Japans Chemiefirmen treiben vor allem Investitionen bei Halbleiterchemikalien und Pharmazeutika voran. Viele Investitionen finden im Ausland statt.
Japans Chemiefirmen erwarten ein gutes Fiskaljahr 2024 (1. April bis 31. März). Laut der “Japan Chemical Daily” rechnet die Mehrheit von ihnen mit höheren Gewinnen und höheren Investitionen. Im Fiskaljahr 2023 half der Chemiebranche der Aufschwung in der Automobilindustrie, die schwache Konjunktur im Halbleiterbereich zu überdecken. Inzwischen wächst auch die Halbleiterbranche wieder stark.
Die japanische Regierung unterstützt die Halbleiter- und Batterieindustrie als Schlüsselindustrien ihrer Strategie mit hohen Fördermitteln. Die Branchen sollen im Inland Kapazitäten aufbauen. Damit benötigen sie auch mehr Zulieferungen von Chemikalien. Die Produktion von Pharmazeutika will Japan ebenfalls stärken.
Viel Schwung bei Halbleiterchemikalien
In der Spezialchemie bauen japanische Firmen ihr Angebot aus. Einige von ihnen haben weltweit hohe Marktanteile in ihren jeweiligen Nischen. Beispiele sind Halbleiterchemie, Batteriechemikalien und Kohlenstofffasern. Japanische Unternehmen investieren kräftig in die Forschung und Entwicklung. Das organische Wachstum ergänzen sie durch den Zukauf von Firmen, um das Produktportfolio zu stärken und weitere Marktanteile zu gewinnen.
Die Anbieter von Halbleiterchemikalien profitieren von Großinvestitionen bei Halbleitern in Japan in den kommenden Jahren. So nehmen mit der Expansion des taiwanischen Halbleiterherstellers TSMC nach Kyushu auch die Investitionen von Firmen bei Vorprodukten in der Region zu. Beispielsweise erhält SUMCO für seine Großinvestition bei Wafern in der Präfektur Saga bis zu einem Drittel der Investitionskosten als Subvention vom Ministry of Economy, Trade and Industry (METI). Unklar ist dagegen, ob die Nachfrage nach japanischen Chemikalien in China bestehen bleibt, sollte China seine Eigenversorgung mit Halbleiterchemikalien erhöhen oder Sanktionen, wie beispielsweise in den USA, die Lieferungen nach China behindern.
Zu den größten laufenden Vorhaben bei den Chemikalien zählen daneben Investitionen von JX Metals bei Sputtertargets, von Shin-Etsu bei Chemikalien für die Lithgrafie und von Mimasu bei Wafern. Darüber hinaus versucht Shin-Etsu seinen Anteil an Mimasu von 42,75 Prozent auf zwei Drittel zu erhöhen. Von deutscher Seite steckt Merck Electronics Japan von 2022 bis 2025 etwa 100 Millionen Euro in seinen Standort in Shizuoka.
Mitsui Chemicals will von Juni 2024 bis etwa Ende 2025 eine Produktion von Pellikeln aus Kohlenstoffnanoröhren (CNT) in der Präfektur Yamaguchi aufbauen. Ein Pellikel ist eine transparente Membran für Fotomasken zum Schutz gegen Verschmutzung. Die Pellikel sollen in der nächsten Generation von Extrem-Ultraviolett-Lithografie-Systemen zum Einsatz kommen.
Firmen bauen Fertigung bei Batteriechemikalien aus
Kureha erweitert seine Kapazitäten bei der Produktion von Polyvinylidenfluorid. Dieses wird unter anderem als Bindemittel in der Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien genutzt. Idemitsu Kosan will die Produktion von festen Elektrolyten für Feststoffbatterien erhöhen. Von deutscher Seite baut Evonik von 2023 bis 2025 eine Anlage für pyrogenes Aluminiumoxid für Lithium-Ionen-Batterien in Yokkaichi. Ein Joint Venture von BASF und Toda Kogyo erweitert bis zum 2. Halbjahr 2024 seine Produktion von Kathodenmaterial in Onoda.
Bei Arzneimitteln erweitert vor allem AGC seine Kapazitäten zur Auftragsfertigung in Yokohama. Seitens der deutschen Vertreter, errichtet Boehringer Ingelheim von 2023 bis 2025 ein weiteres Werk in Higashine in der Präfektur Yamagata. Dieses soll unter anderem Medikamente gegen Diabetes produzieren. Das deutsche Unternehmen investiert dafür 71 Millionen US-Dollar (US$).
Ausgewählte Investitionsprojekte der chemischen Industrie in Japan Investitionssumme in Millionen US-DollarAkteur/Projekt | Investitionssumme * | Projektstand | Anmerkungen |
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Bau von Werken in Kubara und in Yoshinogari in der Präfektur Saga / SUMCO | 1.600 | 2023 bis 10/2029 | 300-mm-Siliziumwafer: Kristalle und Verarbeitung |
Bau einer neuen Fabrik in Hitachinaka in der Präfektur Ibaraki / JX Metals | circa 1.067 | 2022 – Fiskaljahr 2025 | Sputtertargets für Halbleiter und kristalline Materialien |
Bau eines Werks in Isesaki in der Präfektur Gunma/Shin-Etsu Chemical | 590 | Fertigstellung: 2026 | Chemikalien für die Halbleiter-Lithografie |
Bau eines Werks in Takasaki in der Präfektur Gunma /Mimasu Semiconductor Industry | 548 | 8/2023 – 7/2025 | 300-mm-Siliziumwafer |
Bau eines Werks in Shunan in der Präfektur Yamaguchi/Zeon | 498 | Baubeginn: 1. Halbjahr 2025, Fertigstellung: 2. Halbjahr 2028 | Cyclo-Olefin-Polymere, Kapazität von 12.000 Tonnen pro Jahr |
Erweiterung in Iwaki in der Präfektur Fukushima / Kureha | 498 | 8/2023 – 3/2026 | Polyvinylidenfluorid (PVDF), zusätzliche Kapazität von 8.000 Tonnen pro Jahr |
Erweiterung in Yokohama / AGC | 356 | 12/2023 – 2026 | biopharmazeutische Auftragsfertigung; auch zur Produktion von Impfstoffen |
* Umgerechnet zum Wechselkurs 1 US$ = 140,6 Yen. Quelle: Unternehmensangaben 2024; METI 2023
Im Ausland setzen Firmen auf Arzneimittel und Batteriechemikalien
Der Fokus japanischer Firmen richtet sich auch auf neue Kapazitäten in wichtigen Abnehmermärkten. Die USA und Europa haben Programme für den Ausbau der Elektromobilität und der Halbleiterindustrie verabschiedet. Für japanische Chemiehersteller spielt zudem die erwartete starke Nachfrageentwicklung in Südostasien eine Rolle.
Vor allem Fujifilm investiert massiv in den Ausbau seiner Kapazitäten in der Auftragsproduktion von Pharmazeutika. Für Investitionen in den USA und in Dänemark nimmt das Unternehmen 2,8 Milliarden US$ in die Hand. Daiichi Sankyo steckt rund 1 Milliarde Euro in die Erweiterung seines Standorts Pfaffenhofen in Deutschland. Astellas Pharma baut ein Werk für aseptische Arzneimittel in Irland. Japanische Firmen tätigen auch teure Übernahmen von Pharmafirmen im Ausland.
Bei Batteriechemikalien investieren etwa Asahi Kasei bei Separatoren in Kanada und Ube bei Lösungsmitteln in den USA. Zeon baut bis 2026 ein Werk für Lösungsmittel in Texas.
In Südostasien erweitert der Mischkonzern AGC bis 2025 seine Fertigung von Chloralkalierzeugnissen in Thailand. Das Unternehmen ist auch in Vietnam und in Indonesien aktiv. Kuraray erweitert seine Produktion von Harzen für Lebensmittelverpackungen in Singapur, in Houston im Bundesstaat Texas in den USA und in Antwerpen in Belgien. Toray will rund 366 Millionen US$ in Gumi in Südkorea in neue Kapazitäten bei Karbonfasern, Aramidfasern und umweltfreundlichen Materialien stecken. Bei Halbleiterchemikalien erweitert Mitsubishi Gas Chemical seine Kapazitäten in den Bundesstaaten Oregon und Texas in den USA.
Japans Regierung hat das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 ausgegeben. Daher entwickeln japanische Firmen Technologien zur Dekarbonisierung. Bemühungen gibt es unter anderem bei Wasserstoff, bei der Speicherung und dem Export von Kohlenstoffdioxid und bei nachhaltigen Treibstoffen für Flugzeuge. Passend dazu beteiligte sich das deutsche Unternehmen Heraeus an dem japanischen Start-up Tsubame BHB. Dieses hat eine neue umweltfreundliche und effiziente Technologie zur dezentralen Ammoniakproduktion entwickelt.
Von Frank Robaschik
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Tokyo