Albanien investiert in Straßen, Schienen, Häfen und Flughäfen. Die Finanzierung kommt häufig aus der EU. Die geberfinanzierten Projekte eröffnen Chancen für deutsche Unternehmen. (Stand: 10.10.2023)
Albaniens Wirtschaft wird auch im Jahr 2023 wieder zulegen. Vor allem der Tourismus beflügelt die Konjunktur. Die wachsenden Urlauberströme erhöhen den Druck auf die Regierung, verstärkt in die Verkehrsinfrastruktur zu investieren. Diese hat sich bereits deutlich verbessert, gilt aber nach wie vor als Schwäche des Balkanstaats. Ein weiterer Entwicklungstreiber sind Finanzmittel aus Brüssel. Damit will die EU den Beitrittskandidaten schon heute in ihre Verkehrskorridore einbinden.
Geberbanken finanzieren Projekte in Albanien
3,7 Mrd.
Euro
sind für aktuelle Projekte in Albaniens Infrastruktur geplant.
Die albanische Regierung und internationale Geberbanken kurbeln Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur an. Damit sollen der Anschluss an internationale Straßenkorridore gelingen und auch Projekte in den Bereichen Schiene, Luft und Wasser vorankommen. Dafür befinden sich Vorhaben für rund 3,7 Milliarden Euro in Vorbereitung oder Umsetzung. Gerade bei geberfinanzierten Projekten eröffnen sich für internationale Unternehmen Chancen.
Einen Investitionsschub in die Straßeninfrastruktur hat es bereits in den 2010er-Jahren gegeben. Unter anderem durch Finanzmittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wurden zahlreiche Straßen erneuert.
Unter dem kommunistischen Herrscher Enver Hoxha war Albanien über Jahrzehnte von der Außenwelt abgeschottet. Entsprechend groß ist noch heute der Nachholbedarf.
Ausgewählte Infrastrukturprojekte in Albanien
Schiene wird wieder wettbewerbsfähig
Die Regierung erneuert das marode Schienennetz der Eisenbahngesellschaft Hekurudha Shqiptare (HSH). Derzeit verkehren kaum noch Züge in dem Balkanland. Das Streckennetz ist für die Bevölkerung keine Alternative zur Straße. Die mögliche Höchstgeschwindigkeit liegt unter 60 km/h. Das ändert sich nun: Im Fokus steht die Verbindung zwischen Tirana und dem Hafen Durrës. Lange Zeit wurde das Vorhaben angekündigt, aber die Umsetzung stockte. Die Verbindung Durrës-Tirana soll zudem eine Abzweigung nach Rinas zum internationalen Flughafen von Tirana erhalten.
Daneben gibt es zwei weitere Schlüsselprojekte. Das erste ist die Verbindung aus der Hafenstadt Durrës in den Norden zur montenegrinischen Grenze nach Hani i Hotit. Das Projekt wird Teil der Global Gateway Initiative der EU sein. Damit fördert die EU den Ausbau nachhaltiger Infrastruktur weltweit.
Das zweite Schlüsselprojekt führt von Durrës in Richtung Pogradec zur mazedonischen Grenze. Auch der Anschluss nach Florina in Griechenland ist bereits beschlossen. Das würde Albanien wieder an das Netz der Nachbarstaaten anschließen sowie Verbindungen nach Griechenland und Bulgarien ermöglichen.
Mittelmeerkorridor wird durch Albanien laufen
Künftig verbindet der Adriatic-Ionian Highway Albanien mit seinen Nachbarstaaten. Er führt von Triest in Italien über 1.500 Kilometer nach Kalamata in Griechenland. Die Streckenlänge in Albanien beträgt rund 300 Kilometer, berichtet Systema. Das griechische Unternehmen hatte im Auftrag der Europäischen Investitionsbank (EIB) eine Machbarkeitsstudie für das Projekt umgesetzt. Die Kosten für den albanischen Abschnitt dürften sich auf rund 1 Milliarde Euro belaufen.
Der Adriatic-Ionian Highway ist sowohl für die beteiligten Länder als auch die EU bedeutsam. Er wird sowohl Teil des Adriatic-Ionian Corridors, als auch des Transeuropäischen Transportnetzwerks (TEN-T) sein. Derzeit sind zwei Ausschreibungen mit einem Projektwert von rund 450 Millionen Euro in Vorbereitung.
Tourismusrekord fordert auch die Flughäfen
Albanien erlebt im Jahr 2023 einen Tourismusboom. Erstmals könnten mehr als 10 Millionen Urlauber ins Land reisen. Albanien hat sich zu einem Tourismushub auf dem Westbalkan entwickelt. Das stellt die Flughäfen des Landes vor neue Herausforderungen. Albanien hat zwei internationale Airports: Der Hauptstadtflughafen Tirana und der im Nordosten gelegene Flughafen Kukës. Letzterer ist auf Billigflieger spezialisiert.
Der Flughafen Tirana vermeldet ein Plus von über 37 Prozent für die ersten sieben Monate des Jahres 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, meldet das Fachportal Travel Daily News. Nun soll auch im Süden des Landes ein Flughafen entstehen und für Entlastung sorgen. In Vlora befindet sich seit dem Jahr 2021 ein internationaler Flughafen im Bau. Unterstützung dafür kommt aus Deutschland: Munich Airport International, eine Tochter der Betreibergesellschaft des Münchner Flughafens, berät bei dem Vorhaben. Der Flughafen steht allerdings in der Kritik. Er wird in den Vjosa Nationalpark und damit ein Naturschutzgebiet gebaut.
Neben Vlora hatte die Regierung im Jahr 2021 auch einen Flughafen für die Stadt Saranda angekündigt. Dort gibt es aber aktuell keine neuen Entwicklungen.
Milliarden aus den Emiraten für Hafen Durrës
Albaniens Häfen sollen ebenfalls attraktiver für den Güter- und Personenverkehr werden. Von Bedeutung ist dabei allerdings nur der Hafen in Durrës. Die Regierung hat dazu einen Vertrag über 2 Milliarden Euro mit dem Investor Mohamed Alabbar aus den Vereinigten Arabischen Emiraten unterzeichnet. Der Industriehafen wird demzufolge in eine moderne Marina umgestaltet. Zudem sollen Wohnungen und eine Tourismusinfrastruktur entstehen.
"Der Hafen von Durrës wird besser als Monaco," sagte Investor Alabbar im Rahmen eines Tourismusforums im April 2023.
Mohamed Alabbar hatte als Geschäftsführer von Eagle Hills bereits das umstrittene Belgrade Waterfront Projekt umgesetzt. Dabei ist ein komplett neues Stadtviertel in der serbischen Hauptstadt entstanden. Bei dem Projekt in Durrës handelt es sich um eine öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP). Der albanische Staat hält ein Drittel der Anteile.
Etwas weiter nördlich soll mit Porto Romano der neue Industriehafen von Durrës entstehen. An der derzeit laufenden Planung ist das niederländische Unternehmen Royal Haskoning DHV beteiligt.
Von Martin Gaber
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Belgrad