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Branchen | Kanada | Rohstoffsicherung

Recycling ist ein Kernpfeiler für Kanadas Rohstoffsicherung

Das Wiederverwenden kritischer Rohstoffe bietet innovativen deutschen Unternehmen in Kanada gute Geschäftschancen. Ottawa fördert Technologieprojekte mit Millionensummen. (Stand 17.02.2025)

Von Heiko Steinacher | Toronto

Das Start-up Cyclic Materials aus Kingston, Ontario, stellt seit Sommer 2024 aus recycelten Materialien hochreines Seltenerdoxid und ein Kobalt-Nickel-Hydroxid-Produkt her. Ein weiteres Jungunternehmen, Green Graphite Technologies aus Montreal, Québec, will im 3. Quartal 2025 eine Anlage in Betrieb nehmen, die aus natürlichen Grafitflocken und recycelten Lithium-Ionen-Batterien Grafit in Batteriequalität gewinnt.

Mit ihren recycelten Rohstoffen könnten die beiden Unternehmen Hersteller einer breiten Palette an Endprodukten versorgen: Während seltene Erden in Permanentmagneten für Windturbinen, Elektrofahrzeuge und Elektronikprodukte verwendet werden, dient Grafit zur Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien und Solarmodulen.

Erhebliche Fördermittel für das Recycling kritischer Rohstoffe

Kanadas Bundesregierung unterstützt den Bau der beiden Recyclinganlagen mit insgesamt 6,2 Millionen US-Dollar (US$). Im Juli 2024 schüttete sie bereits jeweils 3,7 Millionen US$ an Electra Battery Materials und Mining Innovation Rehabilitation and Applied Research (MIRARCO) aus. Die beiden Unternehmen aus Sudbury, Ontario, entwickeln Technologien zur Rückgewinnung von Rohstoffen aus Schwarzmasse.

Die Stadt Kingston könnte sich zu einem Recycling-Hub entwickeln: Neben Cyclic Materials ist dort auch Ucore Rare Metals aktiv; das Unternehmen testet eine Technologie zur Trennung von seltenen Erden. Zudem wurde 2021 in Kingston der RXN Hub gegründet - ein Zentrum für chemische Pilotprojekte, Unternehmertum und die Kommerzialisierung von Chemietechnik.

Zu den Schwerpunktaktivitäten des Hubs zählt die Entwicklung neuer Technologien für das Recycling kritischer Mineralien. "Wir wollen in den nächsten zehn Jahren einen Anteil von 15 bis 30 Prozent an recycelten seltenen Erden erreichen", kündigte der Geschäftsführer von RXN, Sebastian Alamillo-Falkenberg, im Mai 2024 in kanadischen Medien an.

Deutschen Unternehmen bieten sich Geschäftschancen

Im Rahmen seiner nationalen Strategie für kritische Rohstoffe (geografische Darstellung der Vorkommen auf Seite 10 des Strategiepapiers) fördert Kanada auch das Recycling kritischer Mineralien. Ziel ist es, die heimischen Lieferketten für kritische Rohstoffe zu stärken und die Abhängigkeit von Importen zu reduzieren. Das bietet auch deutschen Unternehmen, die innovative Recyclingtechnologien anbieten, gute Marktchancen.

So will BASF in Bécancour, Québec, nicht nur Kathodenmaterialien produzieren, sondern auch Batteriemetalle recyceln. Auch Umicore, ein belgisches Unternehmen mit starken Verbindungen nach Deutschland, will in Loyalist, Ontario, Batteriematerialien nicht nur produzieren, sondern auch zurückgewinnen.

Im Juni 2024 ist McCol Metals vom deutschen Konzern Heraeus übernommen worden. Das kanadische Unternehmen hat ein Verfahren entwickelt, das die Rückgewinnung und das Recycling des Edelmetalls Iridium aus verbrauchten Mischmetalloxid-Elektroden erleichtert. Diese werden als Anoden in elektrochemischen Prozessen verwendet, zum Beispiel bei der Herstellung von Kupferfolien für Batterien. Laut Heraeus ist Iridium für den Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft unverzichtbar.

Ganz Nordamerika im Fokus

Neben dem Werk in Kingston will Cyclic Materials bis 2035 noch ein halbes Dutzend weitere Recyclinganlagen für seltene Erden in Nordamerika eröffnen – und damit eine regionale Lieferkette für die E-Autoindustrie schaffen. Ucore Rare Metals errichtet im US-Bundesstaat Louisiana eine große Seltenerd-Recyclinganlage, die im Laufe dieses Jahres in Betrieb gehen soll.

Zusätzlich entwickelt das Unternehmen aus Halifax, Nova Scotia, das Bokan-Mountain-Projekt in Alaska. Zwar konzentriert es sich auf die Erschließung und den Abbau von seltenen Erden, doch es umfasst auch die Rückgewinnung von wertvollen Metallen wie Dysprosium, das in Hochtemperaturmagneten verwendet wird, die unter anderem in Elektrofahrzeugen zum Einsatz kommen.

Mögliche Investitionsbarriere

Kanadas Rohstoffstrategie bringt allerdings nicht nur Vorteile für die Unternehmen mit sich. So müssen ausländische Firmen, die in strategisch wichtige Bereiche wie kritische Mineralien, Raumfahrttechnologie und künstliche Intelligenz investieren, ihre Pläne vorab der Bundesregierung ankündigen. Die Ankündigungspflicht umfasst auch Recyclingprojekte für kritische Mineralien. Die Regierung prüft diese Investitionen aus Gründen der nationalen Sicherheit und will dadurch erreichen, dass weniger Geld aus China in den heimischen Rohstoffsektor fließt. Strengere Prüfungen könnten generell Projekte ausländischer Investoren verzögern oder blockieren.

Andererseits zeigt sich Kanadas Regierung offen für viele internationale Kooperationen, insbesondere mit der EU. Dies könnte deutschen Unternehmen den Markteintritt erleichtern, insbesondere Anbietern innovativer und nachhaltiger Lösungen. 

Im Gegensatz dazu kann der Marktzugang im Nachbarland USA durch Local-content-Anforderungen zusätzlich erschwert werden: Um dort von steuerlichen Anreizen profitieren zu können, müssen oft lokale Produktionskapazitäten aufgebaut werden.

Die von US-Präsident Trump medienwirksam angedrohten und dann vorerst ausgesetzten Pauschalzölle auf kanadische Waren könnten erhebliche Auswirkungen auf den Handel mit kritischen Rohstoffen haben. Sollten sie doch eingeführt werden, dürfte Kanada als Reaktion Gegenzölle auf die Einfuhr seltener Erden und kritischer Mineralien aus den USA erheben. Das könnte die Kosten erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit kanadischer Recyclingprojekte beeinträchtigen.

Gleichzeitig könnten die Entwicklungen aber neue Anreize für die Schaffung heimischer Recyclingkapazitäten bieten, um weniger abhängig von Importen zu sein. Die Provinz British Columbia kündigte zudem an, 18 Rohstoffprojekte im Gesamtwert von etwa 14 Milliarden US$ im Schnellverfahren bearbeiten zu wollen – Ziel: weniger Abhängigkeit vom Handel mit den USA. 

Aufbau einer Wertschöpfungskette für kritische RohstoffeKanadas Regionen weisen besondere Stärken auf
Provinz/TerritoriumStärken
Atlantikprovinzen
  • insbesondere Neufundland und Labrador haben einige Minen für kritische Mineralien (Mangan, seltene Erden, Lithium, Grafit)
Québec
  • viele Mineralienvorkommen, darunter Kobalt, seltene Erden, Grafit, Lithium, Nickel, Niob, Phosphat, Titan und Vanadium
  • für die Zwischenverarbeitung einiger wichtiger Mineralien kostengünstige Energie aus Wasserkraft verfügbar
  • hat eine Strategie für kritische und strategische Mineralien
  • hat ein Exzellenzzentrum für kritische und strategische Mineralien sowie ein Forschungsinstitut für Bergbau und Umwelt an der Universität von Québec in Abitibi-Témiscamingue
  • verfügt über eine der größten Elektronik-Recyclinganlagen der Welt mit einer einzigartigen Technologie
  • Lion Electric stellt vollelektrische schwere Nutzfahrzeuge und Batterien für diese her
  • mehrere große Batteriefabriken geplant (unter anderem Ford, General Motors)
Ontario
  • verfügt über zahlreiche Mineralien, darunter Nickel und Lithium
  • Nähe zu Endverbrauchern und Märkten entlang der Lieferkette, zum Beispiel Kfz (Ontario, Michigan (USA))
  • Kfz-Industrie bereits vorhanden, mit vollständiger Wertschöpfungskette vom Rohstoffabbau bis zur Herstellung von E-Fahrzeugen
Prärieprovinzen
  • Manitoba verfügt über zahlreiche Mineralien, darunter Kupfer, Nickel und Zink
  • Saskatchewan ist reich an Pottasche und Uran
  • Öl- und Gasproduktionsabwässer in Alberta könnten zur Gewinnung von Lithium verwendet werden
British Columbia
  • verfügt über eine beachtliche Anzahl von Gießereien, die entscheidend sind für die Verarbeitung und Veredelung von Metallen, die aus kritischen Mineralien gewonnen werden
Northwest Territories
  • verfügen über Reserven an seltenen Erden
  • Nunavut verfügt über Uran und Mangan
Quelle: House of Commons Canada, 2022

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