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Branchenanalyse | Brasilien | Bauwirtschaft

Bauwirtschaft erwartet leichtes Wachstum

Fallende Zinsen, mehr Förderung für den Sozialbau und höhere Staatsausgaben kurbeln die Baukonjunktur wieder an. 

Von Gloria Rose | São Paulo

Ausblick der Bauwirtschaft in Brasilien

Bewertung:

 

  • Allmählich sinkende Zinsen beleben die Baukonjunktur.
  • Wohnungsbau für Haushalte mit niedrigem bis mittlerem Einkommen zieht wieder an. 
  • Kommunalwahlen 2024 bringen Schwung in öffentliche Bauvorhaben.
  • Konzessionierungen sorgen für Investitionen in die Wasserwirtschaft, Autobahnen, Schienenstrecken und weitere Projekte.

Anmerkung: Einschätzung der Autorin für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: April 2024

  • Hochbau: Marktlage und Marktentwicklung

    Die Aussichten für den Hochbau verbessern sich. Die eingeleitete Zinswende und mehr staatliche Wohnungsbauinvestitionen stimmen die Bauunternehmer vorsichtig optimistisch für 2024.

    Für 2024 erwartet der Verband Câmara Brasileira da Industria da Construção (CBIC) wieder ein Wachstum der Bauwirtschaft. Mit einem Plus von real 1,3 Prozent wird der Sektor voraussichtlich jedoch weniger stark wachsen als das Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit rund 1,9 Prozent. Auch 2023 blieb der Sektor hinter der gesamtwirtschaftlichen Dynamik zurück. Während das BIP um 2,9 Prozent zulegte, nahm die Wertschöpfung der Bauwirtschaft um 0,5 Prozent ab.

    Die drastische Inflation für Baumaterial aus der Coronazeit ist längst überwunden. Für Dienstleistungen und Fachkräfte stieg das Preisniveau 2023 weiter an. Der Sektor preist die höheren Baukosten ein. Damit dürften die Immobilienpreise auch 2024 weiter anziehen.

    Bauunternehmer blicken optimistischer in die Zukunft

    Laut der CBIC-Erhebung vom Februar 2024 erwartet der Sektor für die kommenden sechs Monate eine positive Entwicklung der Geschäftstätigkeit, der Beschäftigung, des Einkaufs von Vorprodukten und neuer Projekte. Das Vertrauen der Bauunternehmer legt leicht zu. Die positiven Erwartungen stützen sich auf verschiedene Entwicklungen:

    • Erstens beleben die sinkenden Zinsen die Baukonjunktur.
    • Zweitens zieht der Wohnungsbau für Haushalte mit niedrigem bis mittlerem Einkommen wieder an. Anfang 2023 hatte die Regierung die Förderung erhöht, sodass sich der Sozialwohnungsbau wieder rentiert.
    • Drittens bringen die Kommunalwahlen Schwung in öffentliche Bauvorhaben.

    Immobilienfinanzierung wird erst ab 2025 günstiger

    Im März 2024 senkte die Zentralbank den Leitzins zum sechsten Mal in Folge um einen halben Prozentpunkt auf 10,75 Prozent herab. Die Zinssenkungen schlagen nur allmählich auf den Kreditmarkt durch. Der Verband für Immobilienkredite Abecip erwartet, dass die Zinsen für Immobilienkredite in den kommenden Monaten auf dem relativ hohen Niveau von 11 bis 12 Prozent stagnieren, wenn das Kreditvolumen unverändert hoch bleibt. Da die Banken bei der Kreditvergabe Neubauten bevorzugen, könnten für gebrauchte Immobilien weniger Kreditmittel zur Verfügung stehen.

    Wohnungsbau zieht wieder an

    Laut dem Branchenverband CBIC dürften die Baugesellschaften 2024 wieder mehr Wohnimmobilien anbieten. Im Jahr 2023 ging das Neuangebot an Wohnungen in landesweit 220 erfassten Städten um 11,5 Prozent auf 293.013 Einheiten zurück. Der Bestand an Immobilienangeboten sank ähnlich stark. Nicht zuletzt aufgrund der in den vergangenen Jahren drastisch gestiegenen Kreditzinsen schraubten die Konzerne Neuprojekte zurück. Ungebrochen ist der Wachstumstrend dagegen bei Projekten für gehobene Einkommensklassen in den Metropolen.

    Ausgewählte Strukturdaten zum Wohnungsbau in BrasilienAnzahl in Einheiten, Veränderung in Prozent

    Kennziffer

    2022

    2023

    Veränderung 2023/22

    Neuangebote

    331.010

    293.013

    -11,5

    Verkäufe

    327.554

    322.851

    -1,4

    Bestand an Immobilienangeboten zum Jahresende

    321.933

    286.401

    -11,0

    Erhebung am Wohnungsmarkt von 220 Städten.Quelle: Kammer der Bauindustrie CBIC 2024

    Besonders starke Impulse gehen vom Markt für Sozialwohnungen aus, der sich seit dem 2. Halbjahr 2023 erholt. CBIC rechnet für das Marktsegment 2024 mit einem Wachstum zwischen 5 und 10 Prozent. Anfang 2023 legte die Regierung Lula das Förderprogramm "Minha Casa Minha Vida" (MCMV) neu auf und hob die Beihilfen und Obergrenzen an. Zudem stellt der Arbeitnehmerfonds FGTS mehr Mittel für die Baufinanzierung zur Verfügung. Damit lohnt sich der soziale Wohnungsbau wieder. Bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2026 sollen insgesamt 2 Millionen Familien Zugang zu begünstigtem Wohneigentum erhalten.

    Dazu kommen Fördermaßnahmen einzelner Bundesstaaten und Gemeinden, wie beispielsweise die Programme "Nossa Casa" des Bundesstaats São Paulo und "Pode Entrar" der Stadt São Paulo.

    Differenzierte Lage im Wirtschaftsbau

    Logistikhallen sind nach wie vor gefragt. Doch das Angebot wurde im Zuge des E-Commerce-Booms so stark erweitert, dass der Zubau nun stockt. Für Last-Mile-Lösungen stehen immer begrenztere Flächen zur Verfügung. Mit steigenden Preisen dürfte ein Trend zu mehrstöckigen Logistikimmobilien einsetzen.

    Der Bau von Einkaufszentren entwickelt sich wieder positiv, berichtet der Branchenverband Abrasce. Für 2024 erwartet der Verband 18 Neueröffnungen.

    Die Lage auf dem Markt für Büroräume ist weiter angespannt. Der Trend zu einer neuen Arbeitswelt lässt die Nachfrage sinken. Hohe Zinsen und steigende Grundstückskosten schmälern die Rentabilität im Bürosegment. Der durchschnittliche Leerstand von Büroflächen im wichtigsten Markt São Paulo pendelte sich zuletzt auf 20 bis 25 Prozent ein.

    Auch im Industriebau herrscht nach wie vor Zurückhaltung, vereinzelt kommt es zu Neuprojekten. Die Regierung hat ein Industrieförderprogramm aufgelegt und will neue Investitionen für Brasilien gewinnen, was den Markt mittelfristig beleben könnte.

    Städte fördern Gebäudemodernisierung

    Die Metropole São Paulo will das seit Jahrzehnten vernachlässigte Zentrum der Stadt wiederbeleben. Im Rahmen des Programms "Requalifica Centro" übernimmt die Stadt bis zu 25 Prozent der Kosten für die Aufhübschung (Retrofit). Anfang 2024 kündigte die bundesstaatliche Regierung Unterstützung an. Im Zentrum São Paulos soll ein neues Verwaltungszentrum des Bundesstaats entstehen. Das öffentlich-private Projekt im Wert von rund 800 Millionen US-Dollar (US$) soll 2026 versteigert werden.

    Auch andere Stadtverwaltungen verstärken ihren Einsatz. Recife (Pernambuco), Salvador (Bahia), Campinas (São Paulo) und Vitória (Espírito Santo) riefen neue Förderprogramme ins Leben. Bereits seit 2021 fördert Rio de Janeiro Sanierungen mit dem Programm "Reviver", das Ende 2023 neu aufgelegt wurde.

    Seit dem Boom in der Pandemie gingen Renovierungen stark zurück. Der spekulative Kauf älterer Wohnungen lohnt sich für die Baugesellschaften nicht. Aufgrund der Komplexität des Marktes sorgten auch innovative Immobilienagenturen, sogenannte iBuyers, bisher nicht für eine erkennbare Marktbelebung. Start-ups wie Loft, Keycash, SI Advisors und Casa Unique sowie das landesweit größte Immobilienportal ZAP und die iBuyer-Plattform des Baukonzerns Vitacon konzentrieren sich auf São Paulo.

    Immerhin erlebte der Immobilienmarkt einen Digitalisierungsschub. Von der Ansicht der Grundrisse bis zur Vertragsunterzeichnung läuft alles digital. Auch virtuelle Besichtigungen sind möglich. Dennoch dauert ein Verkauf in São Paulo durchschnittlich 14 Monate.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Hochbau: Marktchancen für deutsche Produkte und Dienstleistungen

    Energieeffizienz und Bauindustrialisierung bieten Perspektiven für deutsche Anbieter. Doch die Bevölkerung ist beim Bau nicht sehr offen für Innovationen.

    Anders als bei vielen Konsumgütern sind die Brasilianer im Wohnungsbau sehr konservativ. Ein Beispiel dafür ist der anhaltende Erfolg der großen Baukonzerne, die seit Jahrzehnten architektonisch kaum variieren und sehr kostenorientiert bauen. Trends zu neuen Baustoffen oder sogar Bauweisen entwickeln sich nur sehr langsam – selbst wenn sie Kostenvorteile eröffnen.

    Dies erklärt mitunter die sehr langsame Marktdurchdringung von Kunststoffrahmen bei Fenstern, die deutsche Hersteller seit Jahren sukzessive vorantreiben. In Bezug auf qualitativ hochwertige Baustoffe und -techniken weist Brasilien somit einen großen Nachholbedarf auf, insbesondere bei der Mechanisierung und Automatisierung der Bauausführung.

    Industrialisierung setzt sich mittelfristig durch

    Trotz immenser Kostenvorteile macht das industrielle Bauen maximal 10 Prozent des brasilianischen Marktes aus. Sowohl Architekten und Ingenieure als auch die Behörden halten an sehr arbeitsintensiven Verfahren fest. Schließlich fordern die Baukunden nach wie vor individuelle Ausführungen. Immer mehr Unternehmen leisten Überzeugungsarbeit, darunter einige ConstruTechs.

    Eine weitere Hürde für den Fertigbau ist das Steuersystem. Mit der aktuellen Reform werden neue Weichen gestellt. Zudem werden auch qualifizierte Fachkräfte auf brasilianischen Baustellen immer knapper. Es fehlen zunehmend Baumeister und Maurer, aber auch Elektriker, Vorarbeiter und Schreiner. Irgendwann dürften die Skalenvorteile des Modulbaus die kulturellen Hürden überwinden. Der Verband für industrielles Bauen mit Betonfertigteilen (Abcic) und der Verband für Stahlskelettbau (Abcem) registrieren bereits einen zunehmenden Wachstumstrend. 

    Gebäudedatenmodellierung kommt nur langsam in Gang

    Brasiliens Regierung treibt seit 2018 mit der "Estratégia BIM BR" die Digitalisierung der Branche voran. Derzeit legt die Regierung neue Vorgaben für die Gebäudedatenmodellierung fest. Ursprünglich sollten ab 2024 alle Bauprojekte BIM (Building Information Modeling) einsetzen und ab 2028 alle Bauleistungen über BIM abgebildet werden. Zurzeit nutzt jedoch nur ein Zehntel der Bauunternehmen BIM routinemäßig, schätzt der Verband für Industrieentwicklung ABDI. Die langsame Entwicklung geht auch mit der hohen Informalität des Sektors einher.

    Neuer Rechtsrahmen stimuliert Holzrahmenbau

    Trotz der hochproduktiven Forstwirtschaft findet Holz in der brasilianischen Bauwirtschaft nur wenig Beachtung. Das Aufkommen der Baulösung "WoodFrame" lässt die Nachfrage aber allmählich steigen. Für eine Marktdurchdringung dieser Baumethode fehlte lange ein staatlich anerkannter Standard. Im Juni 2023 trat die Norm für den Holzrahmenbau NBR 16.936 in Kraft, die laut Brasiliens Normierungsbehörde ABNT internationale Standards umsetzt. 

    Energieeffizienz spielt eine untergeordnete Rolle

    Globale Trends zu energieeffizienten Gebäuden und umweltbewusstem Bauen schlagen sich bislang nicht in der Marktnachfrage nieder. Auch die Zertifizierungen über das Programa Brasileiro de Etiquetagem em Eficiência Energética (PBE Edifica) und LEED des U.S. Green Building Council setzen nur sehr limitierte Anreize. Energieeffizienz gewinnt daher lediglich durch die stark steigenden Stromtarife an Bedeutung und stimuliert den Absatz moderner Klimaanlagen sowie das Aufkommen von Automatisierungstechnik. 

    Mit dem Erlass 390 legte die Behörde Inmetro im Jahr 2022 eine Norm für energieeffiziente Gebäude fest. Mit Unterstützung der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) entstand die Plattform SIDAC, mit der der CO-Fußabdruck von Bauprojekten berechnet werden kann. Das Informationssystem steckt noch in den Kinderschuhen und wird von Brasiliens Energieministerium koordiniert. Die GIZ unterstützt die Regierung auch bei dem Programm EEDUS, welches auf Energieeffizienz im Sozialwohnungsbau abzielt.

    Förderkredite für Energieeffizienz gehen zurück

    Auf Energieeinsparung spezialisierte Dienstleistungsunternehmen bieten Energy Performance Contracting (EPC) an. Diese sogenannten Empresas de Serviços de Conservação de Energia (ESCO) stellen interessante Vertriebskanäle für deutsche Technologien und Baulösungen dar. Der Branchenverband Abesco zählt etwa 25 Dienstleister. Gefördert werden Energieeffizienzprojekte über besondere Kreditlinien zur zinsgünstigen Finanzierung. Über das Programa de Eficiência Energética (PEE) der Stromregulierungsbehörde ANEEL steht seit Ende 2022 jedoch nur noch ein Drittel der bisherigen Mittel zur Verfügung. Laut Abesco schrumpft der Markt für Energieeffizienzdienstleister dementsprechend.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Hochbau: Projekte

    Die Regierung stellt mehr Geld für den Bau öffentlicher Gebäude und Sozialwohnungen bereit. Impulse kommen von Luxusprojekten und Resorts für den wachsenden Tourismus.

    Der Bau öffentlicher Gebäude stockt seit Jahren. Über die Plattform Mãos à Obra sammelte die Regierung im Jahr 2023 Daten über ruhende Baustellen. Bislang meldeten die Gemeinden insgesamt 12.286 Projekte mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 18 Milliarden US-Dollar (US$) an. Zum Großteil handelt es sich um Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen. Über einen Nationalpakt sollen nun Mittel für die Fertigstellung der Bauten zur Verfügung gestellt werden. Jedes einzelne Projekt muss erneut bewilligt werden. 

    Konkreter sind die Projekte, die Bundesstaaten und Gemeinden als öffentlich-private Partnerschaft, sogenannte PPP, vergeben. Laut dem Infrastrukturverband ABDIB befinden sich landesweit 180 PPPs mit einem Investitionsvolumen von bis zu 3,4 Milliarden US$ in der Ausarbeitung. Dabei handelt es sich auch um Vollzugsanstalten, Parks, Sportplätze oder Wohnblöcke.

    Öffentlich-private Projekte im Bildungs- und Gesundheitssektor kommen voran

    Laut der Beratungsagentur Radar PPP stieg das Gesamtvolumen der Gesundheitsprojekte 2023 um fast 10 Prozent an. Im November befanden sich 26 Projekte in der Pipeline, darunter das Hospital Vital Brazil in Timóteo (Minas Gerais), das Kinderkrankenhaus Irmã Calista in Maringá (Paraná) und das Hospital de Jaru (Rondônia). Auch die medizinische Grundversorgung in Recife und Jaboatão dos Guararapes im Staat Pernambuco wird 2024 als PPP vergeben. Viele Verträge erarbeitet der Projekthub der brasilianischen Entwicklungsbank BNDES.

    Im Bildungsbereich bereitet BNDES derzeit fünf PPPs vor: für Recife im Bundesstaat Pernambuco, Caxias do Sul in Rio Grande do Sul, in Rio de Janeiro sowie für die Staaten São Paulo und Minas Gerais. Der Staat São Paulo will bereits im November 2024 den PPP-Vertrag für den Bau und die Verwaltung von 33 Schulen vergeben.

    Darüber hinaus strukturiert BNDES auch Verträge zur Sanierung und Nutzung staatlicher Gebäude. In diesem Jahr werden fünf Immobilienblöcke versteigert.

    Auch der private Gesundheitssektor investiert

    Die Bevölkerung Brasiliens wird im kommenden Jahrzehnt deutlich schneller altern als in anderen Schwellenländern. Pflegeheime für die höheren Einkommensklassen rücken ins Interesse von Investmentfonds. Die Investitionen im privaten Gesundheitssektor steigen tendenziell und fördern den Bau weiterer Gesundheitseinrichtungen. 

    Sozialbau rückt ins Augenmerk der Wohnungsbaugesellschaften

    Über das Förderprogramm "Minha Casa Minha Vida" (MCMV) wurden im Jahr 2023 Verträge für 460.000 neue Wohneinheiten geschlossen. Unter der Regierung Lula rückt der Sozialbau wieder in den Vordergrund. Davon profitieren besonders die Wohnungsbaugesellschaften Direcional, Cury und MRV, da 90 Prozent ihrer Aktivtäten über MCMV laufen. Aber auch Plano&Plano, Tenda und Cyrela nutzen den Trend für sich.

    Der Bundesstaat São Paulo, der das höchste Wohnungsdefizit des Landes aufweist, errichtet Wohnungen in öffentlich-privaten Partnerschaften (PPP) über das Programm "Nossa Casa". Auch die Stadt São Paulo bietet Förderung an. Über das Programm "Pode Entrar" sollen 45.000 Wohnungen vergeben werden. Die Wohnungsbaugesellschaften Plano&Plano und Direcional gewannen bislang die meisten Aufträge. Aber auch Tenda und MRV interessieren sich für das Programm. 

    Fortsetzung alter Trends schlägt sich in Bauprojekten nieder

    Die Millionenmetropole São Paulo ist der mit Abstand größte Markt für die brasilianische Bauwirtschaft. Mitte 2023 verabschiedete die Stadt einen neuen Bebauungsplan, der vorherige stammte aus dem Jahr 2014. Trotz Kritik vieler Stadtplaner, die den Abbau sozialer Gegensätze im Blick haben, setzt der neue "Plano Diretor Estratégico" (PDE) die Forderungen der Baugesellschaften um. Damit verstärkt sich der Trend zu kleinen Apartmentwohnungen für die mittleren und gehobenen Einkommensklassen an den Hauptverkehrswegen. In den letzten zehn Jahren floss die Hälfte aller Bauinvestitionen in Wohnimmobilien dieser Art. Der Plan gilt bis 2029. 

    Der Shoppingsektor hat sich von dem Einbruch in der Coronakrise erholt und wächst wieder. Damit steigen die Investitionen. Multiplan, einer der größten Betreiber von Shoppingzentren, baut bis 2026 sieben Einkaufszentren aus und investiert im Jahr 2024 etwa 80 Millionen US$ in die 20 bestehenden Zentren. Der börsennotierte Konzern Allos plant für 2024 den Ausbau von acht Zentren: Parque Shopping Maceió, Villa Lobos, Bahia, Del Rey, Dom Pedro, Uberlândia, Leblon und Recife. Auch neue Zentren entstehen. Von Jahr zu Jahr kommen neue Standorte hinzu. Insgesamt verfügen bislang knapp 250 der 5.570 Städte und Gemeinden Brasiliens über Shoppingzentren.

    Tourismusbranche zieht Investoren an

    Wegen der hohen Flugpreise machen immer mehr Brasilianer Urlaub im eigenen Land. Auch aus dem Ausland kommen mehr und mehr Besucher. Im Jahr 2023 brachten ausländische Touristen 6,9 Milliarden US$ ins Land, ein neuer Rekordwert. Nicht einmal die Fußballweltmeisterschaft 2014 brachte Brasilien höhere Einnahmen. Das beflügelt die Branche und viele Hotelketten investieren wieder, darunter zahlreiche internationale und renommierte Marken.

    Im Süden São Paulos entsteht das Großprojekt Beyond The Club (BTC). Geplant sind ein Surfpark mit künstlichem Strand, Restaurants, Luxusapartments und Ladenlokalen. Investitionspartner sind BTG Pactual, KSM Realty und Realty Proprieties. Im Hinterland des Bundesstaates São Paulos rechnet der Tourismusdistrikt Serra Azul in der Umgebung der Städte Itupeva, Vinhedo, Louveira und Jundiaí bis 2026 mit Investitionen in Höhe von 360 Millionen US$. Geplant sind verschiedene Projekte von Hotel und Gastronomie bis zu Einkaufszentren und Freizeitparks.

    Viele Projekte konzentrieren sich auf den Nordosten. In Cabo Branco bei João Pessoa im Bundesstaat Paraíba entstehen gleich vier Großprojekte im Gesamtwert von 240 Millionen US$. Die zwei neuen Ressorts und zwei Wasserparks sollen bis 2026 fertiggestellt werden.

    Ausgewählte Großprojekte im brasilianischen Wohnungs- und WirtschaftsbauIn Millionen US-Dollar *)

    Vorhaben (Bundesstaat)

    Investitionssumme 

    Projektstand

    Projektträger
    Bau einer Zellstofffabrik in Inocência (Mato Grosso do Sul)

    3.000

    Inbetriebnahme für 2028 geplant, eine 2. Produktionsanlage mit gleicher Kapazität wird bereits geplantArauco
    Bau einer Tourismusanlage und nachhaltigen Luxusresidenz "Maraey" mit drei Hotels in Maricá (Rio de Janeiro)

    2.200

    Baubeginn April 2023, Fertigstellung 2033IDB Brasil (Cetya und Abacus Gruppe)
    PPP zum Bau eines neuen Krankenhauskomplexes in Campo Grande (Mato Grosso do Sul)

    1.048 (davon 200 privat)

    Ankündigung im November 2023, Projektstudie wird bis Ende 2024 abgeschlossenFinanzierung über die Interamerikanische Entwicklungsbank (IDB)
    Neue Brauerei in Passos (Minas Gerais)

    400

    Baubeginn im Mai 2023Heineken
    Ausbau von 7 Shoppingzentren in Brasília (Distrito Federal), Curitiba (Paraná), Belo Horizonte (Minas Gerais), Maceió (Alagoas) sowie Jundiaí, São Caetano do Sul und São Paulo (São Paulo)

    300

    Ankündigung im November 2023, Fertigstellung bis 2027Multiplan
    Premium-Tourismuskomplex in Gramado (Rio Grande do Sul)

    200

    Ankündigung im Juli 2023DC Set Group und Club Med (Frankreich)
    PPP zur Modernisierung und Verwaltung des Krankenhauses Souza Aguiar in Rio de Janeiro

    170

    (davon 100 innerhalb der ersten drei Jahre)

    Versteigerung des 30-jährigen Vertrags im April 2023Konsortium Smart Hospital (Best Energy & Engineering und Sian Engenharia)
    Neue Fabrik für Pflanzenschutzmittel in Piracicaba (São Paulo)

    140

    Ankündigung im März 2024Koppert do Brasil (Niederlande)
    Neue Tissuefabrik in Aracruz (Espírito Santo)

    130

    Inbetriebnahme im 1. Halbjahr 2026Suzano
    * Umrechnung zum Jahresdurchschnittskurs 2023: 1 US$ = 5,00 R$.Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

    Weitere Informationen zu Projekten finden Sie in der GTAI-Datenbank "Entwicklungsprojekte".

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Tiefbau: Marktlage und -entwicklung

    Brasiliens Infrastrukturausbau erfolgt überwiegend durch private Investoren. Unter Lula steigen auch die staatlichen Infrastrukturausgaben wieder an.

    2024 ist Wahljahr in Brasilien. Die 5.570 Städte und Gemeinden wählen neue Vertretungen. Traditionell nutzen die amtierenden Bürgermeister das erste Halbjahr, um Projekte fertigzustellen und öffentlichkeitswirksam einzuweihen. Das dürfte die Bauinvestitionen im 1. Halbjahr 2024 zusätzlich beleben. Die wirklich großen Projekte vergibt Brasilien über das Programa de Parceira de Investimentos (PPI).

    Private Investitionen in den Infrastrukturausbau

    Wie seine Vorgänger Michel Temer und Jair Bolsonaro setzt auch Präsident Lula da Silva auf das Programm privater Investitionspartnerschaften (PPI). Allerdings distanzierte sich die neue Regierung von Privatisierungen staatlicher Unternehmen. Über das PPI-Programm entwickelt die föderale Regierung Projekte für den Infrastrukturausbau und versteigert diese an große Betreibergesellschaften und Konsortien.

    Derzeit durchläuft das Segment eine Schwächephase. Im Jahr 2023 wurden lediglich 18 Versteigerungen durchgeführt. Das Interesse der Investoren hielt sich in Grenzen. Nicht zuletzt drückten der hohe Leitzins und die Unsicherheit über die neue Ausrichtung in der Politik auf die Stimmung. Bei sieben Versteigerungen gab es nur ein Gebot, für zwei Projekte interessierte sich kein Unternehmen. Insgesamt werden die Konzessionen Investitionen im Umfang von 14,2 Milliarden US-Dollar (US$) anstoßen. Zu den bedeutendsten zählen die Autobahnkonzessionen im Bundesstaat Paraná und die Vergabe neuer Stromleitungen.

    Infolge der anhaltend hohen Zinsen sinken die Bruttoanlageinvestitionen seit dem 4. Quartal 2022. Die Investitionsquote fiel im vergangenen Jahr auf einen Tiefstand von 16,5 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt. Mit der Senkung des Leitzinses dürften sich die Investitionen erholen. Für 2024 erwartet die Regierung folglich ein stärkeres Engagement. Mitte 2023 gab Lula das Programm für Wirtschaftswachstum PAC bekannt, welches 92 PPI-Projekte übernahm.

    Im Jahr 2024 sollen insgesamt 56 Projekte mit einem Investitionsvolumen von knapp 35 Milliarden US$ vergeben werden. Unter den 13 Autobahnkonzessionen gilt die Vergabe der Strecke BR 040 im Bundesstaat Goiás als eines der wichtigsten Projekte. Neue Flughafenkonzessionen sind nicht vorgesehen. Dafür sollen Konzessionen für 15 Hafenterminals und 16 Stromtrassen versteigert werden. 

    Um die Nachfragerisiken für die Konzessionäre in den Verträgen besser berücksichtigen zu können, geht der Trend zu kleineren Projekten. Seit dem Start des Programms PPI im Jahr 2016 verbessern sich die Rahmenbedingungen kontinuierlich. Dadurch gewinnen die Infrastrukturkonzessionen an Attraktivität. Neue Richtlinien lassen Schiedsverfahren für alle Segmente der Transportinfrastruktur sowie die freiwillige Rückgabe und Neuvergabe von Konzessionen zu.

    Finanzierung durch Infrastrukturanleihen und BNDES

    Große Infrastrukturprojekte werden größtenteils über steuerbegünstigte Anleihen finanziert. Allein im vergangenen Jahr wurden Infrastrukturanleihen im Wert von fast 40 Milliarden US$ herausgegeben, dreimal so viel wie vor zehn Jahren. Brasiliens Finanzmarkt begrüßte die neuen Vorgaben, die im Januar 2024 verabschiedet wurden. 

    Unter Präsident Lula gewinnt die Entwicklungsbank BNDES (Banco Nacional de Desenvolvimento Econômico e Social) wieder an Bedeutung als Kapitalgeber. Im Jahr 2023 legte die Kreditvergabe für den Sektor um 143 Prozent zu. BNDES trägt wesentlich zum Infrastrukturausbau bei. Als eine Art Projektfabrik strukturiert die Bank attraktive Projekte für das Portfolio des PPI-Porgramms. In drei Abteilungen arbeiten über 200 technische Fachkräfte neue Projekte aus. Über ein Onlineportal können sich potenzielle Investoren direkt über die Projektausarbeitung informieren und Partner für Konsortien finden.

    Neben der Bundesregierung gehen auch die Bundesstaaten und Städte immer mehr Partnerschaften mit privaten Infrastrukturbetreibern ein und nutzen dafür die Projektplattform der BNDES.

    São Paulo erwartet starken Infrastrukturausbau

    Die Wahl von Tarcísio de Freitas zum neuen Gouverneur São Paulos begünstigt private Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur des Bundesstaates. Der ehemalige Infrastrukturminister brachte nicht nur eigenes Know-how mit, sondern auch die technischen Fachkräfte aus der Regierung von Präsident Bolsonaro. Im Februar 2024 feierte der Gouverneur die Vergabe der Intercity-Zugstrecke zwischen Campinas und São Paulo im Wert von 2,7 Milliarden US$. Darüber hinaus will die Regierung 2024 den größten Wasserkonzern Lateinamerikas Sabesp privatisieren und die Konzession für den Unterwassertunnel zwischen Santos und Guarujá versteigern. Ende 2023 wies die Pipeline des Bundesstaates 21 Projekte mit einem Investitionsumfang von 40 Milliarden US$ auf.

    Auch andere Bundesstaaten wie Minas Gerais, Paraná, Rio Grande do Sul und Mato Grosso do Sul profilieren sich durch eine transparente Vergabe und gut strukturierte Projekte.

    Hoher Nachholbedarf bei der Transportinfrastruktur

    Die mit Abstand größten Investitionslücken beobachtet der brasilianische Infrastrukturverband ABDIB im Transportsektor. Laut dem Verband zogen die Infrastrukturinvestitionen 2023 stark an und entwickeln sich auch 2024 positiv. Dennoch bleiben die Engpässe laut der Investitionsprognose von 2024 bis 2028 enorm. Brasilien müsste dieser zufolge mehr als doppelt so viel in die Infrastruktur investieren. 

    Mit der zunehmenden Privatisierung steigen auch die Investitionen in der Wasserwirtschaft. Laut einer Umfrage von ABDIB ist die Wasserwirtschaft 2024 der attraktivste Sektor für Investoren, zweitplatziert war der Stromsektor gefolgt von Autobahnen. 

    Brasiliens Telekommunikationssektor ist seit Jahrzehnten fast vollständig in privater Hand. Auch im Stromsektor ist die Privatisierung in allen drei Teilbereichen Erzeugung, Übertragung und Verteilung weit fortgeschritten. In beiden Infrastrukturbereichen führen private Investoren umfangreiche Investitionen durch. Dennoch sieht ABDIB im Telekommunikationssektor ein Defizit. 

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Tiefbau: Marktchancen für deutsche Unternehmen

    Die Digitalisierung und der zunehmende Wechsel zu privaten Betreiberkonzernen verändern den Tiefbau und eröffnen Chancen.

    Paradigmenwechsel für langfristige Effizienz

    Das Konzessionierungsprogramm PPI revolutioniert den Tiefbau in Brasilien. An die Stelle staatlicher Bauaufträge treten professionelle Betreiberunternehmen, die ihre Effizienz langfristig maximieren. Schließlich unterliegt das Kapital der Konzessionäre strengen Kontrollen. Investitionen müssen sich lohnen. Qualitätsaspekte gewinnen dadurch immens an Bedeutung. "Dieser Paradigmenwechsel eröffnet Perspektiven für deutsche Produkte und Dienstleistungen", bemerkt Detlef Dralle, Geschäftsführer von HTB. Schließlich zeichnen sich deutsche Hersteller in der Regel durch hochwertige, innovative und daher auch teurere Technologien aus, die sich erst bei langfristiger Effizienz rechnen.

    Der Baukonzern HTB (bis 2016 noch Hochtief do Brasil), der seit mehr als einem halben Jahrhundert Planungs- und Bauleistungen in Brasilien erbringt und heute zur deutschen Gruppe Zech gehört, profitierte von diesem Wandel. HTB führte für Fraport den Umbau des Flughafens in Porto Alegre durch. Im Hochbau rechnet HTB mit Aufträgen aus dem Gesundheitssektor und aus der Industrie. Im Tiefbau bestehen Aussichten auf neue Projekte in der Wasser- und Abfallwirtschaft, beim Ausbau der Hafen- und Energieinfrastruktur sowie beim Bau von Rechenzentren. Im Flughafenbau sind ab 2025 keine neuen Aufträge zu erwarten, da keine neuen Konzessionen anstehen. Im Straßen- und Schienenbau ist HTB bislang nicht aktiv. 

    Chancen durch Digitalisierung

    Die brasilianische Bauwirtschaft hinkt bei der Nutzung digitaler Technologien noch weit hinterher. Allerdings nutzt laut Umfragen der Bauwirtschaftskammer CBIC die Mehrheit der Bauträger, Bauunternehmen und Planungsbüros bereits Building Information Modeling (BIM). Mit der neuen Strategie BIM-BR will die Regierung den breiten Einsatz fördern. Mit der zunehmenden Nutzung von BIM und neuen Technologien dürften die Akteure Geschäfts- und Projektabläufe anpassen, wodurch sich neue Geschäftschancen ergeben.

    Entwicklungsschub für Schienenverkehr und Wasserwirtschaft

    Keiner der in Brasilien ansässigen Baukonzerne verfügt über umfassende praktische Erfahrungen im Schienenbau. Beratungsdienstleistungen sowie moderne Technologien aus Deutschland könnten dabei helfen, den Güterverkehr im Land zukünftig effizienter zu gestalten. Trotz Verbesserungen und einem steigenden Transportvolumen ist der Schienentransport nach wie vor nur unzureichend ausgebaut. Problemfelder sind beispielsweise die schlecht ausgebaute Signalsteuerung sowie unzureichende Sicherheitsvorkehrungen.

    Die Deutsche Bahn will die Chancen wahrnehmen. Anfang 2023 unterzeichnete DB Engineering & Consulting eine Absichtserklärung mit GPM (Grão-Pará-Maranhão) und dem brasilianischen Consultingunternehmen Sysfer. DB E.C.O. erwägt, sich an dem Bau der Schienenstrecke im Bundesstaat Maranhão zu beteiligen. 

    Gute Chancen bietet auch die Wasserwirtschaft. Die Möglichkeit, größere Pakete an Konzessionsprojekten in den Bereichen Wasser/Abwasser/Abfall zu schnüren, werden die Investitionen in den kommenden Jahren ankurbeln. Entsprechend vielversprechend sind die Aussichten für Umwelttechnik.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Tiefbau: Projekte

    Die Investitionen in Kommunikationsnetze und Strominfrastruktur bleiben hoch. Autobahnen, Schienenstrecken sowie Abfall- und Wasserwirtschaft bieten gute Perspektiven.

    Transport

    Straßen

    Brasiliens Transportministerium plant für 2024 insgesamt 13 Autobahnabschnitte in den Bundesstaaten Minas Gerais, Goiás, Mato Grosso, Rondônia und Paraná zu konzessionieren. Insgesamt stoßen die Projekte Investitionen von 24,4 Milliarden US-Dollar (US$) an. Dazu kommen Großprojekte des Bundesstaates São Paulo wie die Vergabe des Baus von 214 Kilometer Küstenautobahnen mit einem Investitionsvolumen von 860 Millionen US$ sowie der Unterwassertunnel zwischen Santos und Guarujá mit einem Volumen von 1,2 Milliarden US$.

    Neben den traditionellen Betreibern wie CCR, EcoRodovias, Arteris und AB Concessões (gehört heute zu Starboard) interessieren sich auch lokale Konsortien für die Verträge. Die Gesamtstrecke der konzessionierten Autobahnen könnte bis 2026 von derzeit 13.000 auf 33.000 Kilometer anwachsen.  

    Zu den Investitionen der privaten Betreiber kommen die staatlichen Instandhaltungskosten für das viertgrößte Straßennetz der Welt. Mit dem Klimawandel wachsen die Herausforderungen für die zuständige Behörde DNIT, die im Jahr 2023 fast 3 Milliarden US$ investierte. 

    Schienen

    Für einen effizienteren Abtransport von Rohstoffen will Brasilien bis 2035 den Transportanteil der Schiene von derzeit 20 Prozent verdoppeln. Nach den vorzeitigen Konzessionsverlängerungen der traditionellen Betreiber sollen neue Projekte das Segment beleben, darunter auch neue Bahnstrecken, die private Investoren beantragen und genehmigen lassen. Die Regierung Lula erarbeitet derzeit neue Rahmenbedingungen, die das Förderprogramm "Pró Trilhos" ersetzen sollen. Das Investitionsprogramm PAC sieht 35 Projekte mit einem Investitionsvolumen von knapp 19 Milliarden US$ vor. Bis Mitte 2024 soll das Transportministerium die Pipeline neuer Projekte veröffentlichen.

    Neben dem Fracht- rückt auch der Personentransport in den Fokus. Die Regierung plant sechs Strecken:

    • zwischen Pelotas und Rio Grande (Rio Grande do Sul),
    • Londrina und Maringá (Paraná),
    • Brasília und Luziânia (Goiás),
    • Salvador und Feira de Santana (Bahia),
    • Fortaleza und Sobral (Ceará) sowie
    • zwischen São Luís und Itapecuru (Maranhão)

    Wasserwege/Seehäfen

    Der Außenhandel und der wachsende Seeverkehr stimulieren die Investitionen in Hafenterminals. Mit dem Programm "BR do Mar" fördert Brasilien die Küstenschifffahrt. Im Jahr 2024 werden voraussichtlich 15 Terminals verpachtet, darunter in den Häfen Paranaguá, Rio Grande, Recife und Fortaleza. Außerdem wird eine Konzession für die Fahrrinne am Hafen Paranaguá vergeben.

    Insgesamt stoßen die Projekte Investitionen von 1,7 Milliarden US$ an. Darüber hinaus genehmigt die Regulierungsbehörde Antaq den Bau privater Terminals, sogenannter TUP. Im März 2024 kündigten der Schienenbetreiber Rumo und der Hafenbetreiber DP World Investitionen von 500 Millionen US$ in ein TUP für Soja und Düngemittel im Hafen Santos an.

    Flughäfen

    Zwischen 2019 und 2022 wurden die Konzessionen für insgesamt 49 Flughäfen versteigert. Damit wickeln die privaten Betreiber nun 99 Prozent der Luftfracht ab und bedienen 92 Prozent der Flugpassagiere in Brasilien. An den insgesamt 59 Flughäfen investieren die Konzessionäre etwa 4 Milliarden US$. Zu den zwölf in Brasilien aktiven Flughafenbetreibern gehören CCR, Socicam, Invepar und XP sowie die internationalen Unternehmen Aena Desarrollo (Spanien), Vinci Airports (Frankreich), Inframerica (Argentinien), Fraport (Deutschland) und Zurich (Schweiz).  

    Wasser/Abwasser/Abfall

    Der neue Rechtsrahmen von 2020 fördert Konzessionen in der Wasser- und im Abfallwirtschaft. Die neuen Bestimmungen erlauben es, größere regionale Konzessionsblöcke zu schnüren. Dies erhöht die Attraktivität der Projekte für private Betreiber. Die 28 Verträge der ersten drei Jahre sichern der Wasserwirtschaft Investitionen von 13,4 Milliarden US$. Für 2024 erwartet der Verband der privaten Wasserkonzessionäre Abcon acht große Konzessionierungen in Paraná, Pernambuco, Sergipe, Porto Alegre/Rio Grande do Sul, Paraíba und Rondônia plus weitere 36 Verträge einzelner Städte und Gemeinden mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 5,4 Milliarden US$. 

    Energie (Erzeugung, Übertragung, Verteilung)

    Investitionen in die Stromerzeugung fließen zunehmend in die Solarenergie. Kein anderer Energieträger wächst so stark. Mit derzeit 36 Gigawatt ist Solarenergie der zweitwichtigste Energieträger nach der Wasserkraft. Für 2024 erwartet der Branchenverband Absolar einen Zubau von 9,4 Gigawatt. Rund zwei Drittel davon entfallen auf dezentrale Anlagen. Windkraft ist mit einer installierten Leistung von 30 Gigawatt der drittwichtigste Energieträger Brasiliens. Bis 2030 sollen weitere 25 Gigawatt ans Netz gehen. Nach der Privatisierung im Jahr 2022 dürfte der Großkonzern Eletrobras seine Investitionen bis 2035 verdoppeln. 

    Auch in die Modernisierung von Wasserkraftwerken, Bioenergie, Gaskraftwerke und den Ausbau von Hochspannungsleitungen fließen Gelder. Erforderliche Investitionen in das Verbundnetz sichert die Regulierungsbehörde Aneel über die Konzessionierung von Netzabschnitten. Zudem erneuern die Versorgungskonzerne die Verteilungsnetze.

    Kommunikationsnetze

    Brasilien ist ein beliebter Standort für Rechenzentren. Im Jahr 2023 kamen 15 neue Zentren hinzu. Damit beläuft sich die Gesamtzahl aktuell auf 130, davon liegen 46 in der Stadt São Paulo, 19 in Rio de Janeiro und 15 in Campinas. Neben den US-Giganten IBM, Amazon Web Services (AWS) und Microsoft investieren die Investmentgesellschaft Piemonte Holding sowie große Rechenzentrenbetreiber wie Ascenty, Equinix und Scala Data Center. Ascenty betreibt bereits 20 Rechenzentren in Brasilien und errichtet derzeit weitere sechs Zentren.

    Die Versteigerung der 5G-Frequenzen im November 2021 sorgt für hohe Investitionen in die IKT-Netze. Allerdings schwächelte der Ausbau im Jahr 2023. In diesem Jahr sollen sich die Investitionen auf voraussichtlich knapp 6 Milliarden US$ belaufen.

    Ausgewählte Großprojekte in BrasilienIn Milliarden US-Dollar *)

    Vorhaben

    Investitionssumme 

    Projektstand

    Projektträger 
    2 Autobahnkonzessionsblöcke im südlichen Bundesstaat Paraná; Gesamtlänge: 1.078 Kilometer6,1

    Beide Konzessionsblöcke wurden im 2. Halbjahr 2023 versteigert (zwei weitere Blöcke für 1.200 km Strecke werden bis Ende 2024 versteigert)

    1) Infraestrutura Brasil Holding XXI S.A.

    2) Konsortium Infraestrutura PR (EPR 2 Participações S.A. und Perfin Voyager)

    Agência Nacional de Transportes Terrestres (ANTT)

    Bau der Eisenbahnstrecke EF-170 Ferrogrão zwischen Sinop (Mato Grosso) und Miritituba (Pará); Länge: 933 Kilometer

    5,0

     

    Planungsstadium; Versteigerung der Konzession mit einer Laufzeit von 69 Jahren wird debattiert


    PPI

    Konzessionierung der Wasserwirtschaft in 185 Gemeinden mit einer Bevölkerung von 9,7 Millionen Einwohnern im Bundesstaat Pernambuco

    4,8

    Konzessionen werden im 4. Quartal 2024 versteigertBNDES
    Sanierung des Tietê-Flusses in São Paulo

    4,7

    Abwassersammlung und -wiederaufbereitung sowie Bepflanzungen und Parkanlagen im Zeitraum von 2023 bis 2028Sabesp/Regierung des Bundesstaates São Paulo
    3 Konzessionen zum Ausbau des Stromverbundnetzes (4.471 Kilometer)

    4,3

    30-jährige Konzessionen versteigert im Dezember 2023State Grid Brazil Holding S.A., Konsortium Olympus XVI und Celeo Redes S.A.
    Bau einer Eisenbahnstrecke und eines Privathafens im Bundesstaat Maranhão4,0

    Planungsstadium; Inbetriebnahme 2028

    Grão-Pará Multimodal und Deutsche Bahn

    15 Konzessionen zum Ausbau des Stromverbundnetzes (6.464 Kilometer)3,6

    30-jährige Konzessionen versteigert im März 2024

    Eletronorte (Eletrobras), Fundo Warehouse (BTG Pactual), EDP, Energisa, Konsortium Olympus XVI, Brasiluz, Cox Brasil, Konsortium Paraná IV, 

     

    Zugstrecke Trem Intercidades zwischen Campinas und São Paulo mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 95 Kilometer/Stunde

    2,7

    30-jährige Konzession wurde im Februar 2024 vergeben, Inbetriebnahme ab 2031Konsortium der brasilianischen Gruppe Comporte und dem chinesische Konzern CRRC
    Ausbau und Betrieb der 232 km langen Autobahnstrecke BR-040/MG zwischen Belo Horizonte und Juiz de Fora im Staat Minas Gerais

    1,7

    30-jährige Konzession wurde im April 2024 versteigertKonsortium Infraestrutura MG (Corretora Necton Investimentos)

    Unterwassertunnel zwischen Santos und Guarujá im Staat São Paulo (15,3 Kilometer) 

    1,2

    30-jährige Konzession wird im 2. Halbjahr 2024 versteigertRegierung des Bundesstaats São Paulo 
    * Umrechnung zum Jahresdurchschnittskurs 2023: 1 US$ = 5,00 R$.Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

    Weitere Informationen zu Projekten finden Sie in der GTAI-Datenbank "Entwicklungsprojekte".

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Wettbewerbssituation und Geschäftspraxis

    Deutsche Unternehmen müssen langfristig am Markt präsent sein und einen Mehrwert bieten, um sich im Preiswettbewerb durchzusetzen.

    Brasiliens Bausektor hat sich im vergangenen Jahrzehnt stark verändert: Der Tiefbau ist heute deutlich fragmentierter. Die Großen sind kleiner geworden und mittelständische Unternehmen sowie internationale Konzerne sind nachgerückt. Außerdem achten die privaten Konzessionäre bei der Auswahl von Generalunternehmen (EPC-Contractor) stark auf die Zuverlässigkeit und den Ruf der Baukonzerne.

    Ausgewählte Strukturdaten zur Bauwirtschaft in BrasilienVeränderung in Prozent

    Kennziffer

    2020 1)

    2021 2)

    Veränderung 2021/20 3)

    Wert der Bauinvestitionen insgesamt (in Milliarden US$), davon

    63,5

    70,1

    15,6

      Hochbau

    28,7

    31,3

    13,9

      Tief-/Infrastrukturbau

    21,1

    22,7

    12,9

      Spezialisierte Bauleistungen

    13,7

    16,1

    23,5

    Anteil der Bauinvestitionen im öffentlichen Auftrag (in %)

    29,8

    25,6

     

    Anzahl der Unternehmen, davon

    131.955

    147.389

    11,7

      Hochbau

    53.023

    58.565

    10,5

      Tief-/Infrastrukturbau

    14.054

    15.562

    10,7

      Spezialisierte Bauleistungen

    64.878

    73.262

    12,9

    1 Umrechnung zum Jahresdurchschnittskurs 2020: 1 US$ = 5,15 R$; 2 Umrechnung zum Jahresdurchschnittskurs 2021: 1 US$ = 5,39 R$; 3 nominal bezogen auf die Werte in Landeswährung R$.Quelle: Statistikamt IBGE 2024

    Ein Jahrzehnt drastischer Umstrukturierungen

    Durch den Korruptionsskandal, der unter dem Namen "Lava Jato" bekannt wurde, erlebte der brasilianische Bausektor ab 2014 eine tiefgreifende Umstrukturierung. Statt in staatlichem Auftrag erfolgen die Investitionen in den Tiefbau heute größtenteils durch private Betreiberunternehmen als Konzessionsnehmer öffentlich-privater Projekte (PPP).

    Mit dieser Trendwende änderten sich die Wettbewerbsbedingungen, denn die privaten Betreiber achten deutlich mehr auf Effizienz und Qualität. Dies spielte neuen Playern in die Hände, während die großen Baukonzerne diese Aspekte jahrzehntelang vernachlässigt hatten. Hinzu kam der durch den Korruptionsskandal geschädigte Ruf vieler etablierter Konzerne, die in der Folge ihren Namen änderten. Odebrecht wurde zu OEC der Gruppe Novonor, OAS zu Coesa und Metha, Camargo Corrêa zu Grupo Mover, Queiroz Galvão zu Álya Construtora und Engevix Engenharia zu Nova Participações.

    Von den Schwierigkeiten der einst gigantischen Player profitierten die mittelgroßen Bauunternehmen, die in der Lage waren, die erforderlichen Garantien zu bieten und Großaufträge als EPC-Contractor anzunehmen. Dazu zählen die HTB Gruppe der deutschen Zech-Gruppe, zu der auch das Bauunternehmen Tedesco (Porto Alegre) gehört, sowie U&M Mineração e Construção, Barbosa Melo, Racional und Construcap. 

    Aber auch einige ausländische Bauunternehmen nutzten die Gelegenheit, um sich auf dem brasilianischen Markt zu profilieren, darunter der spanische Baukonzern Acciona und ECB der portugiesischen Gruppe Mota-Engil. Der kanadische Vermögensverwalter Brookfield engagiert sich in Brasiliens Wasserwirtschaft über das Unternehmen BRK Ambiental. 

    Top 10 der Baukonzerne in Brasilien 2022Umsatz in Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent
    Unternehmen

    Bruttoumsatz 2022 1)

    Veränderung 2022/21 2)

    OEC

    936

    63

    Andrade Gutierrez Engenharia

    520

    39

    Acciona

    497

    97

    Construcap

    295

    9

    A. Yoshii Engenharia e Construções

    293

    51

    U&M Mineração e Construção

    251

    11

    LCM Construção

    246

    36

    Construtora Barbosa Mello

    241

    15

    Fagundes Construção e Mineração

    229

    17

    Construtora Ribeiro Caram

    226

    36

    1 Baugewerbe (ohne Dienstleistungen oder Konzessionen) umgerechnet zum Jahresdurchschnittskurs 2022: 1 US$ = 5,16 R$; 2 bezogen auf den Umsatz in R$.Quelle: Zeitschrift “O Empreiteiro”, Ausgabe Nr. 592 August/September 2023

    Top 10 der Wohnungsbaugesellschaften in Brasilien 2022Umsatz in Millionen US-Dollar

    Unternehmen

    Bruttoumsatz 2022 1)

    MRV

    1.285

    Cyrela

    1.054

    Construtora Tenda 

    489

    Even

    449

    Cury

    437

    Direcional Engenharia

    419

    Plano&Plano

    297

    Tegra Incorporadora

    290

    Gafisa

    225

    Diálogo Engenharia

    215

    1 Umrechnung zum Jahresdurchschnittskurs 2022: 1 US$ = 5,16 R$.Quelle: Zeitschrift “O Empreiteiro”, Ausgabe Nr. 592 August/September 2023

    China engagiert sich zunehmend

    Chinesische Konzerne sicherten sich besonders viele Chancen, allen voran im Strom-, Öl- und Gassektor. Die Staatskonzerne CTG, SPIC und State Grid etablierten sich als wichtige Akteure in der brasilianischen Stromversorgung. Große Pläne verfolgen auch China Energy Engineering Corporation (CEEC) und die CEEC-Tochter China Gezhouba Group Corporation (CGGC).

    Transportsektor rückt in den Fokus

    Zukünftig dürfte China sein Engagement in der Verkehrsinfrastruktur ausbauen. Im Jahr 2017 übernahm die China Communications Construction Company (CCCC) den von der Lava-Jato-Affäre betroffenen Baukonzern Concremat. Im März 2024 begannen die Vermessungen für den vierjährigen Bau der längsten Brücke Lateinamerikas zwischen Salvador und der Insel Itaparica (Bahia). CCCC gewann die 35-jährige Konzession 2020 zusammen mit dem chinesischen Konzern CR20. Außerdem unterzeichnete der chinesische Baugigant 2023 ein 2 Milliarden US$ teures Eisenbahnprojekt im Staat Pará.

    Neben CCCC und CR20 engagieren sich weitere chinesische Infrastrukturkonzerne im Land. Im Juli 2023 startete das Konsortium des brasilianischen Tiefbauunternehmens Tiisa mit CREC-10, der Tochter der China Railway Group, den Bau der Schienenstrecke FIOL zwischen Caetité und Ilhéus. Auftraggeber ist der Bergbaukonzern BAMIN, der zum kasachischen Unternehmen Eurasian Natural Resources gehört.

    Im März 2024 sicherte sich ein Konsortium des weltweit größten Schienenfahrzeugherstellers China Railway Rolling Stock Corporation (kurz CRRC) die Konzession für den Schnellzug Trem Intercidades (TIC) zwischen São Paulo und Campinas.

    Branche öffnet sich für Innovationen

    Brasilianische Start-ups haben die Baubranche für sich entdeckt. In den letzten sechs Jahren hat sich die Anzahl der sogenannten PropTechs und ConstruTechs verdreifacht. Im Jahr 2023 verzeichnete Terracotta Ventures 1.068 Start-ups des Immobilien- und Baugewerbes, 12 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Wagniskapitalgeber fördert das Ökosystem über die Plattform MITHUB. Eine digitale Disruption erwartet die eher konservative Branche jedoch nicht.

    Starker Preiswettbewerb bei Einfuhren

    Zölle und der schwache Real verteuern die Importe deutscher Produkte, die sich im Preiswettbewerb insbesondere gegenüber Importen aus China behaupten müssen. Herstellergarantien, Vorteile beim Kundenservice oder bei der Finanzierung helfen, den Absatz zu steigern. Das Geschäftsmodell sollte auf den Bedarf und die Geschäftspraxis der jeweiligen Abnehmer abgestimmt werden.

    Besondere Herausforderungen in Brasilien

    Aufgrund der Größe des Landes unterscheiden sich die natürlichen Gegebenheiten, die lokalen Gewohnheiten und auch die Bauweisen in Brasilien sehr stark. Bürokratische Verzögerungen bei Umweltlizenzen, ein ineffizienter Einsatz von Arbeitskräften und Material, Transport und Lagerung von Materialien, Umweltschäden und hohe Energiekosten stellen die Baukonzerne vor Herausforderungen.

    Tipps für ein erfolgreiches Engagement im brasilianischen Bausektor

    1. Sichern Sie Risiken richtig ab. Um Kunden zu gewinnen, machen Unternehmen zuweilen riskante Zusagen, wie Verträge ohne Begrenzung der Schadenersatzansprüche. Das Bauunternehmen HTB limitiert die Vertragsstrafen auf maximal 10 Prozent. Dafür bilanziert der Konzern den Gegenwert und kann somit die Zahlung im Schadensfall garantieren. Durch das transparente Verfahren gewinnt der deutsche Baukonzern an Glaubwürdigkeit.
    2. Langer Atem als Grundvoraussetzung. Ein Markteintritt verläuft in der Regel langsamer als erwartet. Brasilianer sind beim Bauen extrem konservativ und wägen Kosten und Nutzen nüchtern ab. Langfristig werden sich neue Technologien und Trends aber durchsetzen. 
    3. Geschäftsbeziehungen entstehen auf einer persönlichen Vertrauensbasis. Um erfolgreich zu sein, muss ein deutsches Unternehmen den brasilianischen Markt langfristig begleiten und präsent sein. Eine Zusammenarbeit mit brasilianischen Partnerunternehmen bietet sich auch wegen der immer noch hohen Bürokratie und des komplizierten Steuersystems an.

    Private und öffentliche Auftragsvergabe 

    Bei der gezielten Kontaktsuche unterstützen die Auslandshandelskammern deutsche Unternehmen. Im Tiefbau empfiehlt sich eine frühzeitige Kontaktaufnahme zu potenziellen Konzessionsnehmern möglichst noch vor einer Versteigerung der Verträge. Nur so kann der interessierte Betreiber Effizienzgewinne durch moderne Technologien in sein Gebot einkalkulieren. 

    Mit dem Investitionsprogramm PAC erhalten staatliche Bauaufträge wieder mehr Gewicht. Öffentliche Projekte werden über das zentrale Portal de Compras ausgeschrieben. Die Teilnahme ausländischer Unternehmen wurde bereits im Jahr 2020 entbürokratisiert.

    Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Zulieferprodukte: Marktlage

    Schwache Konjunktur und gestiegene Transport- und Energiekosten belasten die Hersteller von Baumaterialien.

    Verhaltene Zuversicht für Baumaterialien 

    Im 1. Quartal 2024 registrierte der Verband der Baumaterialhersteller Abramat im Vergleich zum Vorjahresquartal eine Umsatzsteigerung von 2,8 Prozent. Besonders stark war das Wachstum bei Verkleidungen. Baustoffe zogen nur um 0,8 Prozent an. Für das Gesamtjahr 2024 prognostiziert der Branchenverband einen Zuwachs von 2 Prozent.

    Durch die überraschend hohe Nachfrage in der Coronakrise und hohe Preissteigerungen durchlief der Branchenumsatz in den Vorjahren eine Achterbahnfahrt. Nach dem Anstieg von 8 Prozent im Jahr 2021 ging der Umsatz 2022 um 7 Prozent und 2023 um 2 Prozent zurück.

    Im Gegensatz zu den anderen Sektoren verzeichneten Immobilienfarben im vergangenen Jahr ein kräftiges Wachstum. Auch die Gebäudesicherheitstechnik wächst konstant. Dagegen erholen sich viele andere Segmente noch von dem Einbruch der Bauwirtschaft ab 2014 und lasten die Produktionskapazitäten noch nicht optimal aus.

    Als Wachstumsfaktoren nennt Abramat die Belebung im Sozialwohnungsbau sowie die positiven Auswirkungen des Investitionsprogramms PAC auf den Tiefbau. Laut einer Erhebung von Abramat lasteten die Baumaterialhersteller ihre Produktionskapazitäten Anfang 2024 insgesamt zu 76 Prozent aus. Fast zwei Drittel planten Investitionen für 2024. Der Sektor blickt positiv in die Zukunft und erwartet verbesserte Produktionsbedingungen durch die anstehende Steuerreform und die neue Industriepolitik Nova Indústria Brasil (NIB)

    Top 10 der Baumaterialhersteller in Brasilien 2022Umsatz in Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent
    Unternehmen

    Bruttoumsatz 2022 1)

    Veränderung 2022/21 2)

    Produkte
    Votorantim Cimentos

    4.999

    15,7

    Zement und -derivate, Mörtel, Fugenmasse etc.
    Dexco

    1.645

    3,9

    Holz- und Keramikverkleidungen, Holzplatten, Sanitärprodukte
    InterCement Brasil

    723

    18,3

    Zement und -derivate
    Arauco (Chile)

    602

    -3,3

    Holzplatten und -verkleidungen
    Berneck

    590

    1,6

    Holzplatten und -verkleidungen
    Eucatex

    487

    2,5

    Holzplatten, -verkleidungen, -türen
    Portobello

    426

    14,9

    Porzellan- und Keramikfliesen
    Cimento Nacional (NCPAR)

    423

    34,5

    Zement und -derivate
    Kingspan-Isoeste (Irland)

    345

    14,0

    Dämmplatten zur Isolierung von Dächern und Wänden
    1 umgerechnet zum Jahresdurchschnittskurs 2022: 1 US$ = 5,16 R$; 2 bezogen auf den Umsatz in R$.Quelle: Valor 1000 2024

    Hersteller stellen auf emissionsarme Verfahren um

    Hohe Preise für die in US-Dollar notierten fossilen Brennstoffe erhöhten die Kosten für Zement, Basisglas und Keramik und setzen Investitionsanreize für effizientere Produktionsverfahren und alternative Brennstoffe. Neben Holzschnitzeln aus schnell wachsenden Eukalyptusbäumen stehen regional unterschiedliche Agrarreststoffe zur Verfügung. Zusätzlich zu Bioenergieträgern setzen erste Anlagen auch auf die Verbrennung von Hausmüll. Dies kann die Umsetzung der Klimaschutzziele in Brasiliens Zementindustrie beschleunigen, die bereits heute relativ emissionsarm produziert.

    Die börsennotierten Großkonzerne investieren und setzen sich ehrgeizige Ziele wie beispielsweise Brasiliens Marktführer für Zement, Votorantim Cimentos. Nouryon (vormals Akzonobel) nutzt in Brasilien ausschließlich grünen Strom. Bereits seit 2021 produziert der niederländische Konzern in fünf der neun Fabriken klimaneutral. Dazu gehören zwei Anlagen in Três Lagoas (Mato Grosso do Sul) und jeweils eine Fabrik in Imperatriz (Maranhão), Eunápolis (Bahia) und Jacareí (São Paulo).

    Der Basisglashersteller Cebrace wird in seinem Werk in Jacareí (São Paulo) einen Teil seines Erdgasverbrauchs durch Biomethan ersetzen. Das Joint Venture des französischen Baumaterialkonzerns Saint-Gobain und des japanischen Glasfabrikanten NSG/Pilkington will seine CO2-Emissionen um 33 Prozent senken. Dafür bezieht Cebrace Deponiegas von ZEG Biogás. Saint-Gobain plant, die Versorgung seines Werks für den Spezialmörtel Quartzolit in Queimados (Rio de Janiero) sogar zu 100 Prozent auf Biomethan umzustellen und schloss im Juli 2023 einen Vierjahresvertrag mit dem Deponiegasunternehmen Gás Verde. Auch die Keramikindustrie setzt auf Bioenergie. Bis 2030 will die Branche die Hälfte ihres Erdgasverbrauchs durch Biomethan ersetzen, das durch Reststoffe der Zucker-Ethanol-Industrie gewonnen wurde.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Zulieferprodukte: Zement, Beton und Holz

    Brasiliens Zement- und Betonhersteller investieren, digitalisieren Prozesse und mindern CO2-Emissionen. Der Baustoff Holz gewinnt nur sehr langsam an Bedeutung.

    Zementsektor erwartet eine Wende im Jahr 2024

    Die gute Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt könnte den schwächelnden Eigenbau animieren. Positive Impulse sind auch vom Wohnungsbau zu erwarten, der etwa 50 Prozent des Zementverkaufs ausmacht. Im 1. Quartal 2024 schwächelte der Absatz aufgrund starker Niederschläge im Süden und Südosten Brasiliens. Dennoch erwartet der Herstellerverband Sindicato Nacional da Indústria do Cimento (SNIC) für das Gesamtjahr 2024 eine Erholung um voraussichtlich 2 Prozent.

    Nach dem Rückgang um 2,8 Prozent im Jahr 2022 sank der Zementabsatz 2023 erneut um 1,7 Prozent auf knapp 62 Millionen Tonnen. Damit lag das Marktvolumen im vergangenen Jahr etwa 9 Millionen Tonnen unter dem Niveau des Rekordjahres 2014. Nur im Nordosten Brasiliens zieht der Verkauf kontinuierlich an. 

    Branche steht vor erneuter Konsolidierung ...

    Der zweitgrößte Zementhersteller InterCement (IC) steht zum Verkauf. Der bisherige Eigentümer, die Baugruppe Mover, will den Vertrag noch vor Mai 2024 unter Dach und Fach bringen. Mit der Übernahme würde der drittplatzierte Hersteller, der Stahl- und Bergbaukonzern CSN, fast zum unbestrittenen Marktführer Votorantim Cimentos aufschließen. Aber auch Votorantim selbst sowie der chinesische Konzern Huaxin, die italienische Gruppe Buzi Unicem, die in Brasilien Cimento Brennand kontrolliert, und Cimento MIZU sind an einer Übernahme von IC interessiert.

    Die neun größten der insgesamt 22 Zementhersteller verfügen über 92 Prozent der Produktionskapazitäten in Brasilien. Dazu gehören auch das Unternehmen Nassau der Gruppe João Santos, MIZU, Nacional, Tupi, Ciplan und Itambé. Neben IC befinden sich auch die Gruppe João Santos, Cimento Tupi und Cimento Liz in finanziellen Schwierigkeiten.

    ... und einem neuen Investitionszyklus


    Noch sind die landesweit 91 Zementwerke weit davon entfernt, ihre installierte Produktionskapazität von 94 Millionen Jahrestonnen auszulasten. Dennoch planen die Unternehmen bis 2026 Investitionen von insgesamt 3,4 Milliarden US-Dollar (US$), schätzt der Branchenverband SNIC. Darunter sind auch einige der elf kleineren regionalen Betriebe wie Cimento Gaúcho. Dabei geht es vor allem darum, Prozesse zu modernisieren und vorhandene Anlagen zu verbessern.

    Votorantim setzt auf Innovationen, Nachhaltigkeit und effiziente, CO2-arme Technologien, kündigte allerdings auch an, die Produktionskapazität in Brasilien um 10 Prozent zu erhöhen. Anfang 2024 veröffentlichte der Konzern seinen Investitionsplan bis 2028. Im Jahr 2023 fuhr der siebtgrößte Zementhersteller der Welt mit einer globalen Kapazität von 52,8 Millionen Tonnen hohe Gewinne in Brasilien ein. Genau die Hälfte der geplanten Investitionen in Höhe von 2 Milliarden US$ fließt in das Heimatland. 

    In einem globalen Abkommen verpflichtete sich Votorantim, bis 250 klimaneutral zu werden. Bis 2030 sollen die Emissionen um 30 Prozent reduziert werden. Auch bei der Digitalisierung gibt das Unternehmen die Richtung vor, optimiert die Prozesse mit Hilfe von Industrie-4.0-Lösungen und setzt auf Open Innovation. Konkurrent CSN geht ganz ähnliche Wege. Für beide Konzerne ist auch die Nutzung von grünem Wasserstoff von Interesse. 

    Sektorziel: Klimaschutz

    Gemeinsam mit dem Herstellerverband für Portlandzement Associação Brasileira de Cimento Portland (ABCP) veröffentlichte SNIC bereits im April 2019 eine Technologie-Roadmap. Bis 2050 will Brasiliens Zementindustrie die Treibhausgasemissionen um 33 Prozent auf 375 Kilogramm CO2-Äquivalente pro Tonne Zement senken.

    Da die Preise für Petrolkoks in US-Dollar notiert werden, trieb die Abwertung des brasilianischen Real während der Coronakrise die Energiekosten der Werke in die Höhe. Umso lohnender ist die Umstellung auf alternative Brennstoffe. Neben Holzschnitzeln aus schnell wachsenden Eukalyptusbäumen stehen regional unterschiedliche Agrarreststoffe zur Verfügung. Zusätzlich zu den Bioenergieträgern setzen erste Werke auch auf die Verbrennung von Hausmüll.

    Zementverkauf in BrasilienIn 1.000 Tonnen, Veränderung und Anteil in Prozent
    Region

    2023 *)

    Anteil 2023 *)

    Veränderung 2023/22 *)

    Südosten

    28.723

    42,9

    -0,4

    Nordosten

    12.504

    21,5

    0,4

    Süden

    10.383

    18,8

    -4,5

    Zentrum-West

    7.342

    10,5

    -3,2

    Norden

    2.818

    6,3

    -2,1

    Insgesamt

    61.973

    100,0

    -1,7

    * vorläufige Angaben für 2023.Quelle: SNIC 2024

    Digitale Technologie erobert die Betonfertigung

    Brasiliens Betonmischer setzen pro Jahr etwa 6 Milliarden US$ um. Zu den großen Unternehmen gehören Cortesia Concreto, Valebeton, Concrebras (Cimento Itambé), Concreserv, Maxmohr, Ciplanentre und Polimix. Laut Branchenverband ABESC liefert die Branche rund 45 Millionen Tonnen Beton pro Jahr. Bei nahezu 40 Prozent der Produktion kamen 2023 digitale Technologien von Topcon zum Einsatz. Dies sparte Zement, CO2-Emissionen und Kosten. Seit 2020 bietet Topcon seine Software als Dienstleistung an und verdreifachte seitdem seinen Umsatz.

    Holzrahmenbau mit neuem Rechtsrahmen

    Im Juli 2023 trat die Norm für den Holzrahmenbau NBR 16.936 in Kraft. Mit einem staatlich anerkannten Standard steht der Marktdurchdringung der Baulösung "WoodFrame" nur noch wenig im Weg. Brasilien verfügt über eine hochproduktive Forstwirtschaft. Holz dürfte in der Bauwirtschaft Brasiliens daher zunehmend Beachtung finden.  

    Der Bauträger Construtora Tenda setzt mit seinem Start-up Alea auf den Holzrahmenbau. Die Produktionsanlage in Jaguariúna (São Paulo) ermöglicht den Bau von Häusern in einem Umkreis von bis zu 1.000 Kilometern und soll sich ab 2025 rentieren. Ab 2026 will das Unternehmen 10.000 Einheiten pro Jahr errichten.

    Mit modularen Holzbausystemen und deutscher Maschinentechnologie will auch Tecverde den Markt erobern. Das brasilianische Jungunternehmen, das heute zum chilenischen Forstkonzern Arauco gehört, richtet seine Strategie neu aus und sucht derzeit neue Investitionspartner.

    Der Baukonzern HTB (bis 2016 noch Hochtief do Brasil) der deutschen Zech-Gruppe entwickelte unter dem Namen "HTB eWOOD" ein modulares System für den Holzhybridbau. Dabei wird pro Kubikmeter Holz 1 Tonne CO2 gebunden. HTB erwartet jedoch, dass die verhaltene Konjunktur für Büroflächen das Marktwachstum bremst.

    Weitere Unternehmen, die den Holzbau und Holzhybridbau vorantreiben, sind Immergrün am Standort Araucária (Paraná), das Start-up Urbem mit Fabrik in Almirante Tamandaré (Paraná) und das Architekturbüro Noah Tech.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Zulieferprodukte: Glas, Fliesen und Sanitär

    Steigende Produktionskosten und die weltweite Konjunkturschwäche beeinträchtigen die Produktion in Brasilien.

    Kapazitätsauslastung für Basisglas bleibt niedrig

    Das Jahr 2023 war ein weiteres schwaches Jahr für Brasiliens Glasindustrie. Nach dem deutlichen Rückgang in den Vorjahren stabilisierte sich die Basisglasproduktion auf einem sehr niedrigen Niveau. Für 2024 erwarten die Hersteller eine leichte Verbesserung, insbesondere ab dem 2. Halbjahr. Ähnlich wie im Stahl- und Aluminiumbereich sehen sich die lokalen Hersteller einem verstärkten Preiswettbewerb mit Billigimporten ausgesetzt. Umso kritischer fallen Preissteigerungen bei den Produktionskosten ins Gewicht. Im Jahr 2023 stellte der steigende Dieselpreis eine Herausforderung dar. Auch die geringe Auslastung der Fabriken verteuert die Produktion. 

    Primärrohstoffe produzieren nur noch vier Unternehmen in Brasilien. Saint-Gobain schloss im März 2023 die Glasfabrik in São Vicente (São Paulo). Damit entfällt eine Produktion von etwa 120 Tonnen pro Tag. Die Gesamtkapazität liegt nun bei 7.350 Tonnen pro Tag. Größter Produzent ist Cebrace mit einer Kapazität von 3.600 Tonnen pro Tag, gefolgt von AGC (1.450 Tonnen pro Tag), Guardian (1.400 Tonnen pro Tag), Vivix (900 Tonnen pro Tag). Alle Fabriken verwenden das Floatglasverfahren. Trotz der geringen Auslastung bestätigte Vivix, seine Kapazitäten am Standort Goiania im nordöstlichen Bundesstaat Pernambuco bis 2025 auf 1.900 Tonnen pro Tag zu verdoppeln. Ziel der Investition ist der Export nach Europa und in die USA.

    Erwartungen und Aussichten sind vorsichtig optimistisch

    Zulieferer der Branche wie Diamanfer, GlassParts, GR Gusmão und Sglass äußern positive Erwartungen für 2024. Doch Energie, Vorprodukte und Maschinen für die Glasindustrie haben sich in den vergangenen Jahren dramatisch verteuert. Seit März 2020 ist der Preis für Floatglas um insgesamt 170 Prozent gestiegen. Nach den höheren Materialkosten müssen die rund 550 glasverarbeitenden Unternehmen nun auch steigende Lohnkosten einkalkulieren. Die steigenden Kosten schmälern die Gewinne der Glasverarbeiter. Vorsicht ist daher auch 2024 angebracht.

    Aus dem Fotovoltaikboom in Brasilien könnten sich Wachstumschancen für die lokale Glasindustrie ergeben. Hersteller von Solarpanels wollen die Produktion vor Ort ausbauen. Darauf setzt das Basisglasunternehmen Vivix mit dem geplanten Ausbau im Nordosten. Auch das Aufkommen der organischen PV-Integration (OPV) trägt zur Belebung der Branche bei. So kommen transparente OPV-Folien des brasilianischen Start-ups Sunew bereits an den Glasfassaden verschiedener Unternehmenszentralen und Shoppingzentren zum Einsatz.

    Umsatz und Absatz von verarbeitetem Flachglas in BrasilienUmsatz in Millionen US-Dollar 2), Absatz in Millionen Quadratmeter, Veränderung in Prozent 1)
    Kategorie

    Umsatz 2022 

    Reale Veränderung 2022/21 3)

    Absatz 2022

    Veränderung 2022/21

    Vorgespanntes Einschichten-Sicherheitsglas

    752,8

    -12,8

    32,3

    -7,5

    Verbundglas (laminiert)

    291,3

    -2,0

    8,0

    4,7

    Spiegel

    189,5

    -13,8

    12,9

    -8,2

    Arbeitsplatten, gebogenes, verziertes und kantenbehandeltes Glas

    23,0

    -12,5

    2,3

    1,0

    Isolierglas

    42,3

    -3,5

    0,3

    -2,9

    Insgesamt

    1.299,0

    -10,4

    55,8

    -5,7

    1 ohne Kfz-Industrie; 2 umgerechnet zum Jahresdurchschnittskurs 2022: 1 US$ = 5,16 R$; 3 bezogen auf den Umsatz in R$.Quelle: Abravidro 2023

    Verkauf von Keramikverkleidungen bleibt schwach

    Nach dem Einbruch im Vorjahr erlebten Brasiliens Hersteller von Keramikverkleidungen im Jahr 2023 erneut einen starken Rückgang des Absatzes um 7,1 Prozent. Dabei war der Rückgang im Export deutlicher stärker als auf dem Inlandsmarkt. Die Produktion ging um 19 Prozent auf geschätzt 751 Millionen Quadratmeter zurück. Bodenfliesen machten 54 Prozent, Feinsteinzeug 26 Prozent, Wandfliesen 21 Prozent und Fassadenkeramik 3 Prozent der Produktion aus. Für 2024 erwartet der Herstellerverband Anfacer eine Fortsetzung des Negativtrends, allerdings in abgeschwächter Form.

    Brasilien ist der weltweit drittgrößte Markt für Keramikverkleidungen, der drittgrößte Produzent nach China und Indien und der sechstgrößte Exporteur. Die landesweit 60 Hersteller betreiben insgesamt 71 Fabriken, führen 137 verschiedene Marken und beliefern über 110 Auslandsmärkte. Regional konzentriert sich die Produktion auf den Südosten und Süden Brasiliens. Bedeutendster Industriestandort ist die Region um Santa Gertrudes (São Paulo).

    Die Branche zeichnet sich durch hohe Produktivität und Qualität sowie moderne Technologien und Design aus. Auch im Bereich der Zertifizierung und Qualitätskontrolle ist die Branche fortschrittlich. Um die Kosten weiter zu senken, investieren die Hersteller in die Automatisierung von Prozessen und Maßnahmen zur Energieeffizienz.

    Nach der Chemieindustrie ist die Keramikindustrie der zweitgrößte Erdgaskonsument Brasiliens. Der stark gestiegene Erdgastarif setzt die Hersteller unter Druck. Um sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten, setzt die Branche auf Dekarbonisierung. Bis zum Jahr 2030 soll der Exportanteil an der Produktion von derzeit 13,3 Prozent auf 30 Prozent der Produktion steigen. Dazu soll die Hälfte des Gasverbrauchs durch Biomethan ersetzt werden. Zehn Fabriken in Santa Gertrudes riefen im März 2023 zusammen mit der lokalen Zucker-Ethanol-Industrie ein Pilotprojekt ins Leben, das bis 2025 umgesetzt werden soll. Das Biomethan wird aus Reststoffen gewonnen. 

    Der Marktführer Portobello sowie Roca Brasil Cerámica (Tochter der spanischen Gruppe Roca) verzeichnen gute Ergebnisse, gewinnen Marktanteile und investieren besonders intensiv. Die Gruppe Dexco (vormals: Duratex; Handelsmarken Ceusa und Portinari) musste 2023 rückläufige Gewinne hinnehmen. 

    Hohe Informalität und Zersplitterung bei Keramikziegeln

    Brasiliens Ziegelstein- und Dachziegelindustrie ist stark fragmentiert. Nach Angaben des Branchenverbandes Anicer erwirtschaften rund 5.580 Unternehmen, oftmals kleine Familienbetriebe, einen Jahresumsatz von rund 3,5 Milliarden US-Dollar (US$). Die Informalität ist sehr hoch und nur wenige Unternehmen können Qualität nachweisen. Anfang 2022 verfügten nur 86 der über 4.000 Hersteller von Back- oder Ziegelsteinen und nur 25 der etwa 2.500 Produzenten von Dachziegeln über ein Qualitätszertifikat. Nur rund 200 Fabrikanten sind dem Industrieverband Anicer angeschlossen. Entsprechend schwierig gestaltet sich die Erhebung konjunktureller Daten.

    Überschaubare Herstellerlandschaft bei Sanitärprodukten

    Sanitärkeramik stellen in Brasilien laut dem Branchenverband Abceram nur zehn Unternehmen in landesweit 18 Betrieben her. Die dominierenden Player sind Deca (Tochter von Dexco) und die spanische Firma Roca, die in jeweils fünf Fabriken produzieren und zusammen über 65 Prozent des Marktes bedienen. Weitere Hersteller von Sanitärkeramik sind die Unternehmen Fiori (Tochter der US-Gruppe Kohler), Cerâmica Industrial de Taubaté (Hervy), Indústria Cerâmica Andradense (Icasa), Lorenzetti, Luzarte Estrela, Mari, Onix und Santa Clara.

    Außer den erwähnten fünf Fabriken für Sanitärkeramik verfügt Deca über zwei Werke für Metallbeschläge in São Paulo. Roca produziert in Brasilien in neun Betrieben Sanitärkeramik sowie Keramikverkleidungen, Metallarmaturen und weitere Badausstattungen. Der brasilianische Hersteller Lorenzetti setzt auf Innovation und gewinnt an Bedeutung. Der Marktführer bei Duschen und Durchlauferhitzern verfügt landesweit über fünf Fabriken.

    Docol, nach Deca zweitgrößter Hersteller von Metallarmaturen und führender Exporteur, verfolgt ehrgeizige Investitionspläne. Nach den Übernahmen von Mekal und Frank nahm Docol eine Fabrik in Poços de Caldas (Minas Gerais) in Betrieb und eröffnete ein Innovationszentrum. Bis 2030 plant das Unternehmen den Bau einer weiteren Keramikfabrik im Nordosten. Der Markt für Armaturen ist noch relativ zersplittert. Zu den rund 100 Produzenten gehören neben den großen Herstellern Deca, Docol, Roca, Eternit, Lorenzetti und Fabrimar auch viele Kleinunternehmen.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Zulieferprodukte: Kunststoffe, Türen und Fenster

    Die Hersteller von Kunststoffrohren erwarten Wachstum. Die Marktdurchdringung von PVC-Rahmen erfolgt dagegen nur nach und nach.

    Das globale Überangebot im Bereich Standard-Thermoplaste drückt den Preis und kurbelt die Importe an. Bei Polyvinylchlorid (PVC) beispielsweise verstärken der mexikanische Konzern Mexichem und der US-Hersteller Shintec den Import aus Werken in Kolumbien und den USA. Etwa zwei Drittel des Marktes decken jedoch die brasilianischen Fabrikanten Braskem und Unipar.

    Aufgrund der Notierung in US-Dollar und starken Wechselkursschwankungen ist die Preisentwicklung bei den Vorprodukten stets eine Herausforderung für die Verarbeiter in Brasilien. Braskem erwartet ein deutliches Wachstum der PVC-Nachfrage. Im Jahr 2024 dürfte die brasilianische Baumaterialindustrie demnach 720.000 Tonnen des thermoplastischen Polymers beziehen, 15 Prozent mehr als im Jahr 2022.

    Rohrfabrikanten bereiten sich auf Wachstum der Wasserwirtschaft vor

    Die guten Aussichten in der brasilianischen Wasserwirtschaft animieren die Zulieferer in Brasilien. Voraussichtlich 500.000 Kilometer Rohrleitungen müssen bis 2033 verlegt werden, damit die Trinkwasserversorgung und Abwasseraufbereitung den gesetzlichen Vorgaben genügt. Auch Bewässerungssysteme in der Agrarwirtschaft und der Wohnungsbau werden zum Wachstum beitragen. Die führenden Hersteller für PVC-Rohre und -Verbindungen konnten ihren Umsatz in beiden Pandemiejahren zweistellig steigern und investieren.

    Über eine Kapitaleinlage der US-amerikanischen Private-Equity-Gesellschaft Advent baut Marktführer Tigre die Produktion sowohl am US-Markt als auch in Brasilien aus. Brasiliens drittgrößter Rohrproduzent Krona übernahm 2023 mit Viqua und Linear gleich zwei Unternehmen: Viqua produziert Komponenten für Bewässerungssysteme und Linear Abflussrinnen. Auch das zweitgrößte Unternehmen Amanco Wavin, Tochter der Gruppe Mexichem, expandiert. Asperbras eröffnete im Oktober 2023 eine neue Fabrik für Rohre aus Polyethylen hoher Dichte (PE-HD) in Penápolis (São Paulo).

    Weitere Hersteller von Rohren, Verbindungen, Deckenverkleidung sowie Tank- und Zisternensystemen aus PVC- und Faserverbundkunststoffen in Brasilien sind Corr Plastik, Plastilit, DVG Tubozan, MX Tubos, Multili und Fortlev, Brasiliens wichtigster Wassertankproduzent. 

    Metallrahmen bei Türen und Fenstern weiter vorrangig

    Anders als in Europa und den USA werden in Brasilien nur 5,6 Prozent der Tür- und Fensterrahmen aus PVC gefertigt. Mehr als zwei Drittel der Marktnachfrage entfällt auf Rahmen aus Stahl und Aluminium. Holz verliert an Bedeutung. Die Marktstruktur in den einzelnen Segmenten unterscheidet sich stark. Stahlrahmen werden hauptsächlich als Standardfenster und -türen angeboten. Hersteller von standardisierten Produkten sowie kleine Familienbetriebe, die Holzrahmen anfertigen, stellen auf Aluminium um. Die Markteinführung von PVC verläuft wesentlich zäher. Marktbeobachter erwarten jedoch eine zunehmende Bedeutung von PVC und hochwertigerer Fenster- und Fassadentechnologie.

    Laut Branchenverband AFEAL versorgen etwa 5.600 Unternehmen den wachsenden Markt für Aluminiumrahmen, der etwa 7 Millionen Einheiten im Jahr absetzt. Zu etwa 70 Prozent handelt es sich um Standardrahmen. Im Jahr 2023 wuchs der Markt für Aluminiumrahmen um etwa 4 Prozent. Für 2024 und 2025 erwartet AFEAL ein höheres Wachstum. 

    Der Marktführer für Stahl- und Aluminiumrahmen Sasazaki betreibt in seiner Fabrik in Marília (São Paulo) eine eigene Produktionslinie für Bauunternehmen. Weitere große Hersteller von Standardfenstern/-türen sind Alumasa, Atimaky, CRV, Gerotto, Metalúrgica HB, MGM, Grupo Ramassol, Ullian und Vitrolar. Die meisten sind dem Branchenverband für Standardrahmen Associação Brasileira das Indústrias de Portas e Janelas Padronizadas (Abraesp) angeschlossen. 

    Aufwendige Überzeugungsarbeit für PVC-Rahmen

    Wachstumspotenzial für PVC-Rahmen eröffnen insbesondere Luxushäuser in den Küstenregionen und Gebäudefassaden. Brasiliens Normierungsbehörde ABNT wird die Norm NBR 15.575 über akustische und isolationstechnische Eigenschaften von Wohngebäuden möglicherweise im Jahr 2026 überarbeiten. Derzeit sind Hersteller von Fenster- und Türrahmen nur dazu verpflichtet, ihre Produkte auf Schallisolierung zu prüfen und mit einem Prüfsiegel zu kennzeichnen. Die Kennzeichnung der thermischen Isolierfähigkeit ist den Unternehmen überlassen. Im Kalkül der Brasilianer überwiegen oft kurzfristige Preisvorteile, so dass die Isolierung in der Regel zu kurz kommt.

    Immerhin nehmen die Vorkenntnisse über die Fertigung und die Vermarktung von PVC-Rahmen zu. Laut dem Branchenverband ASPEC PVC bedienen mittlerweile etwa 500 Montageunternehmen den brasilianischen Markt für PVC-Rahmen. Zu den größten Unternehmen zählen die deutschen Hersteller Veka und Profine GmbH (Handelsmarke Kömmerling), der belgische Fabrikant Deceuninck und die brasilianischen Hersteller Bazze, Weiku und Esaf Claris der Gruppe Ibrap. Auch der deutsche Systemanbieter Schüco ist auf dem Markt vertreten.

    Profine, Veka und Rehau bauen ihr Vertriebsnetz über spezialisierte lokale Vertriebspartner aus. Die Hersteller der DACH-Region importieren die PVC-Profile, die in Brasilien weiterverarbeitet oder über Montagefirmen vertrieben werden. Ein lokaler Hersteller von PVC-Rahmen und Profilen ist Weiku. Der bedeutendste brasilianische Hersteller von PVC-Fenstern und -Türen Claris wurde 2020 von der Gruppe Ibrap übernommen.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Zulieferprodukte: Bauchemikalien und -isolationsmaterialien

    Positive Absatzaussichten animieren die Bauchemiehersteller zu Investitionen. Brasiliens Markt für Dämmstoffe wächst mit dem Aufkommen des Skelettbaus.

    Bauchemie gewinnt weiter an Bedeutung

    Anders als die meisten anderen Baumaterialien verzeichneten Bautenanstrichmittel im vergangenen Jahr ein deutliches Wachstum. Für das Jahr 2024 erwartet der Verband der Farbhersteller Abrafati ein Wachstum zwischen 2 und 2,5 Prozent. Der Verkauf von Immobilienfarben, der mehr als 80 Prozent des Segments ausmacht, stieg 2023 um 3,6 Prozent auf 1,4 Milliarden Liter. Der Großteil der Anstrichmittel dient der Renovierung. Neubauten machen nur ein Viertel des Marktvolumens aus.

    Die anderen Segmente wie Mörtel, Zusatzstoffe sowie Kleb- und Dichtstoffe registrierten in der Pandemie einen deutlichen Zuwachs und erlebten einen Rückgang im Jahr 2022. Aufgrund von Inflation und hohen Zinsen blieb die Nachfrage auch 2023 schwach.

    Brasiliens Bauchemiehersteller erweitern ihr Angebot an Produkten stetig und steigern den Mehrwert, insbesondere im Bereich Mörtel, Betonfertigteile und Gips. Aber auch die Segmente Klebstoffe, Dichtstoffe und andere chemische Lösungen für die Bauindustrie bieten gute Aussichten und ziehen weiterhin Investoren an. Aspekte der Nachhaltigkeit und Gesundheitsverträglichkeit rücken allerdings nur sehr verhalten in den Fokus der Verbraucher.

    Multinationale und lokale Hersteller investieren

    Ausländische Unternehmen nutzten in den vergangenen Jahren die drastische Abwertung der brasilianischen Währung, um sich in Brasilien zu verstärken - darunter Saint-Gobain, der deutsche Hersteller MC Bauchemie, der niederländische Spezialchemiekonzern Nouryon (vormals Akzo Nobel Specialty Chemicals), das Schweizer Chemieunternehmen Sika, Bostik der französischen Gruppe Arkema sowie der italienische Mörtelproduzent Fassa Bortolo.

    Saint-Gobain bedient den Markt über die Marken Brasilit, Quartzolit, Brasprefer, Sekurit, Placo, Matchem, Isover und Ecophon, und investiert fortwährend – auch in die Handelsketten Telhanorte und Tumelero, die seit 2023 zum Verkauf stehen. Im März 2024 weihte Placo eine erweiterte Anlage in Mogi das Cruzes (São Paulo) ein. Im Jahr 2023 nahm Brasilit die Produktion von Wellplatten aus Faserzement in Abadiânia (Goiás) auf und erweiterte die Produktionskapazitäten in Recife (Pernambuco). Konkurrent Eternit investiert ebenfalls in den Nordosten und eröffnete im März 2024 eine neue Fabrik in Caucaia (Ceará).

    Aber auch die brasilianischen Unternehmen investieren. Brasiliens Stahlkonzern Gerdau ist in den Markt für Bauzusätze eingestiegen. Die im April 2021 gegründete Tochter Gerdau Graphene entwickelt Zusätze für korrosionsfeste Farben und Lacke und errichtete eine Produktionsanlage in Ouro Branco im Staat Minas Gerais.

    Brasiliens Marktführer für Isolieranstrich Vedacit treibt Innovationen über Start-ups voran und rief mit "Vedacit Labs" 2018 das landesweit erste Programm für Open Innovation im Bausektor ins Leben. Auch Vedacit-Konkurrent Dryko, der auch zu den führenden Herstellern von Kleb- und Dichtstoffen in Brasilien gehört, und Camargo Química erweitern ihr Portfolio zur Bauwerksabdichtung. 

    Wachstumsimpulse bei Bauisolationsmaterialien durch den Skelettbau 

    Das Aufkommen von Steel Frame- und Wood Frame-Bauweisen treibt den Absatz von Isolationsmaterialien voran. Laut dem Branchenverband Associação Brasileira da Construção Metálica (ABCEM) gewann die Bauweise zwischen 2019 und 2022 an Bedeutung und legte um 83 Prozent zu. Für 2023 erwartete ABCEM ein Wachstum von 6 Prozent. Mit der Norm NBR 16.970 legte Brasiliens Normierungsbehörde ABNT im Mai 2022 erstmals einen Rechtsrahmen für den Stahlleichtbau fest.

    Die Aktualisierung der Norm ABNT NBR 15.575 erweiterte bereits ab 2013 die Anforderungen an die Schallisolierung von Wohneinheiten. Seit März 2019 gelten neue Brandschutzauflagen für Bauisolationsmaterialien. Die Verwendung von mineralischen Faserdämmstoffen wie Glaswolle und Steinwolle sowie Isopor und Bauschaum dürfte sowohl im Neubau als auch bei Renovierungen zunehmen.

    Wenige Hersteller teilen sich den Markt

    Saint-Gobain baute seine Position als Marktführer für Dämmmaterialien aus. Der französische Konzern erwarb im Februar 2023 den argentinischen Mineralwolle-Fabrikanten Térmica San Luis. Mit der Marke ISOVER ist Saint-Gobain Brasiliens wichtigster Anbieter von Glaswolle.

    Auch Soprema investiert. Der Komplettanbieter von Dämmsystemen ist bereits seit 2012 in Brasilien vertreten. In der Pandemie übernahm die französische Gruppe zunächst Denver Impermeabilizantes und im Jahr 2022 Rockfibras. Weitere Anbieter von Lösungen zur Bauisolierung sind Acital, Trisoft, Ambi und Vibrasom.

    Aufgrund der natürlichen Vorkommen von Gips konzentriert sich die Produktion von Gipskarton auf den Nordosten Brasiliens. Der deutsche Drywall-Produzent Knauf setzt in Brasilien auf kostenfreie Schulungen und auf ein innovatives Portfolio, um den Absatz zu stimulieren. Zu den wenigen Drywall-Herstellern mit einer Produktion vor Ort zählen zudem Gypsum der belgischen Gruppe Etex, Placo der Saint-Gobain-Gruppe und der brasilianische Hersteller Trevo.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Zulieferprodukte: Gebäudetechnik

    Steigende Stromtarife sprechen für einen Trend zu Energieeffizienz. Brasiliens Markt für Sicherheitstechnik bietet ein konstant hohes Wachstum.

    Absatz von Klimaanlagen wächst

    Inflation und hohe Zinsen bremsen seit 2022 den Verkauf langlebiger Gebrauchsgüter in Brasilien. Aufgrund anhaltender Hitzewellen zog der Absatz von Klimageräten im 2. Halbjahr 2023 dennoch stark an. Nach Daten des Branchenverbands Abrava stieg der Umsatz mit Klima-, Belüftungs-, Heiz- und Kühlanlagen um 7,6 Prozent auf 7,3 Milliarden US-Dollar (US$). Für 2024 erwartet Abrava ein noch stärkeres Wachstum um voraussichtlich 12 Prozent.

    Aufgrund steuerlicher Anreize konzentriert sich die Produktion von HKL-Technik auf die Freihandelszone Manaus im Bundesstaat Amazonas. Bel Micro und Friovix, zwei Unternehmen aus Minas Gerais, kündigten 2024 Investitionen in neue Montageanlagen in Manaus an. Nur ein geringer Anteil der Klimageräte wird importiert.

    Marktführer ist der Konzern LG, der wie der ebenfalls aus Korea stammende Konkurrent Samsung stark in KI und Energieeffizienz investiert. Zu den bedeutendsten Anbietern von Split-Geräten (zweiteilige Klimaanlagen) in Brasilien gehören zudem der US-Konzern Whirlpool mit der Marke Consul, der US-Hersteller Philco, der schwedische Haushaltsgeräteproduzent Electrolux, die brasilianischen Unternehmen SEMP TCL, Agratto und Elgin, die chinesischen Hersteller Gree und Midea sowie die japanischen Unternehmen Fujitsu und Daikin.

    Insgesamt verfügt lediglich ein Fünftel der Haushalte über eine Klimaanlage. Der Absatz von Split-Klimageräten boomt. Die lauten und ineffizienten Fensterklimageräte, für die Brasilien nach den USA und Indien der drittgrößte Markt weltweit ist, verlieren stark an Bedeutung. Auf sie entfällt nur noch ein Bruchteil der Neugeräte. Heiztechnik ist in Brasilien so gut wie kein Thema. Selbst im kälteren Süden besteht weiterhin nur wenig Interesse.

    Energieeffizienz gewinnt an Stellenwert

    Aufgrund der hohen und steigenden Strompreise ziehen immer mehr Käufer energieeffiziente Technologien wie Inverter bei Kühlprozessen vor. In Bezug auf die thermische Isolierung von Immobilien ist die Entwicklung jedoch deutlich langsamer. Dabei entfällt etwa die Hälfte des Stromverbrauchs in Brasilien auf Gebäude.

    Über verschiedene Initiativen wird Energieeffizienz in Gebäuden gefördert. Das "Programa Brasileiro de Etiquetagem em Eficiência Energética" (PBE Edifica) schreibt für alle öffentlichen Gebäude eine Zertifizierung vor. Für Büro- und Geschäftsgebäude sowie AAA-Logistikhallen gehört die LEED-Zertifizierung des U.S. Green Building Council bereits zum Standard. In der Regel werden hier jedoch nur die Mindestanforderungen erfüllt. Potenzial zur Einsparung von Energie besteht daher auch bei zertifizierten Gebäuden. 

    Gebäudesicherheitstechnik verzeichnet stets hohen Zuwachs

    Überwachungstechnik zur Gebäudesicherheit ist aufgrund der hohen Kriminalität sehr gefragt. Landesweit kommen elektronische Zugangssysteme und Überwachungseinrichtungen in 37 Prozent aller Wohnungen zum Einsatz. Etwa 12.000 Wohnkomplexe nutzen heute ein System der Fernüberwachung. Unternehmen und Luxuswohnanlagen leisten sich auch besonders hochwertige und innovative Sicherheitssysteme.

    Laut dem Verband für elektronische Überwachung Abese, dem 33.500 Unternehmen angeschlossen sind, legte der Branchenumsatz gemessen in der Landeswährung 2023 um 14 Prozent auf umgerechnet rund 2,4 Milliarden US$ zu. Für 2024 erwartet Abese eine Umsatzsteigerung um 18,5 Prozent. Im Trend liegen Systeme zur Gesichtserkennung. Angeregt wird die Nachfrage durch KI und die Automatisierung von Prozessen.

    Der brasilianische Marktführer Intelbras erweitert die Produktionskapazitäten und investiert intensiv in Forschung und Entwicklung. Intelbras betreibt landesweit sechs Fabriken und exportiert in über 20 Länder. Weitere bedeutende Anbieter von Überwachungstechnik sind Giga Security der brasilianischen Gruppe Multilaser, Johnson Controls, PPA, Minha Portaria, DSI CCTV, TecVoz, JFL Alarmes und Bycon sowie der chinesische Weltmarktführer Hikvision. Letzterer verfügt über eine Produktionspartnerschaft mit Giga Security.

    Hausautomatisierungstechnik kommt auf

    Mess-, Regel- und Steuerungstechnik im Gebäudebereich wächst angetrieben durch sinkende Preise und vereinfachte Anwendungen. Landesweit verfügen mittlerweile fast 10 Millionen Haushalte über wenigstens eine Smart-Home-Anwendung. Oftmals handelt es sich jedoch um eine sehr limitierte Ausstattung über einfache Smart Speaker. Doch das Interesse an der Automatisierung insbesondere von Überwachung, Beleuchtung und Akustik wächst immens. 

    Alexa, die digitale Assistentin von Amazon, kam im Jahr 2023 rund 2 Milliarden Mal zum Einsatz. Etwa 17 Millionen Geräte sind in Brasilien mit Alexa vernetzt. Der brasilianische Markt umfasst derzeit 800 verschiedene Modelle von Fabrikanten wie Elgin, Geonav, Intelbras, Multi, Philips Hue, Positivo, Samsung, Steck und anderen. 

    Das höchste Nachfragewachstum bei Gebäudetechnik versprechen Lösungen zur Verbesserung der Energieeffizienz vorwiegend in Wohnkomplexen, Sicherheitstechnik (inklusive Brandschutz) und Anwendungen für ältere und behinderte Menschen. Eines der größten Hindernisse für eine Belebung des Marktes sieht der Verband für Hausautomatisierungstechnik Aureside in dem Mangel an Fachkräften.

    Stand April 2024

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    AHK Brasilien Anlaufstelle für deutsche Unternehmen in São Paulo, Rio de Janeiro und Porto Alegre
    VDMA BrasilVDMA Verbindungsbüro in São Paulo
    Novo PAC - Casa CivilInvestitionsprogramm PAC des Ministeriums für zivile Angelegenheiten
    Programa de Parcerias de Investimentos (PPI)Konzessionierungs- und Privatisierungsprogramm der Regierung
    Câmara Brasileira da Industria da ConstruçãoKammer der Bauwirtschaft
    AbramatVerband der Baustoffhersteller
    Secovi-SPVerband der Immobiliengesellschaften São Paulos
    Sinduscon SPBauverband im Bundesstaat São Paulo
    Observatório da Construção da Federação das Indústrias do Estado de São Paulo - FIESP Marktbeobachtung Bauwirtschaft des Industrieverbandes des Bundesstaates São Paulo
    Associação Brasileira de Tecnologia para Construção e MineraçãoVerband der Bau- und Bergbautechnologie
    Revista O EmpreiteiroFachzeitschrift über Ingenieurswesen, Tiefbau und Industriebau
    Grandes ConstruçõesBranchenzeitschrift und Portal
    Portal AECwebPortal, Zeitschrift und Netzwerk von Unternehmen, Fachkräften und Bauprojekten
    Feicon BatimatMesse für Bauwirtschaft und Architektur, São Paulo Expo
    M&T Expo/IFAT BrasilInternationale Messe für Baumaschinen, São Paulo Expo
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