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Branche kompakt | Polen | Kfz-Industrie

Solides Wachstum in Polens Kfz-Industrie

Während die Automobilbranche wieder an Schwung gewinnt, drängen Hersteller aus China in den Markt. Neue Förderprogramme sollen außerdem der E-Mobilität helfen.

Von Christopher Fuß | Warschau

Ausblick der Kfz-Branche in Polen

Bewertung:

 

  • Verkaufszahlen von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen steigen.
  • Elektromodelle mit solidem Wachstum, aber niedriger Marktbeteiligung.
  • Produktion von Nutzfahrzeugen und Lkw entwickelt sich stark.
  • Einzelne Fahrzeugsegmente weiterhin in der Krise.

Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: April 2024

  • Markttrends

    Der konjunkturelle Aufschwung in Polen erfasst den Fahrzeugmarkt. Fast alle Sparten liegen beim Absatz im Plus. Gleichzeitig steht eine neue Steuer vor dem Aus.

    Polens Pkw Markt befindet sich im Aufwind. Nachdem der Branchenverband PZPM (Polski Związek Przemysłu Motoryzacyjnego) bereits 2023 ein Plus von 13,2 Prozent bei den Neuzulassungen registrierte, beginnt auch das neue Jahr aus Sicht der Hersteller erfreulich. Im 1. Quartal 2024 lagen die Erstanmeldungen um fast 13 Prozent über dem Vorjahresniveau. 

    Es gibt aber einen Wermutstropfen. Polen kommt bei der Zahl der Neuzulassungen weiterhin nicht an das Vor-Corona-Niveau heran. Laut Prognosen der Automobildenkfabrik Samar wird sich dieser Umstand auch 2024 nicht ändern. Die Experten rechnen mit 515.000 Erstanmeldungen. Das entspräche einem Plus von 8,4 Prozent gegenüber 2023, wäre aber immer noch knapp ein Zehntel weniger als 2019.

    85 %

    der Produktion von Polens KFZ-Industrie geht in den Export.

    Wirtschaftlicher Aufschwung hilft auch deutschen Herstellern

    Fallende Zinsen für Leasingverträge und steigende Umsätze von Unternehmen treiben das Wachstum. Eine solide Auftragslage in der Industrie ist wichtig für den Fahrzeugmarkt, weil gewerbliche Abnehmer die größte Kundengruppe von Pkw sind. Geht es den Betrieben gut, bestellen sie mehr Firmenwagen. Privatpersonen sind in Polen hingegen nur für etwas mehr als ein Viertel aller neuen Zulassungen verantwortlich.

    Das Premiumfahrzeugsegment profitiert besonders deutlich. Unter den zehn absatzstärksten Autoherstellern in Polen wuchs 2023 kein Unternehmen so schnell wie Audi. Der Platzhirsch nach Neuzulassungen bleibt aber Toyota. Der japanische Hersteller setzte rund dreiviertel mehr Fahrzeuge ab als Polens zweitbeliebteste Automarke Skoda. 

    Die Verkaufszahlen von leichten Nutzfahrzeugen mit einem Gewicht bis 3,5 Tonnen steigen ebenfalls. Das Nachfrageplus hängt auch mit der Expansion von Kurierdienstleistern zusammen. Polens größter Paketzusteller InPost lieferte 2023 über 20 Prozent mehr Sendungen aus als noch im Vorjahr. Um weiter zu wachsen, braucht das Unternehmen mehr Fahrzeuge.

    Der Absatz von Lkw bricht hingegen zum Jahresauftakt 2024 um 16 Prozent ein. Logistikfirmen klagen, dass ukrainische Anbieter ihnen Konkurrenz machen. Große Spediteure, wie DHL Polska, Rohlig Suus Logistics oder DSV erwarten außerdem neue Informationen bezüglich einer geplanten Kaufprämie für Lkw mit Elektroantrieb. Der staatliche Umweltfonds NFOŚiGW (Narodowy Fundusz Ochrony Środowiska i Gospodarki Wodnej) berät seit Februar 2024 einen entsprechenden Entwurf. 

    Wachsender Markt zieht asiatische Hersteller an

    Nachdem die Europäische Kommission im Februar 2024 wichtige EU-Fördergelder freigegeben hat, hoffen auch die Bushersteller in Polen auf neue Zuschussprogramme. Öffentliche Fördermaßnahmen haben mit dazu beigetragen, dass emissionsfreie und emissionsarme Fahrzeuge im Jahr 2023 auf einen Marktanteil von knapp 30 Prozent an allen Neuzulassungen kamen. 

    Gut für die Bushersteller: Nach einem schwachen Jahr 2022 legte der Fahrzeugabsatz zwischen Januar und Dezember 2023 um 59 Prozent zu. Der Verkauf rein elektrisch betriebener Fahrzeuge entwickelte sich 2023 sogar doppelt so schnell wie der Markt. Wie PZPM berichtet, konnte Mercedes-Benz seine modellübergreifenden Verkaufszahlen um 73 Prozent steigern und landete damit auf Platz 1 der beliebtesten Bus-Hersteller, vor dem polnisch-spanischen Unternehmen Solaris.

    Gleichzeitig drängen neue Konkurrenten aus Asien in den Busmarkt. Der chinesische Hersteller Yutong setzte im Jahr 2023 in Polen mehr als sechsmal so viele Fahrzeuge ab wie im Vorjahr – allerdings von einem niedrigen Ausgangsniveau. Europäische Hersteller müssen sich dauerhaft auf mehr Wettbewerb einrichten. Im März 2024 bestellten die Verkehrswerke von Warschau ZMT (Zarząd Transportu Miejskiego) 18 weitere Yutong-Elektrobusse. Zum Kundenkreis des chinesischen Busbauers gehören mittlerweile 20 Städte und Gemeinden in Polen.

    Chinesische Produzenten nehmen auch den Pkw-Markt ins Visier. Ab Juni 2024 startet der Verkauf des Herstellers Chery Automobile. Bereits seit Dezember 2023 bietet der SAIC-Konzern seine Modelle in Polen an. Noch spielen die Autos aus China aber keine große Rolle in den Absatzzahlen am polnischen Fahrzeugmarkt.

    Pkw-Neuzulassungen nach Herstellern in Polen(Stückzahl in Tausend; Marktanteil und Veränderung in Prozent)

    Hersteller

    Stückzahl

    Veränderung 2023/2022

    Marktanteil 2023

    Toyota

    91,2

    +23

    19,2

    Skoda

    51,5

    +22

    10,8

    Kia

    36,1

    +7

    7,6

    Volkswagen

    33,9

    +10

    7,1

    Hyundai

    26,9

    0

    5,7

    Audi

    26

    +35

    5,5

    BMW

    23,2

    -2

    4,9

    Quelle: PZPM 2024

     

    Neuer Anlauf bei Umweltzonen

    Ein Problem bleibt das hohe Alter der Pkw-Flotte in Polen. Laut dem europäischen Automobilverband ACEA (Association des Constructeurs Européens d'Automobiles) liegt es bei durchschnittlich 14,9 Jahren. Nur auf den Straßen im Baltikum und in Griechenland sind noch ältere Fahrzeuge unterwegs. Weil alte Pkw viel Feinstaub ausstoßen, führt Warschau zum 1. Juli 2024 eine Umweltzone ein. Dieselfahrzeuge, die älter als 18 Jahre sind, und Benziner, die älter als 27 Jahre sind, dürfen dann nicht mehr in die Innenstadt fahren. Die Altersgrenzen sinken im Laufe der kommenden Jahre. Andere Städte, wie zum Beispiel Wrocław, folgen dem Beispiel.

    Eigentlich stand Krakau kurz davor, die erste Umweltzone in Polen einzuführen. Doch ein Gericht kippte die Entscheidung des Stadtrates, weil die Grenzen der Umweltzone ungenau definiert waren. Die Stadtverwaltung hat angekündigt, die betroffenen Dokumente zu überarbeiten und erneut einzureichen. 

    Polens neue Regierung will außerdem keine zusätzlichen Steuern und Gebühren für die Halter von Verbrenner-Pkw einführen. Eigentlich müsste das Land ab 2025 entsprechende Abgaben erheben, um Zugriff auf weitere EU-Gelder zu erhalten. Die Maßnahme soll emissionsfreie Antriebe fördern. Elektrofahrzeuge wären nämlich von den Zahlungen befreit. Doch die zuständige Ministerin Katarzyna Pełczyńska-Nałęcz kündigte im sozialen Netzwerk X (ehemals Twitter) an, man werde mit der Europäischen Kommission über diesen Punkt verhandeln. Die Zusatz-Abgaben sind Teil eines Vertrags zwischen Polen und Brüssel.

    Ungebrochen hoch scheint unterdessen das Interesse an ausländischen Gebrauchtfahrzeugen zu sein. Für jeden neu zugelassenen Pkw importierten polnische Kunden und Händler im Jahr 2023 mehr als anderthalb gebrauchte Modelle. Dieses Verhältnis bleibt seit Jahren konstant.  

    Von Christopher Fuß | Warschau

  • E-Mobility

    Die Verkaufszahlen von Elektroautos steigen weiter. Branchenvertreter plädieren dafür, Subventionen auszuweiten. Neue Förderprogramme nehmen den Lkw-Verkehr ins Visier.

    Die Elektromobilität bleibt in Polen auf Wachstumskurs. Die Neuzulassungen von Pkw mit reinem Batterieantrieb lagen zwischen Januar und Februar 2024 um 14,3 Prozent über dem Wert des Vorjahreszeitraums. Gleichzeitig gingen laut Angaben des Branchenverbandes PZPM (Polski Związek Przemysłu Motoryzacyjnego) in den ersten zwei Monaten 2024 fast 30 Prozent mehr Ladesäulen ans Netz als zum Jahresauftakt 2023.

    Zur Wahrheit gehört aber auch: Das Wachstum verliert an Dynamik, denn im Gesamtjahr 2023 stiegen die Zulassungszahlen für elektrisch betriebene Pkw noch um 51,3 Prozent. Außerdem kam der Anteil von Elektroautos an allen Fahrzeuganmeldungen im Jahr 2023 nicht über 3,6 Prozent hinaus. Das ist knapp ein Drittel des EU-Durchschnittswertes. Kleiner Lichtblick: Der Verband für alternative Kraftstoffe PSPA (Polskie Stowarzyszenie Paliw Alternatywnych) prognostiziert für das Jahr 2024 in Polen einen Marktanteil an allen Neuzulassungen von 7 Prozent.

    Tesla bleibt die beliebteste Marke für Elektro-Pkw. Der amerikanische Hersteller kann seinen Vorsprung auf den zweitplatzierten Volkswagen sogar noch ausbauen. Im Jahr 2023 war mehr als jedes vierte neu zugelassene Elektroauto in Polen ein Tesla. 

    Hersteller von Transportfahrzeugen und elektrisch betriebenen Lkw müssen zum Jahresauftakt Abstriche hinnehmen. Nach einem sehr starken Jahr 2023 liegen die Neuzulassungen im Januar und im Februar 2024 deutlich unter dem Vorjahreswert. 

    Dafür befindet sich ein anderes Fahrzeugsegment weiter im Aufwind. Die Rede ist von Elektrobussen. Jeder fünfte neu zugelassene Bus in Polen war 2023 ein Modell mit reinem Batterie-Antrieb. Wasserstofffahrzeuge spielen bei den Anmeldungen nur eine Nischenrolle.

    Zuschüsse und Steuervorteile

    Polen unterstützt die Mobilitätswende mit verschiedenen Instrumenten. Der staatliche Umweltfonds NFOŚiGW (Narodowy Fundusz Ochrony Środowiska i Gospodarki Wodnej) bietet Kaufprämien für Elektrofahrzeuge an. Bei Pkw beträgt der Zuschuss bis zu 6.200 Euro. Mehr Geld gibt es für Lieferfahrzeuge unter 3,5 Tonnen. Die Förderung greift nicht bei Plug-In-Hybriden. Auch Ladepunkte in Privathaushalten müssen ohne Unterstützung auskommen. Der PSPA bemängelt die fehlenden Subventionen. Kritik gibt es auch für den Umstand, dass förderfähige Elektro-Pkw nicht mehr kosten dürfen als 52.300 Euro. Bei Lieferwagen gilt diese Obergrenze nicht.

    Steuerliche Anreize für emissionsarme und emissionsfreie Pkw

    Antriebsart

    Benzin und Diesel

    Mild- und Full-Hybrid

    Plug-in Hybrid

    BEV und Wasserstoff

    Verbrauchssteuer 1 2

    3,1 - 18,6

    1,55 - 18,6

    0 - 18,6

    0

    Steuer-abzugsfähiger Höchstbetrag 3

    34.900

    34.900

    34.900

    52.300

    1) Angaben in Prozent, 2) Höhe des Steuersatzes ist abhängig vom Hubraum, 3) Angaben in EUR. Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

    Der Staatssekretär im Klimaministerium Krzysztof Bolesta verteidigte die Obergrenze gegenüber der Tageszeitung Rzeczpospolita mit den Worten: "Die Preisgrenze soll die Hersteller dazu bewegen, ein Auto innerhalb dieser Grenzen zu bauen". Höhere Obergrenzen würden die Nachfrage nach teuren Firmenwagen ankurbeln. Das Klimaministerium will hier lieber einen anderen Weg gehen. Verbrennerfahrzeuge fließen aktuell mit maximal 34.800 Euro in die Steuerbemessungsgrundlage von Gewerbetreibenden ein. Diese Zahl soll auf 23.200 Euro sinken. Das wäre ein deutlicher Nachteil gegenüber Elektroautos, bei denen der Wert heute 52.300 Euro beträgt.

    Fahrzeugquoten und bauliche Vorgaben

    Neben den Zuschüssen gibt es in Polen auch Quoten. Ab Januar 2025 muss der Fuhrpark von Städten ab 50.000 Einwohnern zu mindestens 30 Prozent aus Elektrofahrzeugen bestehen. Während Gdańsk diese Vorgabe bereits heute erfüllt, will die Stadtverwaltung Krakau lieber ihre Dieselflotte reduzieren, um die Zielmarke zu erreichen.

    Ab 2028 müssen 30 Prozent aller Busse im öffentlichen Personennahverkehr einen emissionsfreien Antrieb haben. Das Problem: Elektrobusse sind doppelt so teuer wie Dieselfahrzeuge. Der Umstieg soll unter anderem dank neuer Gelder gelingen, welche die Europäische Kommission im Februar 2024 freigegeben hat. Erste Busprogramme gibt es bereits. Die zuständige Vergabestelle CUPT gab im März 2024 die Ergebnisse einer Ausschreibung bekannt. Rund 66,5 Millionen Euro gehen an insgesamt 23 Gemeinden für den Kauf von Überlandbussen.

    Rechtliche Vorgaben betreffen auch die Eigentümer von Nicht-Wohngebäuden. In diese Kategorie fallen zum Beispiel Geschäfte oder Industrieparks. Gibt es mehr als 10 Parkplätze, muss eine neue Immobilie ab dem Jahr 2025 über mindestens eine Ladestation verfügen. Außerdem muss an 20 Prozent aller Parkplätze ein Kabelkanal liegen. Bei neuen Wohngebäuden mit mehr als 10 Parkplätzen gilt ab 2025: An jedem Parkplatz muss ein Kabelkanal liegen. Ausnahmen existieren für denkmalgeschützte Gebäude und für mittelständische Betriebe.

    Die Ladesäulenquoten nehmen große Einzelhändler in die Pflicht, denn vor diesen Geschäften gibt es viele Parkplätze. Polens führender Lebensmitteldiscounter Biedronka kooperiert bereits mit dem Betreiber Powerdot. Der Ladesäulen-Verwalter verfügt über 250 Ladepunkte in Polen. Diese Zahl soll auf 1.500 Punkte anwachsen. Wettbewerber wie Greenway, Orlen oder Budimex Mobility verfolgen ähnlich ambitionierte Pläne.

    Elektrifizierung des Straßen-Güterverkehrs

    Investoren müssen lange auf einen Netzanschluss warten, klagt PSPA. Das betreffe insbesondere Schnellladestationen entlang der Autobahnen. Hier fehlt laut PSPA die entsprechende Strom-Infrastruktur, um leistungsfähige Lademöglichkeiten zu bauen. 

    Dabei geht es nicht nur um Säulen für Elektro-Pkw. Anfang 2024 existierte in Polen kein öffentlich zugänglicher Ladestandort für Lkw mit Elektroantrieb. Das könnte sich rächen, denn laut der neuen europäischen AFIR-Verordnung muss ab 2030 entlang der Kernstrecken des sogenannten TEN-T Netzwerkes alle 60 Kilometer ein Ladestandort für schwere Nutzfahrzeuge existieren. 

    Der staatliche Umweltfonds hat darum ein Zuschussprogramm im Umfang von knapp 470 Millionen Euro angekündigt. Investoren erhalten Prämien, wenn sie Gleichstromladestation mit mindestens zwei 350 Kilowatt-Ladepunkten bauen. Darüber hinaus stellt der Umweltfonds weitere 230 Millionen Euro an Zuschüssen für emissionsfreie Lkw bereit. Kleine Unternehmen könne sich bis zu 80 Prozent des Einkaufspreises erstatten lassen. Bei großen Spediteuren sinkt der Wert auf 30 Prozent.

    Von Christopher Fuß | Warschau

  • Branchenstruktur

    Das Produktionsende für einige Verbrennerfahrzeuge setzt Zulieferer unter Druck. Insgesamt befindet sich die Branche aber im Aufwind - auch dank internationaler Investoren.

    Die Automobilkonzerne in Polen stellen ihre Produktion auf Elektrofahrzeuge um. Ein Beispiel hierfür ist Volkswagen Poznań. Ab 2028 wird das Werk des Unternehmens in Września elektrische Nutzfahrzeuge aus einer neuen Modellreihe herstellen. Bereits heute produzieren die Wolfsburger in Polen neben Lieferfahrzeugen mit Verbrennungsmotor auch batteriebetriebene Modellvarianten. Im Laufe des Jahres 2024 kommen neue Plug-In-Hybride dazu.

    Voraussichtlich 2027 nimmt eine weitere Fabrik von Mercedes-Benz ihren Betrieb auf. Der Bau der Produktionsstätte für Elektro-Nutzfahrzeuge beginnt 2024 in der Stadt Jawor. Am gleichen Standort gibt es bereits ein Werk des Premiumherstellers. Hier baut das Unternehmen neben Verbrennungsmotoren seit einiger Zeit auch Batteriesysteme für Elektrofahrzeuge.

    Stellantis, der Eigentümer von Marken wie Opel, Fiat oder Citroën, produziert seit 2023 in den südpolnischen Städten Tychy und Gliwice mehrere Elektrofahrzeuge. Das Nachsehen haben Benziner oder Dieselbaureihen. Zwischen dem zweiten und dritten Quartal 2024 verschwinden einige Modelle mit Verbrennungsmotor aus dem Produktionsplan.

    Strukturwandel unter den Zulieferern

    Diese Entwicklung bleibt nicht ohne Folgen für die Zulieferer. Der italienische Teilebauer Magneti Marelli entlässt im Laufe des Jahres 2024 rund ein Drittel aller Beschäftigten eines Werks in Bielsko-Biała. Damit reagiert der Hersteller auf die rückläufige Verbrennerproduktion von Stellantis. Das Unternehmen FCA Powertrain, eine Tochtergesellschaft von Stellantis, schließt in Bielsko-Biała sogar eine ganze Niederlassung. Die Fabrik produzierte Verbrennungsmotoren. Insgesamt 800 Stellen fallen bei FCA in Bielsko-Biała weg.

    Der Automobilverband PZPM (Polski Związek Przemysłu Motoryzacyjnego), rechnet damit, dass die Zahl der Beschäftigten in der Branche weiter sinken wird. Grund ist, dass Elektrofahrzeuge aus weniger Teilen bestehen. Verbandspräsident Jakub Faryś warnte in der Tageszeitung Dziennik Gazeta Prawna außerdem vor zunehmender Konkurrenz von außerhalb Europas: "Die chinesische Regierung steckt wie die USA riesige Summen in die Entwicklung von Elektrofahrzeugen. Wir als Industrie wollen keine Subventionen. Wir brauchen geeignete Rahmenbedingungen für die Forschung und Entwicklung von Technologien für Elektroautos", sagt er.

    Die Bushersteller Scania und Volvo haben Werke in Polen geschlossen. Der deutsche Hersteller MAN entließ in seinem Buswerk in Starachowice 900 Personen. Hinzu kommt: wegen einer Auftragsdelle entlässt MAN Zeitarbeiter und befristete Beschäftigte im Lkw-Werk in Niepołomice. "Die Kapazitätsanpassung wird sich nicht auf die Stammbelegschaft auswirken", betonte der Konzern in einem Pressestatement.

    Mehr Gewinner als Verlierer

    Schließungen und Entlassungen sorgen für großes mediales Aufsehen. Die Gesamtsituation der Branche spiegeln sie nur bedingt wider. Internationale Hersteller in Polen produzieren heute pro Monat fast doppelt so viele leichte Nutzfahrzeuge und LKW wie vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Ein Ende des Wachstums ist nicht in Sicht. So lagen beispielsweise die Fertigungszahlen von Sattelschleppern zwischen Januar und Februar 2024 um rund 20 Prozent über dem Vorjahreswert. Im gleichen Zeitraum stiegen die Pkw-Produktionszahlen sogar um über 40 Prozent.

    Die insgesamt positive Lage mag ein Grund dafür sein, warum Teilehersteller in Polen optimistisch in die Zukunft blicken. Laut einer Umfrage der Automobildenkfabrik Samar gehen 58 Prozent der Zulieferer davon aus, dass die Produktion 2024 über dem Vorjahr liegen wird. Nur 21 Prozent rechnen mit einem Rückgang. 

    Die Unternehmen sehen auch Herausforderungen. Als größte Hürde nennen Firmen die steigenden Kosten für Materialien, Energie und Personal. Außerdem befürchten Zulieferer eine sinkende Nachfrage in Westeuropa, dem wichtigsten Absatzmarkt von Polens Automobilindustrie.

    In keinem Land in Mittelosteuropa hat die Zulieferindustrie einen so großen Anteil an den gesamten Branchenumsätzen wie in Polen. Der Wandel hin zur Elektromobilität zieht weitere Hersteller von Komponenten an. Ionway, ein Volkswagen-Joint Venture, nimmt bis 2026 eine neue Fabrik für Batterie-Elementen in Nysa in Betrieb. SK Nexilis, ein koreanischer Hersteller von Kupferfolien für Batterien, wird sein knapp 700 Millionen Euro teures Werk in Stalowa Wola laut Presseberichten im vierten Quartal 2024 fertigstellen. Die Batteriefabrik des polnischen Unternehmens Impact steht kurz vor Produktionsstart.

    Ein starker Automobilsektor in Polen hilft auch deutschen Exporteuren. So stiegen beispielsweise die Ausfuhren von Fahrzeugteilen aus Deutschland im Jahr 2023 um über 22 Prozent. Firmen, wie der deutsche Zulieferer Dräxlmaier, bauen in Polen außerdem Forschungs- und Entwicklungszentren auf.

    Wichtige Investitionsprojekte in der Kfz-Industrie in Polen

    Vorhaben

    Investitionssumme (in Euro)

    Projektstand

    Anmerkungen

    Fabrik für Kathodenaktivmaterial 

    1.700

    ProjektdurchführungIonway
    Bau einer Fabrik für Elektro-Kastenwagen

    1.300

    PlanungsstadiumMercedes-Benz Manufacturing Poland
    Bau einer Fabrik für das polnische Elektroauto Izera

    1.300

    PlanungsstadiumElectroMobility Poland SA
    Bau einer Fabrik für Kupferfolien

    600

    ProjektdurchführungSK Nexilis
    Ausbau des Ladesäulen-Netzes

    200

    Projektdurchführung Powerdot
    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

    Staatsprojekt auf der Kippe

    Die Zukunft des staatlich forcierten Elektroautos Izera bleibt weiter offen. Die mittlerweile abgewählte Regierung der Partei PiS (Prawo i Sprawiedliwość) hatte das Projekt bereits 2019 angeschoben. Eine Projektgesellschaft, ElectroMobility Poland (EMP), sollte in der Woiwodschaft Śląskie ein Werk bauen. Der chinesische Hersteller und Volvo-Eigentümer Geely würde gegen Lizenzgebühren die nötige Fahrzeugtechnik bereitstellen. Laut dem mittlerweile abgesetzten Vorstandsvorsitzenden von EMP Piotr Zaremba wäre es auch möglich, Fahrzeuge mit Geely-Markenaufdruck herzustellen.

    Polens neue Regierung sieht das Vorhaben kritisch. Ein Prüfungsverfahren des zuständigen Ministeriums für Staatsunternehmen läuft – Ausgang ungewiss. Zwar gäbe es Gelder aus dem europäischen Wiederaufbaufonds. Diese reichen aber nicht aus, um die Baukosten des Werks zu decken. EMP beziffert sie auf 1,2 Milliarden Euro. Die staatliche Projektgesellschaft hat eine Absichtserklärung mit dem Bauunternehmen Mirbud unterschrieben. "Gemäß dem Vertrag wird die Inbetriebnahme der Fabrik 23 Monate nach Beginn der Arbeiten möglich sein", betont EMP. Eine Baugenehmigung lag Anfang April 2024 noch nicht vor.

    Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile nach Polen(in Millionen Euro, Veränderung in Prozent)
     

    2023

    Veränderung 2023/2022

    aus Deutschland

    SITC 778.3 Kfz-Elektrik

    1.248,110,1291,3

    SITC 784 Karosserien, Stoßstangen etc.

    11.031,4234.878,4

    SITC 773.13 Zündkabelsätze

    643,116,5146,1

    SITC 713.2 Motoren

    1.610,274,41.096,7

    Summe

    14.532,831%6.412,5
    Quelle: Eurostat 2024

    Von Christopher Fuß | Warschau

  • Rahmenbedingungen

    Polens Mitgliedschaft in der Europäischen Union vereinfacht den Warenaustausch deutlich.

    Im innergemeinschaftlichen Warenverkehr der EU sind die Regelungen des Umsatzsteuerkontrollverfahrens in der EU zu beachten. Informationen hierzu finden sich auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern. Hinsichtlich der Normierung gelten die einschlägigen EU-Richtlinien (siehe etwa Deutsches Institut für Normung e.V.).

    Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Christopher Fuß | Warschau

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen 

    Germany Trade & Invest 

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Polen

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen in Polen

    Ministerium für Klima und UmweltVerantwortlich für die Entwicklung der Elektromobilität in Polen
    PAIH - Polens Investitions- und HandelsagenturUnterstützt ausländische Direktinvestitionen
    SDCMVerband der Zulieferer und Kfz-Teilehändler

    PZPM

    Polnischer Verband der Automobilindustrie
    PIMPolnische Kammer der Automobilindustrie
    PSPAPolnischer Verband für alternative Kraftstoffe
    Wysokie NapieciePortal für Energiethemen und alternative Antriebe

     

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