Wirtschaftsumfeld | Taiwan | Luft-, Klimaschutz
CO2-Abgabe kommt 2026
Taiwans Regierung konkretisiert ihre Strategie zum Umgang mit Kohlendioxidemissionen. Eine Abgabe auf den CO2-Ausstoß soll Einsparungen ankurbeln.
11.11.2024
Von Jürgen Maurer | Taipei
Taiwan hat dem CO2-Ausstoß den Kampf angesagt. Die Regierung will die Emissionen des Landes verringern und greift mit der sogenannten Carbon-Management-Strategie zur Bepreisung von CO2. Ab Anfang 2025 sollen die Unternehmen ihren CO2-Ausstoß erfassen und melden. Ab 2026 erhebt die Regierung Gebühren für den Ausstoß von CO2. Der Preis pro Tonne Ausstoß liegt bei 300 New Taiwan Dollar (NT$), umgerechnet etwa 9,35 US-Dollar (US$). Erreichen die Unternehmen ihre selbst gesteckten und zertifizierten Emissionsziele, mindert das ihre Abgaben.
Die Abgaben gelten zunächst für solche Industriebetriebe, die mehr als 25.000 Tonnen CO2 pro Jahr ausstoßen. Davon sind gegenwärtig in Taiwan etwa 500 Betriebsstätten von 281 Unternehmen aus der Stromerzeugung, Chemieindustrie sowie der Zement- und Stahlherstellung betroffen. Zusammengenommen stoßen sie 155 Millionen CO2 pro Jahr aus und stehen für 54 Prozent der taiwanischen Emissionen, so die Zahlen des Ministry of Environment. Die Abgaben werden zu einem späteren Zeitpunkt auch auf Unternehmen mit weniger Ausstoß ausgedehnt.
Das sind die relevanten Bestimmungen für die CO2-Abgabe:
Regulations Governing the Collection of Carbon Fees
Designated Greenhouse Gas Reduction Goal for Entities Subject to Carbon Fees
Regulations for Administration of Self-Determined Reduction Plans
Nähere Informationen bietet das taiwanische Umweltministerium.
Firmen können CO2-Abgaben senken
Um ihre Abgaben zu verringern, müssen die Unternehmen zunächst ihre CO2-Emissionen berechnen. Das Umweltministerium wird hierbei internationalen Standards der CO2-Erfassung folgen, wie der ISO 14068-1 und dem Greenhouse Gas Protocol. In einem weiteren Schritt müssen die Unternehmen ihre Einsparungsmaßnahmen darlegen und deren Wirksamkeit von unabhängigen Zertifizierungsinstituten bestätigen lassen. Für die Einsparung erhalten sie CO2-Zertifikate (CO2-Credits), mit denen sie handeln können.
Unternehmen, die auf der Grundlage selbst ausgearbeiteter CO2-Senkungspläne ihre Emissionen deutlich zurückfahren, erhalten bei den CO2-Abgaben Ermäßigungen. Je nach industriespezifischer Benchmark, die das Umweltministerium festlegt, liegen diese bei 50 NTS (1,56 US$) oder 100 NT$ (3,12 US$) je Tonne CO2. Realisieren die Unternehmen ihre selbst gesteckten CO2-Einsparpläne, können die Emissionen in Taiwan bis 2030 um geschätzte 37 Millionen Tonnen sinken. Laut Umweltministerium entspräche dies einer Verringerung der CO2-Emissionen um 14 Prozent gegenüber dem Vergleichsjahr 2005. Die Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Gesamtemissionen Taiwans im Jahr 2030 um 23 Prozent bis 25 Prozent im Vergleich zu 2005 zu reduzieren.
Taiwans CO2-Emissionen im Jahr 2022
Carbon-Management im Detail
Zur Carbon-Management-Strategie zählen neben der CO2-Bepreisung auch der schnellere Ausbau der erneuerbaren Energien, Maßnahmen zur Energieeinsparung und die Speicherung CO2. Die Kapazität der erneuerbaren Energien soll von 9,6 Gigawatt im Jahr 2020 auf circa 45 Gigawatt im Jahr 2030 hochgefahren werden. Das Umweltministerium rechnet damit, dass Energiesparmaßnahmen den Elektrizitätsverbrauch um knapp 35 Terawattstunden und den Wärmeverbrauch um 2,27 Billionen Öläquivalente senken. CCUS (Carbon Capture and Utilization)-Technologien sollen helfen, 4,6 Millionen Tonnen CO2 aus der Atmosphäre aufzufangen. Die Speicherung- und Verwendungstechnologien stecken jedoch noch in den Anfängen. Für die Anwendung von CCUS-Technologien hat Taiwans Wirtschaftsministerium 2023 und 2024 rund 102 Millionen US$ (3,2 Milliarden NT$) bereitgestellt.
CO2-Bepreisung für Handel relevant
Immer mehr Länder weltweit bepreisen Emissionen. Taiwan ist Teil der globalen Lieferketten, und für die Handelsnation ist der Zugang zu anderen Märkten essenziell. Die Regierung will beim Klimaschutz Verantwortung übernehmen und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit seiner Unternehmen unter Beweis stellen. Hierfür ist die Bepreisung von CO2-Emissionen ein wichtiger Baustein.
Taiwan schaut auf die von der EU angekündigten CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism)-Grenzausgleichsabgaben, die 2026 erstmals greifen. Jedes Unternehmen, das bestimmte Produkte in die EU einführt, wird ab 2026 den CBAM-Bestimmungen unterliegen und Abgaben auf CO2-Emissionen der eingeführten Produkte entrichten müssen. Wenn auf importierte Waren im Produktionsland bereits CO2-Abgaben bezahlt wurden, können diese bei den CBAM-Ausgleichszahlungen angerechnet werden. Eine entsprechende Übereinkunft haben Taiwan und die EU laut Umweltministerium erzielt.
Handel mit CO2-Zertifikaten ist bereits gestartet
Seit Ende 2023 hat Taiwan eine Handelsplattform für CO2-Zertifikate, sogenannte Carbon Credits. Über die Taiwan International Carbon Credit Trading Platform können taiwanische Firmen internationale CO2-Zertifikate kaufen und verkaufen. Im Herbst 2024 startete zudem der inländische Handel und die Auktion von nationalen CO2-Zertifikaten. Die TCX (Taiwan Carbon Solution Exchange) mit Sitz in Kaohsiung ist für beide Plattformen zuständig.
Der inländische Handel soll Anreize für das Absenken von Emissionen schaffen. So müssen für neue Fabriken ab einer bestimmten Größe wie auch für kommerzielle Gebäude die dort entstandenen Emissionen über den Kauf von CO2-Zertifikaten teilweise kompensiert werden. Laut Umweltministerium soll die CO2-Bepreisung in Taiwan die Preise nicht in die Höhe treiben. Die zusätzlichen Kosten für die Bauwirtschaft sollen etwa 1 Prozent betragen. Für das größte Unternehmen der Insel, den Auftragshersteller TSMC, wird die CO2-Abgabenbelastung jährlich etwa 1 Milliarde NT$, rund 31 Millionen US$, betragen. Da TSMC sehr aktiv daran arbeitet, seine Emissionen zu senken, erhält der Konzern ermäßigte CO2-Gebühren von 100 NT$ pro Tonne CO2.