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Container terminal, view from a container ship Containerhafen | © GettyImages/Jorg Greuel

Special | Kanada | US-Zollpolitik

Kanada könnte zukünftig mehr Maschinen aus Deutschland einführen

Trump droht Kanada mit Zöllen. Kommen sie, könnten Industrie und Verbraucher künftig vermehrt auch auf deutsche Produkte ausweichen. Kanada dürfte aber in eine Rezession rutschen.

Von Heiko Steinacher | Toronto

Rolle rückwärts – der zusätzliche Zollsatz von 25 Prozent, den die USA auf eine breite Palette von Gütern aus Kanada erheben wollten, wurde am 3. Februar 2025 für einen Monat ausgesetzt. Die Zölle hätten die gesamte Lieferkette betroffen, neben dem Kfz- auch den Energiesektor, den Maschinenbau, Pharma sowie Lebensmittel bis hin zum Agrarsektor.

Bei Energieressourcen wie Öl und Gas hätte er "nur" 10 Prozent betragen, vermutlich da es den Amerikanern an Substituten fehlt: Kanada ist der wichtigste ausländische Öllieferant der USA. Etwa 60 Prozent der US-Öleinfuhren stammen von dort.

US-Präsident Donald Trump sagte, dass die Zölle mit der Zeit hätten steigen können. Dabei würde bereits die ursprünglich angekündigte Größenordnung der Zölle in Kanada eine Rezession auslösen. Laut der Royal Bank of Canada (RBC) könnte die Wirtschaft des Landes dann bis zu drei Jahre lang nicht mehr wachsen. Und die Canadian Chamber of Commerce hat errechnet, dass das kanadische Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Zuge 25-prozentiger US-Zölle sowie der zu erwartenden Gegenmaßnahmen Kanadas um 2,6 Prozent sinken könnte. Das US-amerikanische würde um 1,6 Prozent nachgeben.

Verhandlungsmasse schaffen vor allem auf Kosten der Nachbarländer

Es ist davon auszugehen, dass Trump dadurch vor allem Verhandlungsmasse für die schon geplanten Neuverhandlungen zum USMCA-Freihandelsabkommen aufbauen will. Er hatte den Vertrag in seiner ersten Amtszeit selbst unterzeichnet, nachdem er das vorherige NAFTA-Abkommen aufgekündigt und neu verhandelt hatte.

Das verarbeitende Gewerbe Kanadas wäre von den neuen Zöllen am stärksten betroffen. Es macht etwa 9 Prozent des BIP und 70 Prozent des gesamten Außenhandels mit den USA aus. Besonders der Kfz-Sektor ist stark mit dem der USA und Mexikos verflochten. So will zum Beispiel VW seine US-Autowerke künftig mit Batterien "made in Canada" beliefern, wo die Konzerntochter Powerco eine Batteriezellenfabrik plant. Kanadas Regierung hatte das Milliardenprojekt mit hohen Subventionen angelockt und diese nach Verabschiedung des US-Klima- und Energiepakets IRA (Inflation Reduction Act) nochmals aufgestockt.

Industrien mit international stark integrierten Lieferketten betroffen

Neue Zölle würden daher besonders Industrien mit stark integrierten internationalen Lieferketten in Schwierigkeiten bringen wie den Automobilsektor. Probleme bekämen auch solche, die nicht ohne weiteres auf Vorleistungen ausweichen können, die im Inland produziert oder zu wettbewerbsfähigen Preisen aus anderen Ländern bezogen werden.

Unklar ist, ob die US-Zölle bei Inkrafttreten bei jedem Grenzübertritt auf den gesamten Warenwert anfallen würden. Denn bei der Herstellung eines Autos überqueren Teile und Komponenten bis zur Endmontage oft mehrfach die Grenze zwischen Kanada und den USA. Im Rahmen des USMCA-Abkommens ist dagegen geregelt, dass Zölle auf Autos und Autoteile auf Grundlage der Wertschöpfung und nicht des Gesamtwerts festgelegt werden, wenn Waren nicht den Ursprungsregeln entsprechen.

Welche Sektoren träfen US-Zölle besonders hart?

Anfällig sind Industriezweige, die stark in Liefer- und Wertschöpfungsketten zwischen den USA und Kanada eingebunden sind. Nach einer Analyse der Royal Bank of Canada sind das vor allem:

  1. Kfz- und Kfz-Teile-Industrie
  2. Grundchemie
  3. Landtechnik sowie Bau- und Bergbaumaschinen
  4. Herstellung von Erdöl- und Kohleprodukten
  5. Primärmetallindustrie
  6. Luft- und Raumfahrtindustrie
  7. Pharmaindustrie
  8. Kunststoffindustrie

Im Gegenzug zu den US-Zöllen gab auch Kanada bekannt, Zölle in Höhe von 25 Prozent auf verschiedene US-Produkte verhängen zu wollen. In einer ersten Runde wären sie am 4. Februar 2025 auf US-Waren im Wert von gut 20 Milliarden US-Dollar (US$) in Kraft getreten, und in einer weiteren drei Wochen später auf Produkte im Wert von etwa 86 Milliarden US$. Parallel dazu hat Premierminister Justin Trudeau die kanadische Bevölkerung dazu aufgerufen, US-Produkte zu boykottieren und auf Reisen in die USA zu verzichten.

Die Zölle hätten die kanadische Wirtschaft zu einem Zeitpunkt getroffen, an dem sie sich bereits in einer schwierigen Lage befindet. Die Bank of Canada hat die Leitzinsen seit dem Sommer 2024 in mehreren Schritten um 200 Basispunkte gesenkt. Gleichzeitig bestehen in der Industrie weiterhin Überkapazitäten und die Arbeitslosenquote steigt weiter an. Das Pro-Kopf-BIP ist in acht der letzten neun Quartale gesunken, und die Unternehmensinvestitionen stagnieren. Würden die Zölle daher die Realwirtschaft nach unten ziehen und die Inflation anheizen, könnte die Zentralbank den eingeschlagenen expansiveren geldpolitischen Kurs aussetzen, mit weiteren möglichen Negativfolgen für das Wachstum.

Handelskonflikt würde sich auf Kanadas Export und Import negativ auswirken

Außerdem würden Kanadas Exporte in die USA seinem größten Handelspartner durch die US-Zölle weniger wettbewerbsfähig, was zu einem erheblichen Rückgang der Exporte (und Importe) führen würde. Kommt es wegen der Zölle zu Verwerfungen auf den Weltmärkten, würde die geringere globale Nachfrage einen Rückgang der Rohstoffpreise auslösen, einschließlich des Ölpreises. Öl ist eines der wichtigsten Exportgüter Kanadas. Das Land könnte daher in dem Fall versuchen, insbesondere in den Bereichen Energie und Rohstoffe künftig mehr nach Deutschland zu exportieren.

Kanadas Handelsbilanz würde sich insgesamt verschlechtern. Wegen des geringeren Handelsüberschusses und der schwächeren Terms of Trade würde der kanadische Dollar gegenüber dem US-Dollar abwerten, was US-Waren in Kanada zusätzlich verteuern würde. Kanadische Haushalte und Unternehmen dürften dann versuchen, US-Waren durch solche zu ersetzen, die nicht mit Zöllen belegt sind.

Deutsche Produkte könnten womöglich manche Lücke schließen

Daher könnte Kanada im Fall neuer US-Zölle künftig mehr deutsche Produkte importieren, darunter Maschinen, die bisher aus den USA kamen: Etwa die Hälfte ihrer Maschinen und Ausrüstungen haben kanadische Unternehmen bisher in den USA eingekauft. Auch bei Kfz-Teilen, elektronischen Geräten und Komponenten oder chemischen Erzeugnissen könnten deutsche Anbieter womöglich künftig entstehende Lücken schließen. 

Laut einer KPMG-Umfrage im Januar 2025 unter 250 kanadischen Unternehmen verschiedener Branchen plant fast die Hälfte, angesichts der Handelsspannungen mit den USA mehr Investitionen und Tätigkeiten ins Nachbarland zu verlagern. Betroffen sind davon auch Fusionen und Übernahmen.

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