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Kein Ende des Aufschwungs im US-Bausektor in Sicht

Der Wohnungsbau schafft schneller als erwartet die Wende, die Modernisierung der Infrastruktur läuft unvermindert weiter. Nur aus dem gewerblichen Hochbau kommen Störgeräusche.

Von Roland Rohde | Washington, D.C.

Mit Ausnahme der Einzelhandels- und der Bürosparte befindet sich praktisch der gesamte Bausektor im Herbst 2024 im Aufwind. Gemäß dem nationalen Statistikamt stiegen die erbrachten Bauleistungen in den ersten sieben Monaten des Jahres um nominal knapp 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Die weiteren Aussichten bleiben positiv. Dafür sprechen unter anderem die robuste Konjunktur, der lebhafte Privatkonsum, die sinkenden Leitzinsen sowie die immer noch gute Lage am Arbeitsmarkt. Der Ausgang der Präsidentschaftswahlen im November 2024 dürfte daran wenig ändern. Zu ähnlich sind sich inzwischen Demokraten und Republikaner in Sachen Wirtschafts- und Handelspolitik geworden. Außerdem laufen die großen Ausgabenprogramme weiter.

Wohnungsbau schafft die Wende

Bemerkenswert ist die rasche Wiederbelebung des privaten Wohnungsbaus, der für nahezu die Hälfte aller Bauleistungen verantwortlich zeichnet. Von seinem Tiefpunkt im Sommer 2023 erholte er sich nahezu vollständig. Mit dem Einleiten der Zinswende vonseiten der US-Notenbank im September 2024 dürfte der Aufwärtstrend an Stabilität gewinnen. Weiteren Rückenwind bekommt die Branche von fallenden Preisen für Baustoffe, insbesondere von Bauholz.

Das Marktforschungsunternehmen FMI erwartet im Bereich Einfamilienhäuser bis 2028 ein jährliches Wachstum der Bauleistungen um nominal 6 bis 7 Prozent. Für die – wesentlich kleinere – Sparte der Mehrfamilienhäuser gehen die Analysten erst ab 2026 von einem Wachstum aus.

Büro- und Einzelhandelssparte eher gedämpft

Im gewerblichen Hochbau warten 2024 mehrere Sparten – Hotels, Büros und Einzelhandel – mit schwachen Zahlen auf. Für den Bürobereich sind die Ergebnisse wenig überraschend. Homeoffice hat sich in den USA fest etabliert. Bemühungen der Firmen, eine höhere Anwesenheit zu erzwingen, waren angesichts des Fachkräftemangels von geringerem Erfolg gekrönt. Im Einzelhandel dürften Sondereffekte eine Rolle spielen. Amazon, der unangefochtene Marktführer im E-Commerce, hatte in den vergangenen Jahren massiv in neue Lager investiert und schaltet nun einen Gang zurück. 

Den schwachen Zahlen für den Beherbergungs- und Unterhaltungssektor widersprechen andere Quellen: So investieren Hotelketten und Konzerne wie Disney massiv. Die Endrunde der Fußballweltmeisterschaft 2026 und die Olympischen Sommerspiele 2028 in Los Angeles sorgen für weiteren Rückenwind. Laut Lodging Econometrics befanden sich zum Ende des 2. Quartals 2024 über 6.000 Hotelvorhaben mit mehr als 700.000 Zimmern in der Pipeline – ein Plus von 8 beziehungsweise 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Industrie-, Gesundheits- und Bildungsbau im Aufwind

Im Industriebereich zeichnet sich – anders als von FMI erwartet – noch kein Ende des Booms ab. Getrieben durch den Inflation Reduction Act (IRA) und den Chips and Science Act sowie den Trend zum "Reshoring" durchlaufen die USA eine Art Reindustrialisierung. Allein in den Bereichen Solartechnik, Elektromobilität und Halbleiter befinden sich nach Angaben von Branchenverbänden Projekte im Umfang von bis zu 500 Milliarden US-Dollar (US$) in der Pipeline.

Im Gesundheits- und Bildungssektor erwartet FMI eine lebhafte Bautätigkeit. Sowohl private Investoren als auch die öffentliche Hand sollen verstärkt investieren. Im Fall eines Wahlsiegs von Kamala Harris Anfang November 2024 dürften sich die Prognosen als mehr oder weniger richtig herausstellen. Kommt Donald Trump wieder ans Ruder, müsste man wohl Abstriche bei den Wachstumszahlen machen.

Tiefbau profitiert von Staatsprogrammen

Im Rahmen des Infrastructure Development and Jobs Act (IIJA) vom November 2021 pumpen die Vereinigten Staaten insgesamt rund 1.200 Milliarden US$ in den Ausbau und die Modernisierung der Infrastruktur. Davon sind 550 Milliarden US$ für neue Vorhaben vorgesehen. Schwerpunkte des Ausgabenprogramms bilden das Straßennetz, der Versorgungssektor und der Ausbau der ländlichen IT-Netze. 

Laut Samantha Silverberg, Deputy Assistant to the President for Infrastructure Implementation, wurden zur Jahresmitte 2024 über den IIJA bereits 56.000 Projekte mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 450 Milliarden US$ angeschoben. Das bis Ende 2026 laufende Ausgabenprogramm wirke aber weit darüber hinaus. Großvorhaben, die etwa 2025 oder 2026 Fördermittel erhalten, werden erst Anfang der 2030er-Jahre fertig sein.

Hinzu kommen Steueranreize aus dem Inflation Reduction Act von 2022. Er konzentriert sich vor allem auf die Umwelt und die erneuerbaren Energien. Das Programm läuft bis Ende 2031 und ist nicht gedeckelt. Niemand weiß, wie teuer es am Ende des Tages wird. Schätzungen gehen von einer Gesamtfördersumme von rund 1.200 Milliarden US$ aus.

Absatzchancen für deutsche Firmen

Im Rahmen des Infrastructure Development and Jobs Act wurde auch der Build America Buy America Act erlassen. Er sieht bei öffentlich finanzierten Projekten einen Mindestanteil an lokaler Wertschöpfung (local content) vor. Ausnahmen gelten, wenn es keine inländischen Anbieter gibt. Das trifft insbesondere auf Maschinen, aber auch auf Baumaterialien wie Stahl oder Aluminium zu. Der deutsche Maschinenbau könne daher von den großen Ausgabenprogrammen profitieren, konstatiert der Branchenverband VDMA.

Im Gegensatz zum öffentlichen Infrastruktursektor läuft das Geschäft im Hochbau deutlich liberaler, weil hier weitgehend private Bauherren agieren. Für deutsche Anbieter bietet insbesondere der gewerbliche Hochbau umfangreiche Geschäftschancen, unter anderem bei Klima- und Heiztechnik, Energieeffizienz, Fenstern und Türen, Aufzügen sowie Licht- und Schalttechnik. 

Zudem fallen bei der Produktion von Halbleitern, Solarzellen und Autobatterien große Mengen an Abwasser und Sonderabfällen an, die entsprechend behandelt oder aufbereitet werden müssen. In den USA gibt es in puncto Wassertechnik relativ wenig einheimische Expertise. Die Chipfertigung erfordert darüber hinaus Reinlufttechnik.

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