Wirtschaftsausblick | Südkorea
Südkorea blickt hoffnungsvoll auf das Jahr 2024
Die schwächere Landeswährung und kräftigere Auslandsnachfrage sorgen für Steigerungen im Export. Daneben sollen Investitionen 2024 das Wachstum tragen.
14.06.2024
Von Katharina Viklenko | Seoul
Top-Thema: Exporte steigen wieder
Südkoreas Außenhandel legt die Messlatte für 2024 höher. Für mehr Auslandslieferungen sorgt unter anderem der schwächere Won. Die Ausfuhren legten in den ersten vier Monaten 2024 nominal um 9,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu. Das Korea Institute for Industrial Economics and Trade geht davon aus, dass die Exporte im Gesamtjahr 2024 nominal um 8,3 Prozent steigen. Damit würde Südkoreas Export den bisherigen Höchstwert 2022 übertreffen. Die positive Entwicklung beim Export wird das Wachstum der Wirtschaft anschieben. Insbesondere dürften 2024 die Ausfuhren von Schiffen und Teilen davon sowie von Halbleitern anziehen. Während die Ausfuhren von Kfz auf einem hohen Niveau bleiben, dürften die Exporte von Batterien für Elektroautos sinken, deren Absatz weltweit stottert.
Noch 2023 zeigte der Außenhandel Schwächeerscheinungen – die Ausfuhren des Landes gingen nominal um 7,5 Prozent zurück. Die Flaute war auf geringere Lieferungen von Elektronik und vor allem von Halbleitern, dem bedeutendsten Exportprodukt, zurückzuführen. Letztere brachen um fast ein Viertel ein. Als ein Grund ist die schwächere Konjunktur in China zu sehen; die südkoreanischen Exporte in die Volksrepublik sanken 2023 um knapp ein Fünftel. Im gleichen Zeitraum legten die Ausfuhren in die USA um mehr als 5 Prozent zu. Diese Entwicklung verstärkte sich im 1. Quartal 2024: Mit Lieferungen von 42,4 Milliarden US-Dollar (US$) nach China und 41,3 Milliarden US$ in die USA hat sich daher der Abstand beider Absatzmärkte deutlich verringert.
Wirtschaftsentwicklung: 1. Quartal 2024 übertrifft Prognosen
Das südkoreanische Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist laut vorläufigen Angaben der Zentralbank Bank of Korea (BOK) in den ersten drei Monaten 2024 mit real 3,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal überraschend kräftig gestiegen. Zum guten Ergebnis trug gemäß des Thinktanks Korea Development Institute die robuste Erholung der Exporte als Mix von gestiegener Nachfrage nach Halbleitern, des Wirtschaftsaufschwungs in den USA sowie der Erholung der chinesischen Wirtschaft bei. Die Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe stieg im Anfangsquartal 2024 um 6,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, was aber vor allem auf das schwächere 1. Quartal 2023 als Basis zurückzuführen ist.
Zwar dürfte sich das Momentum im 2. Quartal 2024 abschwächen, das Wachstum soll aber im 2. Halbjahr wieder an Fahrt aufnehmen. Infolgedessen hob die BOK ihre BIP-Prognose für das Gesamtjahr 2024 Ende Mai von 2,1 Prozent auf 2,5 Prozent an. Weil die Prognose mit Unsicherheit behaftet ist, rechnet die Zentralbank je nach Szenario mit einem Wachstum zwischen 2,3 Prozent und 2,6 Prozent. Die Schätzungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und von südkoreanischen Forschungsinstitutionen bewegen sich bei 2,5 Prozent bis 2,6 Prozent. Der Internationale Währungsfonds liegt leicht darunter mit 2,3 Prozent. Im Jahr 2025 soll die BIP-Zunahme laut der BOK dann mit 2,1 Prozent etwas niedriger liegen.
Ausrüstungsinvestitionen steigen erst im 2. Halbjahr
Bei den Ausrüstungsinvestitionen prognostiziert die Zentralbank 2024 eine reale Zunahme um 3,5 Prozent, das Wachstum wird vor allem im 2. Halbjahr anziehen. Für das Jahr 2025 erwartet die BOK dann ein Plus von 3,9 Prozent. Von Januar bis März 2024 stiegen die Ausrüstungsinvestitionen nur leicht um 0,6 Prozent. Hingegen gingen die Bauinvestitionen im 1. Quartal 2024 um 0,6 Prozent zurück und werden 2024 laut Vorhersage um 2 Prozent gegenüber dem Vorjahr sinken. Für 2025 erwartet die Bank, dass die Bauinvestitionen um 1,1 Prozent weiter schrumpfen.
Südkoreanische Firmen investieren trotz teils schwieriger Geschäftsbedingungen, um neue Wachstumsmotoren zu fördern. Die Umsätze der Halbleiterindustrie haben die Talsohle durchschritten. SK Hynix erzielte im 1. Quartal 2024 Rekordumsätze und will 2024 insgesamt mehr investieren als zu Beginn des Jahres angekündigt. Auch die Automobil- und Pharmaindustrie sowie der Schiffbau wollen ihre Investitionen gegenüber 2023 erhöhen.
Verbraucher agieren vorsichtig
Der private Konsum stieg in den ersten drei Monaten 2024 real um 1,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und damit kräftiger als prognostiziert. Für 2024 erwartet die Zentralbank eine Zunahme von 1,8 Prozent, wie bereits 2023. Erst 2025 soll der private Verbrauch wieder um mehr als 2 Prozent zulegen. Selbst damit dürfte das Wachstum bei weitem nicht an das Niveau von 2022 mit 4,1 Prozent heranreichen.
Der von der BOK erhobene Composite Consumer Sentiment Index fiel im Mai 2024 auf 98,4 Punkte. Ein Wert unter 100 Punkten bedeutet, dass der Anteil der Konsumenten überwiegt, die die weitere Entwicklung als pessimistisch einschätzen. Insgesamt bleiben Verbraucher angesichts gestiegener Lebensmittelpreise zurückhaltend. Von Januar bis April 2024 hatte der Index noch jeweils die 100-Punkte-Marke überschritten. Gestiegene Preise drücken auf die Konsumstimmung. Um die Inflation einzudämmen, hat die Zentralbank im Verlaufe der Coronapandemie den Leitzins mehrfach auf 3,5 Prozent erhöht, wo er gegenwärtig noch verbleibt.
Deutsche Perspektive: Südkorea ist wichtiger Käufer deutscher Waren in Asien
der deutschen Firmen nennen im AHK World Business Outlook vom Frühjahr 2024 die geringere Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen als größtes Geschäftsrisiko in Südkorea.
Deutsche Exporte nach Südkorea summierten sich 2023 auf rund 20,4 Milliarden Euro. Gegenüber 2022 gingen die Ausfuhren nominal um 5,1 Prozent zurück. Vor allem in den umsatzstärksten Warenkategorien fielen deutsche Lieferungen 2023: Bei Kfz und -Teilen um mehr als 15 Prozent, bei chemischen Erzeugnissen um 4,6 Prozent und bei Elektronik um 2,2 Prozent. Bei den anderen Warengruppen legten die Exporte zu.
Im Ranking der bedeutendsten Absatzmärkte deutscher Exporteure in Asien blieb Südkorea im Jahr 2023 auf Rang 2 vor Japan. Im 1. Quartal 2024 lag allerdings Japan wieder als zweitwichtigster Käufer deutscher Waren in Asien vorne.
Weitere Informationen zur Entwicklung der Wirtschaft und bedeutenden Branchen bietet die GTAI-Länderseite zu Südkorea.