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Special | Argentinien | Global Gateway

Global Gateway in Argentinien kein Selbstläufer

Argentinien bietet viel, was Europa braucht: Rohstoffe, Energie, Nahrungsmittel. Über die schon bestehenden EU-Projekte hinaus fehlt es der Initiative aber an konkreten Neuvorhaben. (Stand: 25.06.2024)

Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

Politische Risiken im Handel mit China und die angestrebte Diversifizierung bei der Einfuhr kritischer Produkte – Europa steht vor großen Herausforderungen. Und braucht neue Partner. Eine Adresse könnte Argentinien sein mit seinen zahlreichen Rohstoffvorkommen – speziell Lithium – sowie hervorragenden Bedingungen zur Erzeugung von Wind- und Sonnenstrom. Dies gilt umso mehr, da der seit Dezember 2023 amtierende Präsident Javier Milei seine Politik deutlich stärker nach Westen ausrichtet als die Vorgängerregierungen.

Argentinien Ehrengast bei der nächsten EU-Rohstoffwoche 2024

Nicht grundlos ist Argentinien deshalb Ehrengast auf der nächsten "Raw Materials Week" vom 9. bis 13. Dezember 2024 in Brüssel. Allerdings sieht sich das südamerikanische Land selbst großen innenpolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen gegenüber. In der Folge bewegen sich selbst interessierte ausländische Unternehmen im "Wait-and-see"-Modus.

Solange das so ist, bleiben der EU nur flankierende Maßnahmen, um interessierte Unternehmen aus der EU und Argentinien zusammenzubringen. Und deshalb baut auch die Global-Gateway-Initiative der Europäischen Union (EU) bislang im Wesentlichen noch auf den bereits im Rahmen von Team Europe initiierten Projekten auf.

Schwerpunkte der im Juli 2023 veröffentlichten Global Gateway Investment Agenda (GGIA) von Team Europe bilden:

  • Klima und Energie
  • Digitalisierung
  • Gesundheit 
  • Transport
  • Forschung

Schwerpunkte Klima – Energie – Rohstoffe

Eindeutige Priorität bei den Team-Europe-Projekten in Argentinien hat das Thema Klima und Energie. Darunter ist neben der Erzeugung erneuerbarer Energie etwa ein Projekt zu verbessertem Abfallmanagement in Patagonien sowie ein weiteres zum Schutz des Gran Chaco Americano subsumiert. Bei letzterem handelt es sich um ein länderübergreifendes Vorhaben, das neben Argentinien auch Paraguay, Bolivien und Brasilien einbezieht.

Darüber hinaus umfasst "Klima und Energie" jedoch insbesondere das Thema kritische Rohstoffe wie Lithium und Kupfer einschließlich des Aufbaus von Wertschöpfungsketten wie einer Batterieproduktion. 

Vor diesem Hintergrund reiste im Februar 2024 eine Delegation unter der damaligen Staatssekretärin für Bergbau Flavia Royón unter anderem nach Brüssel, begleitet von den Gouverneuren der Bergbauprovinzen Salta, Jujuy, Catamarca und San Juan. Ziel war es, die im Juni 2023 von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem damaligen argentinischen Präsidenten Alberto Fernández unterzeichnete Vereinbarung über kritische Rohstoffe mit Leben zu füllen.

Daraufhin war die EU im Mai 2024 mit einem, wenn auch bescheidenen Stand auf der wichtigen Bergbaumesse Expo San Juan Minera vertreten. Für Juli ist ein hochkarätig besetztes Seminar in Jujuy zu kritischen Rohstoffen geplant. Auch auf der Veranstaltung "13th International Seminar: Lithium in South America 2024" in Jujuy im Oktober 2024 wird die EU Flagge zeigen.

Klammer für alle bestehenden Projekte zwischen EU-Ländern und Argentinien

Generell bildet Global Gateway eine "großzügige" Klammer für alle bereits bestehenden gemeinsamen Projekte der Mitgliedsstaaten. Deutschland etwa ist in Argentinien bereits seit Jahren aktiv in den Bereichen erneuerbare Energie und Wasserstoff, etwa mit dem von der EU unterstützten Projekt Euroclima, an dem auch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ mitarbeitet. Allerdings sind im Rahmen von Global Gateway bisher keine neuen Gelder hierfür geflossen.

Im Bereich Digitalisierung geht es beim "Internet for All"-Projekt, an dem Deutschland ebenfalls beteiligt ist, um die Steigerung der Konnektivität. Denn der Flächenstaat Argentinien ist bislang kaum mit optischen Kabeln erschlossen. Bis 2027 will die EU für ganz Lateinamerika und die Karibik satte 45 Milliarden Euro für Investitionen in Soft- und Hardware-Infrastruktur mobilisieren. 

Global Gateway heißt vor allem Reisen und miteinander Reden 

Ansonsten bedeutet Global Gateway in den Worten eines EU-Vertreters derzeit für Argentinien zunächst nur: "Wir reisen zusammen und wir repräsentieren zusammen." Darüber hinausgehende zusätzliche konkrete Vorhaben fehlten bislang. Das liege zum einen an mangelnden Finanzierungsoptionen. Dies komme speziell im verschuldeten Argentinien mit seinen hohen Fremdkapitalrisiken zum Tragen. Bislang gebe es beispielsweise keine Garantien der Europäischen Entwicklungsbank für Global-Gateway-Projekte in dem Land. 

Eine gewisse Zugkraft könnte das geplante Incentive-Gesetz für Großprojekte (Régimen de Incentivos a las Grandes Inversiones, RIGI) entwickeln. Mit ihm will Argentinien Investitionen in Höhe von mehr als 200 Millionen US-Dollar steuerlich unterstützen.

Ein weiterer Hemmschuh dürfte indessen sein, dass in der EU mit wenigen Ausnahmen wie Eramet aus Frankreich keine großen Bergbaukonzerne beheimatet sind. Stattdessen liegen die Stärken der europäischen – und auch der deutschen – Firmen eher im Zulieferbereich. "Und zum Investieren kann man kein Unternehmen zwingen", so eine Rohstoffexpertin.

Nach Einschätzung einer Vertreterin der EU ist Argentinien angesichts der großen natürlichen Potenziale jedoch grundsätzlich für Unternehmen aus dem Ausland interessant. Aufgrund der bestehenden wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten beziehungsweise des hohen Länderrisikos gelte dies derzeit jedoch in erster Linie für Großunternehmen, die sich mit einem weiteren Standbein diversifizieren wollten, und weniger für kleinere und mittlere Unternehmen mit geringeren Reserven in der Hinterhand. Andere Länder wie die USA, Kanada und nicht zuletzt China machen dies vor, allen voran im Bergbau.

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