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Wirtschaftliche Dynamik und Reformen fördern Investitionen
Infrastruktur, Industrie, Bergbau und grüne Energie – Brasilien lockt viele ausländische Investoren an. Deutsche Firmen prägen die Industrie des Landes mit.
18.10.2024
Von Dennis Barbosa | São Paulo
Seit über einem Jahrzehnt gehört Brasilien durchgehend zu den zehn größten Empfängern ausländischer Direktinvestitionen (FDI) weltweit. Im Jahr 2023 belegte es den fünften Platz, so der aktuelle Bericht der UNCTAD. Allerdings ging der Zufluss 2023 auf 66 Milliarden US-Dollar (US$) zurück. Im Jahr 2022 hatte er noch bei 73 Milliarden US$ gelegen.
Auch 2024 bleiben die Investitionen auf hohem Niveau: Für das 1. Halbjahr 2024 meldet die brasilianische Regierung 188 FDI-Ankündigungen im Wert von insgesamt 28,5 Milliarden US$. Die wichtigsten Sektoren mit Projektankündigungen internationaler Unternehmen waren:
- Automobilindustrie: 14,2 Milliarden US$
- Papierherstellung: 4,6 Milliarden US$
- Stromerzeugung aus Biomasse: 1,4 Milliarden US$
- Datenverarbeitung und Hosting-Dienste: 1,3 Milliarden US$
In den letzten Jahren flossen die meisten ausländischen Investitionen in traditionelle Sektoren, allen voran den Ölsektor und den Bergbau. Aktuelle Daten deuten jedoch auf eine neue Investitionswelle hin, die vor allem durch die weltweite Dekarbonisierungsagenda angetrieben wird. In dieser Hinsicht bietet die Tatsache, dass Brasilien bereits mehr als 90 Prozent seiner elektrischen Energie aus erneuerbaren Quellen bezieht, einen Weg für Unternehmen, ihre Emissionen zu reduzieren.
Standortmängel treiben Geschäftskosten in die Höhe
Doch birgt das Engagement in Brasilien Herausforderungen für ausländische Investoren. Hierzu zählen neben der relativ niedrigen Produktivität die unzureichende Infrastruktur, strikte Arbeitsgesetze sowie komplexe steuerliche und regulatorische Anforderungen, die die Geschäftskosten in Brasilien erhöhen und als "Custo Brasil" bekannt sind.
Ausländische Investoren genießen in den meisten Wirtschaftssektoren die gleichen rechtlichen Bedingungen wie einheimische Unternehmen. Es gibt jedoch Einschränkungen in Bereichen wie Gesundheit, Massenmedien, Telekommunikation, Luftfahrt, Landbesitz und Schifffahrt.
Wirtschaftsreformen erleichtern Investitionen
In den vergangenen Jahren hat Brasilien wichtige Wirtschaftsreformen durchgeführt, darunter in Bezug auf den Arbeitsmarkt, die Fiskalpolitik und das Rentensystem. Ein wichtiger Baustein zur Förderung ausländischer Investitionen war das Programm für Investitionspartnerschaften (PPI). Seit seiner Einführung im Jahr 2016 hat das PPI über 200 Projekte in den Bereichen PPP (öffentlich-private Partnerschaften) und Konzessionen ermöglicht, viele davon unter Beteiligung internationaler Unternehmen.
Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Ende 2023 beschlossene Steuerreform, die in den kommenden Jahren umgesetzt wird und zu einer Vereinfachung des komplexen Steuersystems führen soll.
Deutsche Unternehmen prägen Brasiliens Industrie
Firmen aus Deutschland zählen zu den wichtigsten Investoren in Brasilien. Die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen blicken auf eine lange und traditionsreiche Geschichte zurück, die vor rund 200 Jahren mit der deutschen Einwanderung begann. Einige der größten deutschen Unternehmen, wie Hamburg Süd, Siemens und Bayer, sind bereits seit über einem Jahrhundert im Land tätig.
Deutsche Unternehmen haben maßgeblich zum Aufbau der brasilianischen Industrie beigetragen und spielen in verschiedenen Sektoren eine strategische Rolle. Ein bedeutender Meilenstein in der Entwicklung der brasilianischen Automobilindustrie war die Errichtung von Montagewerken durch Mercedes-Benz im Jahr 1955 und Volkswagen im Jahr 1959. Diese Investitionen legten den Grundstein für das starke Wachstum dieses Sektors.
Heute sind etwa 1.600 Unternehmen mit deutschem Kapital in Brasilien aktiv und erwirtschaften rund 10 Prozent der industriellen Wertschöpfung, so der Bundesverband der Deutschen Industrie.
Unternehmen | Branche | Nettoumsatz (in Mio. US$) *) | Rangstelle |
---|---|---|---|
Volkswagen | Kfz-Industrie | 6.967 | 38 |
BASF | Chemieindustrie | 4.117 | 63 |
Volkswagen Lkw und Busse | Kfz-Industrie | 2.495 | 92 |
ZF | Kfz-Industrie | 1.498 | 164 |
Bosch | Automobil- und Industrietechnik | 1.335 | 189 |
EU-Mercosur-Abkommen weiter auf Eis
Ein wichtiger Faktor für die Stärkung des bilateralen Handels ist das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem Mercosur. Das Abkommen würde nicht nur die Handelsbeziehungen festigen, sondern auch helfen, die Konkurrenz aus China in Schach zu halten, da chinesische Produkte zunehmend auf dem Vormarsch sind, nicht zuletzt auf dem Automarkt.
Doch obwohl sich Präsident Lula da Silva im Herbst 2024 optimistisch über einen zeitnahen Abschluss äußerte, sind die Mitgliedstaaten der EU weiter uneinig. Besonders in Frankreich stößt das Abkommen auf Ablehnung. Ein Abschluss ist damit – 25 Jahre nach Aufnahme der Verhandlungen – weiter ungewiss.
Förderung kommt von verschiedenen Regierungsebenen
Ausländische Unternehmen, die in Brasilien investieren möchten, können von einer Vielzahl steuerlicher Anreize profitieren, die die brasilianische Regierung auf kommunaler, staatlicher und föderaler Ebene gewährt. Um in den Genuss der Vergünstigungen zu kommen, müssen die Unternehmen vor der Umsetzung der Projekte Anträge stellen, die das Mindestinvestitionsvolumen, die Schaffung von Arbeitsplätzen und weitere relevante Informationen enthalten.
Das Außenministerium und die Agentur für Export- und Investitionsförderung (Apex-Brasil) fördern brasilianische Produkte und Dienstleistungen im Ausland und ziehen ausländische Investitionen in strategische Sektoren der brasilianischen Wirtschaft an. Apex-Brasil unterstützt internationale Investoren bei Fragen wie der Gründung oder Erweiterung von Niederlassungen in Brasilien, der Bildung von Partnerschaften mit brasilianischen Unternehmen oder der Kapitalbeschaffung über Fonds und Direktinvestitionen.
Neben den nationalen Anreizen gibt es auch regionale Investitionsförderer. In São Paulo ist InvestSP die zentrale Anlaufstelle für Investoren, die in den Staat investieren möchten. Ein Beispiel auf kommunaler Ebene ist InvestRio, das Investoren bei der Identifizierung von Investitionsmöglichkeiten in der Stadt Rio de Janeiro unterstützt.
Auch Freihandelszonen wie die Freihandelszone von Manaus bieten attraktive Bedingungen, wie Steuererleichterungen und Zollerleichterungen, um Investitionen in strategische Sektoren zu fördern.
Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.