Abstimmung verschiedener Geberinstitutionen auf Länderebene gibt es seit Jahren. In der Praxis zeigen sich jedoch noch Hindernisse.
Die MDBs sehen länderspezifische Projekt-Plattformen als wichtigen Baustein für ein besser abgestimmtes Vorgehen. Die Plattformen sind ein freiwilliges Instrument, das meist die nationalen Regierungen steuern. Sie legen darüber strategische Prioritäten fest. Die Nutzung der Plattform erhöht die Transparenz und erleichtert die Zusammenarbeit aller Akteure. Im Bereich der Klimafinanzierung sehen die MDBs dabei besonderes Potential. Zur Kofinanzierung öffentlicher Projekte weltweit haben die Banken bereits ein übergreifendes Portal aufgesetzt.
Ein weiterer wesentlicher Hebel liegt bei der Harmonisierung konkreter Prozesse. Dabei geht es um die Vermeidung von Dopplungen, etwa bei der Projektprüfung. Aber auch die Auftragsvergabepraxis und Beschaffungsregularien sollen angeglichen werden. Angaben der MDBs zufolge schreitet diese Abstimmung sukzessive voran. Sie haben eine gemeinsame Plattform zur Nachhaltigen Beschaffung gelauncht und ein Rahmenwerk zum Prinzip "Value for Money" angekündigt.
Die Banken haben bereits Praxiserfahrung mit der abgestimmten Nutzung von Beschaffungssystemen bei der Kofinanzierung eines Projekts durch mehrere MDBs. Das Instrument der "Mutual Reliance Agreements", die die MDBs untereinander verabschieden und somit das jeweilige andere Regelwerk zulassen, soll ausgeweitet werden, ebenso die Nutzung der Vergaberichtlinien der Zielländer.
Die Folgen für Auftragnehmer bleiben abzuwarten. Viele Ansätze gab es auch schon vor dem Reformprozess. Eine stärkere Bündelung der Projektprüfungen könnte eine geringere Zahl von Aufträgen in diesem Bereich nach sich ziehen, eine Harmonisierung von Beschaffungsvorgaben dagegen die Bürokratielast bei der Angebotserstellung und Abwicklung verringern.
Zehn Banken wollen Kooperation vertiefen:
- Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB)
- Asiatische Entwicklungsbank (ADB)
- Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB)
- Entwicklungsbank des Europarates (CEB)
- Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD)
- Europäische Investitionsbank (EIB)
- Inter-Amerikanische Entwicklungsbank (IDB)
- Islamische Entwicklungsbank (IsDB)
- New Development Bank (NDB)
- Weltbankgruppe
Die Bekämpfung globaler Krisen rückt in den Vordergrund
Ein weiterer Baustein der Reform ist die Ausweitung des generellen Mandats der Entwicklungsbanken. Traditionell stehen nationale und regionale Entwicklungsvorhaben im Fokus. Jetzt wird der Schutz globaler öffentlicher Güter in die Statuten aufgenommen. Diese umfassen Klimaschutz, Pandemievorsorge und Förderung von Frieden und Sicherheit sowie Krisenprävention. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Entwicklungseffizienz und -wirkung. Im Bereich Klimafinanzierung stimmen sich die Banken bereits eng ab. Sie veröffentlichen regelmäßig einen gemeinsamen Bericht, haben einen Ansatz für die Messung von Anpassungs- und Minderungserfolgen abgestimmt und beteiligen sich an der Festlegung eines neuen UN-Ziels zur Klimafinanzierung.