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US-Fabriken setzen auf Automatisierung
Riesige Konjunkturprogramme und der Fachkräftemangel treiben den Bedarf an Automatisierungstechnik. Doch Trumps Politik könnte die Nachfrage zumindest teilweise dämpfen.
23.01.2025
Von Roland Rohde | Washington, D.C.
Das US-Marktvolumen für industrielle Automatisierungstechnik soll sich zwischen 2023 und 2030 von knapp 43 Milliarden auf 85 Milliarden US-Dollar (US$) verdoppeln, schätzt das Analysehaus Grand View Research. Das entspricht einem Wachstum von gut 10 Prozent pro Jahr. Andere Consultants – beispielsweise Modor Intelligence oder Business Market Insights - gehen von einem jährlichen Plus um 8 Prozent aus.
Zwei Megatrends kurbeln in den USA die Nachfrage an. Riesige Konjunkturprogramme wie der Inflation Reduction Act (IRA) und der Chips and Science Act führen zu einer Art Reindustrialisierung des Landes. Allein in den Bereichen Solarausrüstungen, Elektromobilität und Halbleiter befinden sich Fabriken mit einem Investitionsvolumen im Umfang von 500 Milliarden US$ in der Pipeline. Dabei handelt es sich durchweg um Anlagen, die auf einen sehr hohen Automatisierungsgrad setzen. Doch auch in nicht geförderten Branchen holen Betriebe Fertigungsschritte zurück, um die Lieferketten robuster zu gestalten und näher am Endkunden zu sein.
Steigende Löhne und Fachkräftemangel treiben Bedarf
Daneben zwingen der Fachkräftemangel - insbesondere in technischen Berufen - sowie die sehr hohen Löhne auch alle anderen Industriebetriebe in den USA zu Investitionen in die Automatisierung ihrer Fertigung. Der Druck wird 2025 eher noch steigen als sinken. So dürften die allgemeinen Gehälter angesichts der lebhaften Konjunktur und des leergefegten Arbeitsmarktes weiter zunehmen.
Die Demografie sorgt ebenfalls für Gegenwind. Rund 30 Prozent der Arbeiter in der produzierenden Industrie werden bis 2035 in Rente gehen, berichtete Anfang 2025 das Wallstreet Journal. Die von Trump favorisierte restriktive Einwanderungspolitik wirkt da wie ein Brandbeschleuniger, indem sie das Angebot an Arbeitskräften zusätzlich verknappt.
Risiken für 2025: Zölle und Aussetzung des IRA
Doch zum Jahresbeginn 2025 gibt es zwei Unwägbarkeiten, die in den Marktstudien noch nicht enthalten sind. Donald Trump will den IRA möglichst außer Kraft setzen. Gelänge ihm dies, würde im Bereich Elektromobilität oder Solarausrüstungen die Nachfrage nach Automatisierungstechnik einbrechen. Viele der dortigen Projekte rechnen sich ohne Förderung nicht. Allerdings braucht Trump für sein Vorhaben die Unterstützung der Mehrheit der US-Abgeordneten, die insbesondere im Kongress schwer aufzubringen ist.
Zugleich müssen sich Anbieter aus der EU auf neue Zölle einstellen. Trump hatte im Wahlkampf immer wieder davon gesprochen, eine Abgabe von 10 bis 20 Prozent auf alle Importe einführen zu wollen. Seit seiner Wiederwahl ist davon indes wenig zu hören. Zunächst scheint er sich in seiner Handelspolitik auf China, Kanada und Mexiko einzuschießen. Doch aufgeschoben ist bekanntlich nicht aufgehoben.
Kfz-Industrie setzt stark auf Industrieroboter
Das Marktsegment der Industrieroboter wächst nach Ansicht von Grand View Research am schnellsten. Laut der Association of Advanced Automation kommen die meisten Roboter traditionell in der Kfz-Branche zum Einsatz. Sie war 2023 für rund ein Drittel aller Neuinstallationen verantwortlich. Der Anteil dürfte weiter zulegen, denn die Autobauer haben besonders stark mit Personalkostensteigerungen zu kämpfen. Die US-Autogewerkschaft UAW konnte 2023 im Norden des Landes Lohnsteigerungen von 25 Prozent (auf viereinhalb Jahre gerechnet) durchsetzen. Seither versucht sie, sich - teils mit Erfolg - im gewerkschaftlich bisher wenig organisierten Süden zu etablieren.
Autonome Fördersysteme drücken die Unfallquoten
Die zunehmende Automatisierung der Fertigung geht einher mit einer Steigerung der Nachfrage nach moderner Förder- und Lagertechnik. In den Fabrik- und Lagerhallen der Industrie übernehmen zunehmend autonome Systeme das Regime. Mercedes-Benz und Tesla seien dabei federführend, berichtet das Wall Street Journal. Im Gegenzug sei die Nachfrage nach manuell betriebenen Gabelstaplern eingebrochen. Alleine 2023 gab es ein Minus bei den Auftragseingängen von 28 Prozent. Die Unternehmen wollen damit auch die hohen Unfallzahlen senken.
Ausländische Anbieter gut im Geschäft – trotz local content-Vorschriften
Gemäß Grand View Research kamen im Geschäft für industrielle Automatisierung die vier Sparten Sensortechnik, Steuerventile, Mensch-Maschine-Geräte (sogenannte HMI-Technik) sowie Robotik 2023 auf einen Marktanteil von jeweils gut 20 Prozent. Das Geschehen zeichne sich durch eine hohe Innovationsgeschwindigkeit aus. Lernende Maschinen und künstliche Intelligenz werden an Bedeutung gewinnen. Zugleich gibt es einen zunehmenden Konzentrierungsprozess. Große, finanzkräftige Unternehmen versuchen, innovative Start-ups zu übernehmen.
Die führenden Anbieter von Automatisierungstechnik in den USA sind ABB, Honeywell und Schneider Electric. Zu den weiteren Anbietern gehören Dwyer Instruments, Emerson Electric, Kawasaki Heavy Industries, Mitsubishi Electric, Omron, Rockwell Automation, Siemens und Yogokawa Electric.
Ausländische Hersteller spielen demnach eine entscheidende Rolle auf dem Markt. Und dies trotz der Vorschriften über lokale Wertschöpfungsanteile bei öffentlich geförderten Projekten. Jedoch gibt es explizit Ausnahmen, wenn es nicht ausreichend lokale Anbieter gibt. Diese Ausnahmeregelungen kommen in den USA relativ häufig zum Greifen, insbesondere bei moderner Fertigungstechnologie. So konnten laut dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) die Mitgliedsunternehmen trotz der - auf dem Papier - hohen protektionistischen Schranken von den großen Konjunkturprogrammen profitieren.
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