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Branche kompakt | USA | Automobilsektor

US-Automobilindustrie mit kräftigen Investitionen

Amerikanische Autobauer stecken viel Geld in die Produktion von E-Autos und Batterien sowie in die Ladeinfrastruktur. Fördermittel stützen dies, der Automarkt wächst 2024 moderat.

Von Heiko Stumpf | San Francisco

  • Markttrends

    Mit Rekordinvestitionen stellt die US-Autoindustrie die Weichen für die Zukunft. Der Absatzmarkt entwickelt sich positiv, bleibt aber hinter früheren Bestmarken zurück.

    Die amerikanische Automobilindustrie baut Produktionsanlagen massiv aus. Gesetzespakete wie der Inflation Reduction Act (IRA) stellen ein ganzes Arsenal an Fördermöglichkeiten bereit. Neben Investitionszuschüssen und Krediten kommen Autobauer auch in den Genuss von Steuergutschriften.

    "Mehr als 100 Projekte, beispielsweise für Elektroautos oder Batterien, sind derzeit im Gange oder geplant, was einer Investitionssumme von mehr 230 Milliarden US-Dollar entspricht", sagte Gary Silberg, Global Head of Automotive bei KPMG im Gespräch mit GTAI. "Das ist die mit Abstand größte Investitionswelle in der Geschichte der US-Automobilindustrie."

    Amerikanische Autobauer rüsten ihre Werke auf

    Insbesondere die "Big 3" aus Detroit sind mit von der Partie: Ende 2023 gaben Ford, General Motors und Stellantis (als Konzernmutter von US-Marken wie Chrysler, Chevrolet und Jeep) eine große Ausgabenoffensive bekannt. Bis 2028 wollen die Unternehmen insgesamt rund 40 Milliarden US-Dollar (US$) in ihre Standorte zu Hause stecken. 

    Mit 18,9 Milliarden US$ greift Stellantis am tiefsten in die Tasche. Etwa 3,5 Milliarden fließen in drei Produktionsstätten im Bundesstaat Michigan, darunter 1,5 Milliarden US$ für das Werk in Detroit zur Fertigung der Modelle Dodge Durango und Jeep Grand Cherokee. Auch die Standorte Belvidere (Illinois) und Toledo (Ohio) werden mit jeweils 1,5 Milliarden US$ ausgebaut.

    General Motors stellt für die kommenden Jahre 13,3 Milliarden US$ bereit. Für rund 4 Milliarden US$ entsteht im Orion-Werk am Stadtrand von Detroit beispielsweise einer neuer Hub für den Bau von Elektrofahrzeugen. Ford hat investive Ausgaben von 8,1 Milliarden US$ angekündigt.

    18 %

    des weltweiten Pkw-Absatzes vereint der US-Markt auf sich.

    Kfz-Händler erwarten moderates Absatzwachstum

    Ein Aufwärtstrend zeigt sich auch bei den Verkaufszahlen für Kfz. Der Absatz stieg im Jahr 2023 auf 15,6 Millionen Pkw an, ein Plus von 12,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Als Nachfragegarant erwiesen sich dabei insbesondere Flottenbetreiber. Nachdem Investitionen während der Coronapandemie zurückgestellt wurden, bringen Autovermietungen die Erneuerung ihrer Fuhrparks in Gang. Im Jahr 2023 legten die Verkäufe im Segment der Fahrzeugflotten um 40 Prozent auf 2,8 Millionen Einheiten zu.

    "Für den Pkw-Absatz wird 2024 das beste Jahr seit der Pandemie", sagt Jonathan Smoke, Chief Economist von Cox Automotive. Ein gesundes makroökonomisches Klima mit einem robusten Arbeitsmarkt dürfte den Nährboden für steigende Absatzzahlen bereiten. Die National Automobile Dealers Association (NADA) prognostiziert deshalb einen Anstieg auf 15,9 Millionen verkaufte Pkw. Insbesondere die erhoffte Zinswende der amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed) soll Impulse setzen. Bis Ende 2024 stellt die Fed mehrere Senkungen des Leitzinssatzes auf 4,6 Prozent in Aussicht (Stand Januar 2024: 5,25 bis 5,5 Prozent).

    Marktpositionen verschieben sich

    "Die Kernentwicklung des Jahres 2024 wird in einer Verschiebung von einem Verkäufermarkt zu einem Käufermarkt liegen", konstatiert Charlie Chesbrough, Senior Economist von Cox Automotive. Pandemiebedingte Turbulenzen wie Chipmangel und Lieferengpässe bei Neuwagen gehören der Vergangenheit an. Die Lagerbestände bei Neuwagenhändlern dürften im Jahresverlauf 2024 wieder das Vor-Corona-Niveau von rund 3 Millionen Fahrzeugen erreichen. 

    Wegen des guten Angebots an Neuwagen können Käufer wählerischer sein. Als Folge kehren Rabatte und Preisnachlässe zurück. Der durchschnittliche Neuwagenpreis für Pkw von 48.759 US$ dürfte nach Prognosen im Jahresverlauf sinken. Trotz insgesamt positiver Absatzentwicklung bleibt der US-Markt deutlich entfernt von den historischen Höchstwerten. In den Jahren 2015 bis 2019 wurden noch über 17 Millionen Pkw in den Vereinigten Staaten verkauft.

    Geländewagen und Pick-ups dick im Geschäft

    Mit einem Anteil von knapp 80 Prozent ist der US-Automarkt wie kaum ein anderer durch SUVs und Pick-ups geprägt. In der Automobilkultur stehen diese sinnbildlich für den amerikanischen Traum von Selbstbestimmtheit und Unabhängigkeit. Meistverkauftes Modell ist seit 34 Jahren der Ford F-150. Sedans werden dagegen immer mehr an den Rand gedrängt. Der Marktanteil schrumpfte von etwa 50 Prozent im Jahr 2012 auf zuletzt nur noch knapp 20 Prozent. 

    Bei den Herstellern verteidigte General Motors (GM) seine Spitzenposition. Die deutschen Marken BMW (+23,2 Prozent) und Audi (+22,3 Prozent) fuhren 2023 neue Rekordergebnisse auf dem US-Markt ein.

     

    Absatz von Pkw nach Herstellern in den USA (Stückzahl; Marktanteil und Veränderung in Prozent)

    Hersteller

    Absatz

    Veränderung 2023/2022

    Marktanteil 2023

    GM

    2.577.662

    14,1

    16,5

    Toyota

    2.248.477

    6,6

    14,4

    Ford

    1.981.332

    7,0

    12,7

    Hyundai

    1.652.821

    12,1

    10,6

    Stellantis

    1.533.670

    -1,3

    9,8

    Honda

    1.308.186

    33,0

    8,4

    Nissan Mitsubishi

    898.796

    23,2

    5,8

    Tesla *)

    670.000

    36,5

    4,4

    VW

    640.839

    13,4

    4,1

    Subaru

    632.086

    13,6

    4,0

    * Schätzung.Quelle: Automotive News 2024

    Der Kfz-Bestand in den USA dürfte die 2023 die Schwelle von 286 Millionen Fahrzeugen überschritten haben. Das Durchschnittsalter von Pkw erreichte einen Höchststand von 12,5 Jahren. Dies schafft Chancen im Aftermarket: Nach Einschätzung der Automotive Aftermarket Suppliers Association könnte der US-Markt 2024 ein Volumen von 535 Milliarden US$ erreichen. In den Jahren 2025 und 2026 wird ein Wachstum von rund 3,6 Prozent erwartet.

    Autonomes Fahren wird Realität

    Als erster Hersteller bringt Mercedes-Benz autonome Fahrsysteme der Stufe 3 auf die amerikanischen Straßen. Im Jahr 2023 erhielt der Stuttgarter Konzern die entsprechenden Zulassungen in den Bundesstaaten Nevada und Kalifornien. Der Service kommt als Abonnement für bestimmte Modelle wie den EQS auf den Markt. Anbieter wie Kia oder Tesla wollen folgen. Das System Autopilot von Tesla ist bislang nur als Stufe 2 klassifiziert.

    Rideshare-Unternehmen testen in einigen Städten autonome Fahrzeuge der Stufe 4. Die GM-Tochter Cruise geriet wegen regulatorischer Schwierigkeiten in die Schlagzeilen und musste den Betrieb in vier US-Städten einstellen. An einem Wiederanlauf wird gearbeitet. Das zu Alphabet gehörende Unternehmen Waymo hat 2023 in San Francisco, Los Angeles und Phoenix mehr als 700.000 fahrerlose Touren durchgeführt. Als Nächstes ist der Schritt nach Austin (Texas) geplant. Auch weitere Unternehmen wie Zoox (Amazon) oder Nuro testen selbstfahrende Modelle.

    Stand: Januar 2024

    Von Heiko Stumpf | San Francisco

  • E-Mobility

    Der Absatz von Elektroautos in den USA steigt aber nicht schnell genug für die Erreichung der Klimaziele. Vom Jahr 2027 an könnten die Emissionsgrenzen deutlich schärfer werden.

    Der US-Markt für Elektrofahrzeuge hat 2023 erstmals die Millionenmarke geknackt. Bis Jahresende übergaben Neuwagenhändler die Schlüssel für insgesamt mehr als 1,1 Millionen batterieelektrische Fahrzeuge. Im Vorjahr 2022 hatte der Absatz von Stromern noch bei rund 810.000 Stück gelegen.

    Damit machten reine Elektroautos rund 7,2 Prozent des Pkw-Absatzes aus. Im internationalen Vergleich hinken die Vereinigten Staaten der Spitzengruppe damit hinterher. In Deutschland war der Neuzulassungsanteil im Jahr 2023 mit 18,4 Prozent mehr als doppelt so hoch. China erreichte einen Wert von 22 Prozent. 

    Bei der Verbreitung von E-Fahrzeugen treten in den USA zudem große regionale Unterschiede zutage. Kalifornien ist mit knapp 21 Prozent Vorreiter. In ländlich geprägten Bundesstaaten wie North Dakota sind elektrisch betriebene Autos hingegen eine Rarität (Anteil unter 1 Prozent). 

    Auf der Herstellerseite hält Tesla mit 55 Prozent seine dominante Marktstellung. Konkurrierende Anbieter wie Ford (6,1 Prozent), Chevrolet (5,3 Prozent) und Hyundai (4,8 Prozent) landen weit abgeschlagen.

    Absatzdynamik verlangsamt sich

    Nach Einschätzung von Branchenkennern stoßen Elektroautos bei der Marktdurchdringung auf erste Barrieren. Exponentielle Wachstumsraten wie bislang, sind für die kommenden Jahre wohl nicht drin. "Im Jahr 2024 dürften Batteriefahrzeuge ihren Anteil am Pkw-Absatz auf rund 10 Prozent steigern", so Stephanie Valdez Streaty, Director Market Insights bei Cox Automotive. "Bis 2025 könnte ein Wert von etwa 15 Prozent erreicht werden." 

    Die Gruppe der meist gut verdienenden "Early Adopters" ist mittlerweile weitgehend versorgt, sodass die Hersteller neue Käuferschichten erschließen müssen. Marktführer Tesla setzt dabei auf hohe Rabatte. Die Preisparität rückt deshalb in greifbare Nähe. Im Jahr 2023 belief sich der durchschnittliche Neuwagenpreis für batterieelektrische Pkw auf 50.789 US-Dollar (US$), während Verbrenner 48.759 US$ kosteten. Um verstärkt auch mittlere Einkommensbezieher zu erreichen, müssten Experten zufolge mehr Modelle unter 35.000 US$ angeboten werden. 

    Zahlreiche Hersteller arbeiten mit Hochdruck daran, dem Branchenprimus Tesla Marktanteile abzujagen. Nach Daten von Cox Automotive sollen in den Jahren 2024 und 2025 mehr als 70 neue Batteriemodelle in den Pkw-Markt kommen.

    Steuervergünstigungen der Regierung gelten als kompliziert

    Die US-Regierung will den Absatz von Elektroautos ankurbeln – auch mittels finanzieller Anreize. Durch den Inflation Reduction Act (IRA) kommen Käufer in den Genuss von Steuergutschriften in Höhe von maximal 7.500 US$ (Section 30D Tax Credit). Diese können schon beim Autoerwerb an die Händler abgetreten werden, sodass die Regelung wie eine Kaufprämie wirkt.

    Allerdings müssen Elektroautos sehr strenge Anforderungen erfüllen, um als förderfähig anerkannt zu werden. Dies bezieht sich nicht mehr nur auf den Anteil der lokalen Wertschöpfung. Seit Jahresbeginn 2024 sind Fahrzeuge von der Förderung ausgeschlossen, wenn Batteriekomponenten aus Staaten wie China stammen, die als bedenklich eingestuft wurden.

    Wichtige Anforderungen der Section 30D Tax Credits

    Endmontage des Fahrzeugs: Nordamerika

    1. Förderstufe für Batterierohstoffe: 3.750 US$

      Erforderlicher lokaler Anteil: Seit Jahresbeginn 2024 müssen mindestens 50 Prozent der verwendeten Rohstoffe aus den USA stammen oder aus einem Land, mit dem die USA ein Freihandelsabkommen haben. Anstieg auf 60 Prozent bis 2025, 70 Prozent bis 2026, 80 Prozent bis 2027.

       

    2. Förderstufe für Batteriekomponenten: 3.750 US$ 

      Erforderlicher lokaler Anteil: Seit Jahresbeginn 2024 müssen mindestens 60 Prozent der Wertschöpfung in Nordamerika erfolgen. Anstieg auf 70 Prozent bis 2026, 80 Prozent bis 2027, 90 Prozent bis 2028, 100 Prozent bis 2029.

    Ausschluss: seit Jahresanfang 2024 keine Batteriekomponenten mehr aus als bedenklich eingestuften Staaten wie China, Russland, Iran und Nordkorea. Ab 2025 auch keine Batterierohstoffe mehr.

    Die strikten Vorgaben bereiten den Autobauern große Schwierigkeiten. Anfang 2024 waren insgesamt nur 14 Fahrzeugmodelle als förderfähig eingestuft. Zahlreiche Hersteller sind derzeit mit der Anpassung ihrer Lieferketten beschäftigt. Eine Ausnahme gilt für Leasingfahrzeuge. Diese sind von den strengen Förderkriterien ausgenommen, für sie können die Steuergutschriften leichter in Anspruch genommen werden. In der Folge zieht das Leasinggeschäft an zum Jahresende 2023 hatte es einen Anteil von rund 24 Prozent am E-Auto-Absatz.

    US-Regierung will Emissionsauflagen drastisch verschärfen

    Mit Förderprogrammen will das Weiße Haus dafür sorgen, dass E-Fahrzeuge bis 2030 einen Anteil von 50 Prozent an den Neuzulassungen erreichen. Das tatsächliche Tempo bei der Elektromobilität ist nach Ansicht von Marktbeobachtern jedoch zu langsam und reicht für eine Erfüllung der Zielvorgabe nicht aus. Für zusätzlichen Schwung könnten verschärfte Umweltvorgaben der Environment Protection Authority (EPA) sorgen. Die Behörde legt verbindliche Emissionsgrenzwerte für die innerhalb eines Jahres verkaufte Neuwagenflotte fest.

    Nach den geltenden Vorschriften müssen die Hersteller bis 2026 einen Flottendurchschnittswert für Pkw von 161 Gramm CO2 pro Meile erreichen. Für den anschließenden Zeitraum von 2027 bis 2032 ist eine Reduzierung der Emissionsgrenzwerte um insgesamt rund 50 Prozent geplant. In der Folge wäre für die verkaufte Neuwagenflotte im Jahr 2032 nur noch ein durchschnittlicher Ausstoß von 82 Gramm CO2 pro Meile erlaubt.

    Erreichbar wären solche CO2-Werte nur durch einen weitgehenden Umstieg auf Elektroantriebe. Nach Berechnungen der EPA müssten im Jahr 2032 etwa 67 Prozent aller neu verkauften Pkw batterieelektrisch fahren, damit die Vorschriften eingehalten werden können. Die tatsächliche Umsetzung der verschärften Grenzwerte hängt jedoch auch vom Ausgang der US-Wahlen im November 2024 ab. Etliche Mitglieder der Republikaner sprechen sich gegen die geplanten Höchstwerte aus. Neben Kalifornien planen bereits acht weitere Bundesstaaten ein Aus für neue Verbrenner ab 2035.

    Ladenetz wird weiter ausgebaut

    Der Bau der benötigten Ladestationen ist ein Kraftakt. Um die wachsende Flotte von Elektroautos mit Strom zu versorgen, werden nach Berechnungen der staatlichen "National Renewable Energy Laboratory" (NREL) im Jahr 2030 rund 1,2 Millionen öffentliche Ladepunkte gebraucht. Gegenüber heute wäre das mehr als eine Versiebenfachung. 

    Das von Joe Biden geführte Kabinett stellt im Rahmen des Bipartisan Infrastructure Deal insgesamt 7,5 Milliarden US$ für den Bau von Ladeinfrastruktur bereit. Dadurch sollen bis 2030 mindestens 500.000 neue Ladestationen hinzukommen.

    Von Heiko Stumpf | San Francisco

  • Branchenstruktur

    Steigende Kosten stellen die heimischen Autobauer aus Detroit vor Herausforderungen. Der Aufbau einer Wertschöpfungskette für Batterien wird vorangetrieben. 

    Die Vereinigten Staaten sind der weltweit zweitgrößte Hersteller von Kfz – nach China. Pandemiebedingte Engpässe sind passé, die Branche erwartet für die kommenden Jahre kontinuierliche Produktionssteigerungen. Laut Prognosen der Freedonia Group könnte im Jahr 2027 eine Gesamtproduktion von 11,6 Millionen Einheiten erreicht werden. Dies verteilt sich auf etwa 11,2 Millionen Pkw und 400.000 Nutzfahrzeuge. Gegenüber 2023 könnten damit rund 800.000 Fahrzeuge zusätzlich vom Band rollen. Dies wäre ein Plus von insgesamt rund 7,5 Prozent.

    In der Pkw-Sparte sind 16 Autobauer mit 56 Fertigungsstätten in den USA tätig. Hinzu kommen rund 75 Hersteller von Nutzfahrzeugen. Die größten Anbieter für Lkw sind Daimler Truck (Freightliner und Western Star), Paccar (Kenworth und Peterbilt), Navistar (International Trucks) und Volvo (u.a. Mack Trucks).

    Autobauer aus Detroit durch höhere Kosten herausgefordert

    Über die mit Abstand größten Produktionskapazitäten verfügen die sogenannten "Big 3" aus Detroit. Zusammen produzierten Ford, General Motors (GM) und Stellantis (u.a. Chrysler, Jeep, Dodge) im Jahr 2023 rund 5,2 Millionen Pkw in den USA. Dies entspricht einem Anteil von rund 51 Prozent am gesamten Herstellungsvolumen.

    Im Spätsommer 2023 waren die Werke der "Großen 3" von wochenlangen Streiks betroffen. An deren Ende stand ein historischer Erfolg für die Gewerkschaft United Automotive Workers (UAW), die Lohnsteigerungen von über 25 Prozent durchsetzen konnte. Dadurch schießen nach Angaben von Ford die Kosten für ein in den USA gebautes Fahrzeug bis 2028 um durchschnittlich 900 US-Dollar (US$) in die Höhe. Die Gesamtkosten durch den Tarifabschluss werden mit 8,8 Milliarden US$ beziffert. Bei GM steigen die Stückkosten im gleichen Zeitraum im Schnitt um 575 US$.

    Branchenkennern zufolge dürften in den kommenden Jahren deshalb vor allem Effizienzsteigerungen im Fokus stehen. Insider rechnen deshalb mit steigendem Interesse an Automatisierungslösungen und Robotik. GM bemüht sich auch um die Einführung innovativer Verfahren wie Gigacasting. Bei der bislang von Tesla genutzten Fertigungstechnik werden Karosserieteile kosteneffizient aus einem Stück gegossen. Im November 2023 verkündete GM einen Überraschungscoup und übernahm das Unternehmen Tooling & Equipment International aus Michigan. Der bisherige Tesla-Zulieferer bringt wertvolles Know-how im Gigacasting-Bereich mit.

    Andere Automobilhersteller könnten in Zukunft vor vergleichbaren Herausforderungen stehen. Bislang ist die Gewerkschaft UAW nur bei den "Big 3" aus Detroit und einigen Zulieferern aktiv. Künftig will sie aber auch bei Tesla und internationalen Produzenten wie Toyota, Hyundai oder Mercedes-Benz Fuß fassen.

    Produktion von E-Fahrzeugen wird ausgebaut

    Zusätzliche Kapazitäten werden insbesondere für den Bau von Elektroautos geschaffen. Im Rahmen des Inflation Reduction Act (IRA) vergibt das Weiße Haus in Washington umfangreiche Fördermittel. Die Domestic Manufacturing Conversion Grants fördern beispielsweise die Umrüstung von Produktionsstätten, damit Elektroautos anstelle von Verbrennern hergestellt werden können. Insgesamt stehen über dieses Programm 2 Milliarden US$ zur Verfügung. Hinzu kommen 10 Milliarden US$ an Förderkrediten über das Advanced Technology Vehicles Manufacturing Loan Program.

    GM investiert auf amerikanischem Boden bis 2028 beispielsweise insgesamt 7,2 Milliarden US$ in den Bau von elektrischen Modellen. Auch Start-ups wie Rivian und Vinfast machen mit Milliardeninvestitionen auf sich aufmerksam.

     

    Wichtige Investitionsprojekte in der Kfz-Industrie (Summe in Millionen US-Dollar)

    Vorhaben

    Investitionssumme

    Projektstand

    Anmerkungen

    Ford BlueOval City

    5.600

    Geplante Inbetriebnahme 2025Neues Werk in Stanton (Tennessee) für den Bau von rund 500.000 Elektrofahrzeugen pro Jahr; Bau einer angeschlossenen Batteriefabrik
    Hyundai Metaplant

    5.500

    Geplante Inbetriebnahme 2025Neues Werk in Bryan County (Georgia) für den Bau von zunächst 300.000 Elektrofahrzeugen pro Jahr
    Rivian

    5.000

    Geplante Inbetriebnahme 2026

    Neues Werk in Stanton Springs (Georgia) für den Bau von bis zu 400.000 Elektrofahrzeugen pro Jahr

    General Motors

    4.000

    Durchführung bis 2028Ausbau des Werkes Orion (Michigan) für den Bau von bis zu 600.000 Elektrofahrzeugen pro Jahr 
    Vinfast

    2.000 (1. Phase)

    Geplante Inbetriebnahme 2025Neues Werk in Chatham County (North Carolina) für den Bau von bis zu 150.000 Elektrofahrzeugen pro Jahr
    Scout Motors (Volkswagen)

    2.000

    Inbetriebnahme bis Ende 2026Neues Werk in Blythewood (South Carolina) für den Bau von rund 200.000 Elektroautos pro Jahr
    BMW

    1.700

    Durchführung bis 2030Ausbau des Werkes in Spartanburg (South Carolina) für den Bau von sechs batterieelektrischen Modellen, Bau einer angeschlossenen Batteriefabrik
    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

    Bauboom für Batteriefabriken

    Ein Kernziel des IRA ist der Aufbau einer lokalen Batteriezellenproduktion in den USA. Hersteller kommen in den Genuss großzügiger Steuergutschriften. Über die Production Tax Credits wird beispielsweise ein Steuerbonus von 35 US$ pro Kilowattstunde gezahlt. Zusätzlich gibt es weitere 10 US$ pro Kilowattstunde für in den USA gefertigte Batteriemodule.

    Als Folge der Subventionen wird in den USA eine Batteriezellfabrik nach der anderen hochgezogen. Bis 2028 dürften insgesamt 45 Anlagen mit einer Kapazität von 1.037 Gigawattstunden in Betrieb sein. Die US-Autobauer kooperieren dabei insbesondere mit Partnern aus Südkorea. SK On und Ford errichten gemeinsam drei Anlagen in Tennessee und Kentucky mit einer Produktionsleistung von 120 Gigawattstunden pro Jahr. Samsung SDI arbeitet mit Stellantis und GM zusammen. LG Energy realisiert ein Projekt mit GM.

    Niedrige Strompreise machen Standorte im Süden attraktiv

    Die Investitionswelle für Elektromobilität sorgt auch für geographische Verschiebungen: Die Great-Lakes-Region mit den Bundesstaaten Michigan, Ohio und Indiana ist als Hochburg der Autoindustrie nicht mehr automatisch für Ansiedelungen gesetzt. Laut Untersuchungen des Environmental Defense Fund ging von 2015 bis 2023 fast die Hälfte der verkündeten Projekte in Südstaaten wie Georgia, Kentucky oder Tennessee. Die deutschen Autobauer BMW und VW tätigen Investitionen in South Carolina.

    Als ein Hauptgrund werden niedrigere Energiekosten genannt. Nach Daten der U.S. Energy Information Administration von Oktober 2023 belief sich der durchschnittliche Industriestrompreis in Michigan auf 8,36 Cent pro Kilowattstunde, verglichen mit 6,30 Cent in Tennessee und 6,39 Cent in Georgia. 

    Auch neue Zulieferer siedeln sich an

    Hohe Investitionen locken auch Betriebe an, die zuliefern. Im Umfeld des sich im Bau befindlichen Metaplants von Hyundai in Savannah (Georgia) haben 14 neue Teilehersteller Investitionen von über 2,5 Milliarden US$ angekündigt. Der Ford-Zulieferer Magna International investiert 790 Millionen US$ in drei neue Produktionsstätten in Tennessee. ZF Friedrichshafen erweitert für 500 Millionen US$ das Getriebewerk in Gray Court (South Carolina), von wo aus BMW beliefert wird. Auch Schaeffler will verstärkt in den USA investieren.

     

    Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile in die USA (in Milliarden US-Dollar, Veränderung in Prozent)
     

    2023

    Veränderung 2023/2022

    aus Deutschland

    SITC 778.3 Kfz-Elektrik

    11,6

    1,0

    0,3

    SITC 784 Karosserien, Stoßstangen etc.

    85,7

    3,5

    6,0

    SITC 773.13 Zündkabelsätze

    14,6

    13,9

    0,05

    SITC 713.2 Motoren

    13,1

    7,6

    2,0

    Summe

    125,1

    4,8

    8,4

    Quelle: United States International Trade Commission DataWeb 2024

    Von Heiko Stumpf | San Francisco

  • Rahmenbedingungen

    Der Marktzugang ist nur für Fahrzeuge offen, die den Emissions- und Sicherheitsstandards der Vereinigten Staaten entsprechen.

    Neben (regulären) Zöllen gibt es eine Reihe nichttarifärer Handelshemmnisse. Sie bestehen zum einen aufgrund unterschiedlicher Umweltschutzstandards, die von der U.S. Environmental Protection Agency (EPA) festgelegt werden. So gelten in den USA zum Beispiel abweichende Grenzwerte für den Schadstoffausstoß. Zudem kann der Bundesstaat Kalifornien eigene, strengere Abgasgrenzwerte und Standards für den Verkauf emissionsfreier Fahrzeuge festlegen, als es das Bundesrecht vorsieht.

    Zum anderen weichen auch die Sicherheitsstandards ab: Dazu gehören technische Vorschriften, darunter für die Beleuchtung, Außenspiegel, Scheibenwischer, Sicherheitsgurte und Crashtests. Die in den USA geltenden Federal Motor Vehicle Safety Standards werden von der Behörde für Verkehrssicherheit (NHTSA) erstellt.

    Bei Einfuhren sind je nach Zustand der Fahrzeuge ("conforming" oder "non-conforming") unterschiedliche Zollvorschriften zu beachten. Nicht-konforme Fahrzeuge sind vor einem Marktzugang umzurüsten.

    Insgesamt sind für die Einfuhr von nicht den US-Normen genügenden Fahrzeugen sieben Behörden zuständig. Neben der EPA und dem Department of Transportation sind dies unter anderem die Zollbehörde Customs and Border Protection und die Bundessteuerbehörde (Internal Revenue Service).

    Einzelne Bundesstaaten können abweichende Regelungen haben

    Darüber hinaus sind bei der Einfuhr in die USA auch bundesstaatliche Regelungen zu beachten. So verbieten einige US-Staaten per Gesetz, bestimmte giftige Stoffe in Verpackungsmaterial zu verwenden. Kalifornien verlangt einen Warnhinweis auf Produkte, die Blei und viele andere gefährliche Stoffe enthalten.

    Die Bestimmungen des im Juli 2020 in Kraft getretenen NAFTA-Nachfolgeabkommens United States-Mexico-Canada-Agreement (USMCA) führen dazu, dass Kfz-Bauer immer mehr Teile in Nordamerika beschaffen. Der regionale Wertschöpfungsanteil für den Kfz-Sektor wird bis 2025 von 62,5 Prozent auf bis zu 75 Prozent steigen. So müssen die Firmen für die Vor-Ort-Produktion zum Beispiel deutlich mehr Stahl und Aluminium in den USA, Mexiko und Kanada beschaffen als bisher.

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Informationen zu technischen Standards und Normen sind bei dem American National Standards Institute erhältlich. Auskünfte über Zoll- und Einfuhrverfahren erteilt zudem die Zollbehörde U.S. Customs and Border Protection.

    Von Heiko Stumpf | San Francisco

  • Kontaktadressen

    BezeichnungAnmerkungen
    Germany Trade & InvestAußenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft
    AHK USAAnlaufstelle für deutsche Unternehmen
    U.S. Department of TransportationVerkehrsministerium
    Motor & Equipment Manufacturers AssociationBranchenverband
    Original Equipment Suppliers AssociationBranchenverband
    Automotive NewsFachzeitschrift
    Wards AutoInternetportal
    Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft e.V. (AUMA)Überblick über die wichtigsten Messen und Informationen über die Auslandsmesseprogramme des Bundes und der Bundesländer

     

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