Wirtschaftsausblick | Südkorea
Südkorea stellt sich auf langsameres Wachstum ein
Trotz der innenpolitischen Krise bleibt die koreanische Wirtschaft stabil. Vor allem Investitionen und Konsum sollen 2025 zulegen. Trumps Wiederwahl sorgt für weitere Unsicherheit.
10.12.2024
Von Katharina Viklenko | Seoul
Top-Thema: Außen- und innenpolitische Sorgen
Anfang Dezember 2024 hat sich eine innenpolitische Krise in Südkorea verschärft, nachdem Präsident Yoon Suk-yeol kurzzeitig das Kriegsrecht ausgerufen hatte. Die demokratischen Institutionen zeigten sich robust; das Parlament hat den Ausnahmezustand rasch beendet. Auf den Finanzmärkten hat der Vorfall kurzzeitig Unsicherheit ausgelöst. Zwar ist die Opposition mit einem Antrag auf Amtsenthebung von Präsident Yoon gescheitert, trotzdem soll er sein Amt aufgeben. Änderungen in der Industriepolitik und unmittelbare Auswirkungen auf ausländische Firmen werden nicht erwartet.
Die protektionistische Politik des wiedergewählten US-Präsident Trump wird 2025 zu einer weiteren Herausforderung. Eine Eskalation des Handelskonfliktes mit China und die technologische Abkopplung werden die exportorientierte Wirtschaft treffen. Auch den koreanischen Handelsbilanzüberschuss mit den USA, der 2024 auf 50 Milliarden US-Dollar (US$) ansteigen dürfte, könnte Trump auf der Agenda haben. Südkoreanische Firmen könnten noch mehr in den USA investieren, um Zöllen zu entgehen. Außerdem erwägt die Regierung, Energieimporte aus den USA zu erhöhen, um den Handelsüberschuss zu verringern. Hinzu kommt die Sicherheitspolitik: Trump hat in seiner ersten Amtszeit höhere Verteidigungsausgaben Südkoreas für die Stationierung von US-Soldaten gefordert. Auch sein Umgang mit Nordkorea ist schwer vorhersehbar.
Wirtschaftsentwicklung: Zentralbank senkt Prognose
Das Wachstum der südkoreanischen Wirtschaft steht auf wackligen Beinen. Im November 2024 senkte die Bank of Korea (BOK) ihre Prognosen: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird 2024 real statt 2,4 Prozent nur um 2,2 Prozent wachsen. Die Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe nahm im Jahresverlauf 2024 ab, erreichte im 3. Quartal aber noch eine reale Zunahme von 3,2 Prozent. In den Jahren 2025 und 2026 soll die reale BIP-Zunahme bei ungefähr 2 Prozent liegen.
Im Oktober und November 2024 senkte die Zentralbank nach langer Pause den Leitzins von 3,5 Prozent auf 3 Prozent. Die zwei Zinssenkungen in Folge signalisieren eine Verschiebung der Prioritäten: Anstelle der Finanzstabilität soll die Konjunktur gestützt werden. Forschungsinstitute rechnen für Anfang 2025 mit weiteren Leitzinssenkungen.
Exportwachstum schwächt sich ab
Das Wachstum der Wirtschaft wurde 2024 von Exporten getrieben. Neben der kräftigeren globalen Nachfrage nach Halbleitern und Elektronik beförderte die schwächere Landeswährung Won die Ausfuhren. Von Januar bis Oktober 2024 legten die Exporte nominal um 9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu. Sie dürften sich im Gesamtjahr dem Höchstwert von 2022 annähern.
Für 2025 prognostiziert das Korea Institute for Industrial Economics and Trade (KIET), dass die Exporte nominal um 2,2 Prozent steigen. Damit könnten die Ausfuhren erstmals die Marke von 700 Milliarden US$ überschreiten. Überdurchschnittliches Wachstum soll es bei Halbleitern, Stahl sowie im Schiffbau geben. Die wichtigen Kfz-Exporte bleiben 2025 trotz einem Rückgang auf hohem Niveau. Hingegen werden Exporte von Batterien wegen der weltweiten Absatzflaute bei Elektroautos sinken.
Investitionen sollen steigen
Bei Ausrüstungsinvestitionen erwartet die Zentralbank 2024 ein reales Wachstum von 1,5 Prozent, wobei diese im 1. Halbjahr rückläufig waren. Daneben senkte die BOK ihre Vorhersage für Ausrüstungsinvestitionen in 2025 von ursprünglich 4,3 Prozent auf 3 Prozent. Im Jahr 2026 steigen diese weiter, mit 2,1 Prozent aber etwas langsamer. Bauinvestitionen dürften 2024 und 2025 jeweils um 1,3 Prozent sinken und erst 2026 wieder wachsen.
Generell schauen südkoreanische Firmen pessimistischer in die Zukunft. Der Business Survey Index (BSI), den die Federation of Korean Industries unter den 600 größten Unternehmen des Landes durchführt, blieb für Dezember 2024 unterhalb von 100 Punkten. Bereits seit April 2022 schätzen mehr Firmen ihre Lage pessimistisch als optimistisch ein. Im verarbeitenden Gewerbe lag der BSI im Oktober 2024 bei 89,9 Punkten. Hier waren lediglich die Firmen im Kfz-Sektor leicht positiv gestimmt. Zugleich sehen sich Batteriehersteller mit der weltweit sinkenden Nachfrage nach E-Autos konfrontiert. Der Schiffbau konnte 2024 mehr Aufträge gewinnen. Die Halbleiter- und Elektronikindustrie dürften auch 2025 vom Wachstum nach der Flaute 2023 profitieren.
Verbraucher sind vorsichtig
In den ersten sechs Monaten 2024 stieg der private Konsum real um 1 Prozent; im 2. Halbjahr soll das Wachstum nur leicht zulegen. Für 2025 erwartet die Zentralbank hier eine Zunahme von 2 Prozent, während das Wachstum 2026 mit 1,8 Prozent niedriger ausfallen dürfte. Der bis Oktober 2024 unverändert hohe Leitzins hatte lange auf die Konsumstimmung gedrückt. Dabei blieb der Einzelhandelsumsatz in den ersten drei Quartalen 2024 auf dem Vorjahresniveau.
Der von der BOK erhobene Composite Consumer Sentiment Index liegt seit Juni 2024 konstant über der 100 Punkte-Marke, wenn auch nur knapp. Ein Wert über 100 Punkten bedeutet, dass der Anteil der Konsumenten überwiegt, die die weitere Entwicklung der Wirtschaft optimistisch einschätzen. Auch wenn die Preise nicht mehr von einer hohen Inflation angetrieben werden, bleiben die Verbraucher zurückhaltend.
Deutsche Perspektive: Südkorea ist wichtiger Absatzmarkt in Asien
der deutschen Firmen nennen im AHK World Business Outlook vom Herbst 2024 die geringere Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen als größtes Geschäftsrisiko in Südkorea.
Südkorea ist eines der bedeutendsten Exportziele außerhalb Europas für die deutsche Wirtschaft, die Lieferungen summierten sich in den ersten drei Quartalen 2024 auf fast 15 Milliarden Euro. Der nominale Rückgang auf Jahresbasis von 1,9 Prozent bedeutet allerdings auch, dass Südkorea wieder knapp hinter Japan auf Rang drei der bedeutendsten Absatzmärkte in Asien zurückfiel.
Die größten Einbußen verzeichneten von Januar bis September 2024 deutsche Lieferungen von Arzneimitteln (-11,5 Prozent), Pkw (-6,4 Prozent) und Maschinen (-3,6 Prozent). Rasantes Wachstum gab es hingegen bei Schweinefleisch, dessen Einfuhr nach Aufhebung der Importsperre Mitte 2023 wieder möglich ist. Ebenso stiegen deutsche Exporte von chemischen Erzeugnissen (ohne Pharmazeutika) sowie von Mess- und Regeltechnik.
Weitere Informationen zur Entwicklung der Wirtschaft und bedeutenden Branchen bietet die GTAI-Länderseite zu Südkorea.