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Wirtschaftsausblick | Brasilien

Brasiliens Wirtschaft zeigt sich resilient

Steigende Zinsen belasten 2025 die Investitionen und die Gewinnmargen der Unternehmen. Dennoch stehen die Zeichen in Brasilien weiterhin auf Wachstum.

Von Gloria Rose | São Paulo

Top-Thema: Zentralbank hebt den Leitzins drastisch an

Die Unsicherheit über die Fiskalpolitik der Regierung von Präsident Lula da Silva und die schwache Weltkonjunktur wirken sich negativ auf die brasilianische Währung aus. Im Laufe des Jahres 2024 verlor der Real (R$) deutlich an Wert. Dadurch verteuern sich die Importe, ebenso wie die Preise für Rohstoffe und Waren, die an den US-Dollar (US$) gekoppelt sind, darunter Nahrungsmittel. Als Reaktion auf die steigenden Inflationserwartungen erhöhte die Zentralbank den Leitzins Selic zwischen November 2024 und Januar 2025 um 2,5 Prozentpunkte auf 13,25 Prozent.

Für 2025 bestehen Chancen auf eine Entspannung der Finanzlage. Dafür muss die Regierung den erst 2023 verabschiedeten Rahmen für die Fiskalpolitik anpassen, um die steigende Staatsverschuldung zu stabilisieren. Das Paket zur Kürzung von Staatsausgaben, über das der Kongress derzeit entscheidet, ist ein Schritt in diese Richtung. Dieser reicht aber nicht aus, um die Inflation angemessen einzudämmen, zumal der Kongress das Paket aufweicht.

Wirtschaftsentwicklung: Wachstumskurs bei steigender Volatilität

Trotz der Turbulenzen auf dem Finanzmarkt und dem drastischen Anstieg der Zinsen dürfte sich der positive Kurs der brasilianischen Wirtschaft fortsetzen. Zum fünften Jahr in Folge überraschte Brasilien 2024 mit einem Wachstum, das deutlich über den Prognosen der Finanzinstitute zu Jahresbeginn lag. Entscheidend dazu beigetragen haben die Wirtschaftsreformen der Vorgängerregierungen wie die Arbeitsmarkt- und die Rentenreform sowie die Privatisierungen, die den Infrastrukturausbau ermöglichen.

Unter Präsident Lula da Silva schreitet die Steuerreform voran, die den Grundstein für weiteres Wachstum legen soll. Die Reform soll Bürokratie abbauen und Anreize für eine grüne Reindustrialisierung des Landes schaffen. Diesem Ziel dienen auch die neue Industriepolitik, das Förderprogramm für die Kfz-Industrie, das Rahmengesetz für kohlenstoffarmen Wasserstoff sowie für den verpflichtenden Emissionshandel.

Wirtschaft kühlt sich 2025 ab

Nach dem Wachstum um gut 3 Prozent im Jahr 2024 lässt die Dynamik der brasilianischen Wirtschaft 2025 nach. Im Durchschnitt rechnet der Finanzmarkt für das laufende Jahr mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um real 2 Prozent. Germany Trade & Invest geht von einem Zuwachs um 2,4 Prozent aus.

Das Wachstum im Jahr 2024 wurde getrieben durch Dienstleistungen und Handel sowie die Energie- und Versorgungsindustrie, die Bauwirtschaft und die verarbeitende Industrie. Dagegen dürfte die Bruttowertschöpfung des Agrarsektors um etwa 3 Prozent gesunken sein. 

Aufgrund des Wertverlusts der Landeswährung dürfte Brasilien 2024 auf Rang 10 der größten Volkswirtschaften der Welt zurückgefallen sein. Dies geht aus den Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) vom Oktober 2024 hervor. Bis 2028 könnte Brasilien aber Kanada und Italien überholen und auf Rang 8 vorrücken.

Wertschöpfung steigt 2025 in allen Sektoren

Laut Agrarverband CNA soll die Bruttowertschöpfung der Landwirtschaft 2025 um bis zu 5 Prozent zulegen. Auch die Aussichten für die Industrie sind positiv. Der Industrieverband CNI rechnet 2025 mit einem Wachstum der Bruttowertschöpfung um 2,1 Prozent. Den stärksten Zuwachs von voraussichtlich 4 Prozent erwartet CNI für die Rohstoffindustrie, insbesondere Öl und Gas. Im verarbeitenden Gewerbe geben sich Vertreter der Pharmaindustrie und der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie besonders zuversichtlich. Brasiliens Dienstleistungssektor, der mit knapp 60 Prozent den Großteil der Bruttowertschöpfung des Landes erwirtschaftet, soll 2025 um rund 2 Prozent zulegen.

Investitionen: Höhere Zinsen dämpfen die Aussichten

Nach der deutlichen Erholung 2024 werden die Bruttoanlageinvestitionen 2025 nur wenig steigen. Die Analysten von Banco Bradesco rechnen mit einem Plus von 0,4 Prozent. Für Impulse bei den Bauinvestitionen sorgen steigende Finanzmittel für den Sozialwohnungsbau. Im Rahmen des Programms "Programa de Aceleração do Crescimento" (PAC) sollen 2025 rund 10 Milliarden US$ in Infrastrukturprojekte fließen. Die meisten Vorhaben werden über das Programa de Parcerias de Investimentos (PPI) strukturiert und an private Betreiber vergeben. Investitionen in Maschinen und Anlagen fördert die Regierung über die beschleunigte Abschreibung.

Konsum: Nachfrage wächst schwächer

Der private Verbrauch legte 2024 kräftig zu. Die Reallöhne steigen, zumal die Regierung den Mindestlohn anhob und die Arbeitslosigkeit im 4. Quartal 2024 ein Rekordtief von 6,2 Prozent erreichte. Darüber hinaus trieben die Kommunalwahlen 2024 die Konsumausgaben des Staates in die Höhe. Außerdem stimulieren bessere Kreditmöglichkeiten den Kauf langlebiger Konsumgüter. Im Jahr 2025 dürften Inflation und steigende Zinsen das Nachfragewachstum jedoch etwas dämpfen.

Außenhandel: Importe werden teurer

Die Abwertung des R$ verteuert die Importe, die 2025 voraussichtlich zurückgehen. Im Gegenzug profitieren Exportgüter. Der Handelsbilanzüberschuss soll 2025 um 24 Prozent auf 93 Milliarden US$ steigen. China ist mit 28 Prozent der Exporte und 24 Prozent der Importe der mit Abstand wichtigste Handelspartner Brasiliens.

 

Deutsche Perspektive: Hoffnung auf EU-Mercosur-Abkommen wächst

Im Jahr 2023 überholte Deutschland Argentinien und ist seitdem nach China und den USA das drittwichtigste Lieferland. Allerdings ist das Importvolumen aus China heute fast fünfmal so hoch wie das aus Deutschland. Deutsche Produkte genießen in Brasilien einen hervorragenden Ruf, können auf dem preissensiblen Markt jedoch kaum mit Waren aus der Volksrepublik mithalten. Deutsche Maschinenbauer gewinnen ihre Kunden durch einen zuverlässigen After-Sales-Service. Jetzt strömen immer mehr chinesische E-Autos auf den Kfz-Markt. Umso wichtiger wird der Abschluss des EU-Mercosur-Abkommens, das den EU-Staaten auch den Zugang zu kritischen Rohstoffen sichern soll.

GTAI-Informationsangebote zu Brasilien

Weitere Informationen zu Brasilien bieten unter anderem die Publikationen Wirtschaftsstandort und Wirtschaftsdaten kompakt sowie die Reihe Branche kompakt. Ferner sind auf der GTAI-Länderseite Brasilien zahlreiche weitere Berichte zum Wirtschaftsumfeld, zu Branchen sowie zu Zoll- und Rechtsthemen zu finden. Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten bieten die Rubriken "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte".

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